Zu viele Flueche
welche Hälfte der Sieger sein wird, das ist die Frage.« Er lächelte, und hätte er Augenbrauen gehabt, dann hätten sie sich sicherlich tief herabgeneigt und finstere Schatten über seine Augen geworfen. »Kein Zweifel. Die Wahrheit ist, dass das Böse immer gewinnt. Der alte Dan wird eines Tages seinen Körper zurückbekommen, und das Schloss, oh, das Schloss wird seine Schlechtigkeit haben. Und der alte Margle - tja, wer weiß das schon?«
Mister Bones brachte Nessy eine Schale Suppe. Sie hob den Löffel an ihre Lippen, doch bevor sie kosten konnte, sprach Dan weiter.
»Warte, du hast mich noch gar nicht zum besten Teil kommen lassen, süße Nessy. Ich habe eine Prophezeiung, jawohl. Weniger eine Prophezeiung als eine Art, wie die Dinge geschehen werden, geschehen müssen, weil Dinge immer so geschehen, wie sie müssen. Ich weiß es, weil das Schloss es weiß. Vier Dinge werden geschehen, vielleicht nicht in dieser Reihenfolge, wohlgemerkt. Vielleicht wird das Erste das Letzte sein und das Letzte das Erste. Vielleicht wird das Zweite…«
Sogar Nessys Geduld hatte ein Ende. »Wie lauten sie, Dan?«
Er schrie die ersten drei: »Das Schloss wird uns alle verschlingen. Die Toten sollen sich fürchten, denn nur die Toten werden sich fürchten müssen. Der alte Dan und Mister Bones werden wieder die besten Freunde sein.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Und Die Tür Am Ende Des Flurs wird sich endlich öffnen.« Er lachte sehr lange sehr laut, bis Mister Bones den Schädel mit einer Hand fest umklammerte. »Schon gut, schon gut«, grunzte Dan durch zusammengebissene Zähne. »Gesteh einem Geisteskranken doch seinen Wahnsinn ruhig zu. Das ist nur recht und billig.«
Nessy nahm einen Schluck von ihrer Suppe und bewegte ihn auf der Zunge hin und her.
»Wie ist sie?«, fragte Dan.
Sie legte die Ohren an. »Ein bisschen salzig.«
DREI
Kobolde sind Höhlenbewohner. Sie leben an dunklen und trostlosen Orten, und Margles Schloss war ganz allgemein ein trostloser Ort.
Es gab ziemlich wenige Fenster und nur eine Tür, die nach draußen führte. Diese Tür war immer verriegelt, da Margle sie nie benutzte, und Nessy konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal draußen gewesen war. Sie hatte sogar Mühe, sich daran zu erinnern, wie das Schloss von außen aussah. Es war unmöglich, von den Fenstern aus viel davon zu sehen, da von ihnen nur wenige mit dem Gedanken an eine Aussicht entworfen worden waren.
Ihr geistiger Lageplan dieses Zuhauses sagte ihr, dass der Grundriss des Schlosses, obwohl es groß war, nicht allzu streng an die Gesetze des Raumes gebunden sein mochte. Flure kreuzten andere Flure, trafen sich aber nie, und Türen führten an derselben Stelle in verschiedene Räume. Das entsprach alles ziemlich genau den Standards magischer Schlösser, doch es machte es auch schwer, seine exakten Abmessungen festzustellen.
Nessy war es lieber, von Stein umgeben zu sein, sie fand, der offene Himmel sei ein höchst beunruhigender Anblick.
Ohne Dach über dem Kopf konnte sie nicht anders, als ständig Blicke nach oben zu werfen, aus Angst, von etwas getroffen zu werden, das vom Himmel fiel. Seien es Meteoriten oder Regen, Blitze oder Vogelmist: Das Risiko war es ihr nicht wert.
Es galt als eine bekannte Tatsache, dass Kobolde überproportional oft zerquetscht wurden. Kobolde hatten keinen eigenen Gott, und ohne den waren sie für jede wütende, frustrierte oder gelangweilte Gottheit, die jemanden zerschmettern wollte, aus welchem Grund auch immer, Freiwild. In Nessys Volk war allgemein anerkannt, dass die Bewohner der Himmel eine Liste aller so zerschmetterten Kobolde führten, und am Ende der Zeit erhielt der Gott mit der höchsten Punktzahl eine Art Preis, vielleicht auch einen Tarnumhang oder geflügelte Sandalen oder sonst einen göttlichen Schnickschnack. Logisch betrachtet hatte Nessy das nie so recht geglaubt. Aber sie bezweifelte es auch nicht ganz. Jedenfalls nicht, nachdem sie gesehen hatte, wie ihr Onkel unter einem Ochsen zerquetscht wurde, der von einem sonst vollkommen klaren Himmel gefallen war.
Danach hatte sie sich nur noch selten nach draußen gewagt; lediglich in der dunkelsten Nacht, unter schweren Wolken oder indem sie von Baum zu Baum huschte. Erst nachdem sie in Margles Schloss gekommen war, hatte sie die Freuden eines sonnigen Tages oder eines leuchtenden Vollmonds entdeckt. Schwarze Magier beobachteten die Himmel scharf, und das Schloss besaß auf einem seiner
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