Zu viele Flueche
an. Sie bückte sich, als sie die Kammer verließ, aber ihre Stahlflügel streiften den Torbogen und rissen große Brocken aus dem Stein. Dann verschwand sie um die Ecke.
Seinen verletzten Arm umklammernd, ging Gnick ihnen nach.
Aber sie waren schon fort, verschwunden in einer Sackgasse. Sogar die Drachenrüstung war auf irgendeine Art spurlos verschwunden.
Gnick wusste nicht, was er davon halten sollte. Margles Schloss galt als ein Refugium der unendlichen Möglichkeiten, aber dies war mehr als ein merkwürdiger Vorfall. Dies war die vollständige Unordnung in seiner Waffenkammer! Er blickte auf all die leeren Sockel und zerbrochenen Vitrinen.
Und er lächelte. Jetzt hatte er sehr viel weniger zu polieren.
»Nehmt nächstes Mal ein paar Schwerter mehr mit«, schlug er der Wand vor, durch die sie verschwunden waren.
* * *
Fortune war nicht immer ein guter Jäger gewesen. Er hatte einige Zeit gebraucht, um sich an seinen Katzenkörper zu gewöhnen, um die List und Heimlichkeit zu finden, die in seiner anmutigen schwarzen Gestalt steckten. Viele Monate lang hatte er sich darauf verlassen, dass sich Nessy um ihn kümmerte. Es war zwar ihr Job, aber Fortune war nie der Typ gewesen, der sich auf andere verließ. Sein ganzes Leben lang hatte er nur zwei Personen vertraut: sich selbst und seinem Glück. Dass er jetzt eine Katze war, zeigte ihm, dass selbst Letzteres ein Fehler gewesen war.
Auch wenn er sich da gar nicht so sicher war. Denn als er zu Margle gekommen war, um ihm seine Wette vorzuschlagen, hatte er gehofft, sich zur Ruhe setzen zu können. Hätte Fortune gewonnen, hätte er großen Wohlstand besessen. Aber er kannte sich. Am Ende hätte er alles verspielt. Vielleicht in einem Jahr. Vielleicht in zehn Jahren. Es auszugeben hätte auf jeden Fall Spaß gemacht, aber das Ende wäre immer dasselbe gewesen. Jetzt, als Katze, genoss er das einfache Leben des Schlafens und Herumstreunens. Und Margles Schloss war immer interessant. Also hatte ihm sein Glück in gewisser Weise geschenkt, was er ursprünglich gewollt hatte. Zwar nicht ganz genau, aber so ziemlich.
Jetzt, da er so geschickt darin war, genoss er die Jagd. Ein oder zwei Stunden geduldig warten. Auf ein Loch in der Wand starren. Das Kratzen von winzigen Krallen hören. Dann die kleine Nase und die rosa Knopfaugen vorsichtig herausragen sehen. Das war der knifflige Teil. Er durfte sich noch nicht bewegen. Er musste erst den richtigen Zeitpunkt abwarten. Reglos stand er da, bis auf seinen Schwanz, der selbstständig hin und her peitschte. Er verengte die Augen und stellte sich vor, er sei unsichtbar. Die Maus trat aus ihrem schützenden Unterschlupf. Sie war weißbraun. Fortune leckte sich die Lippen. Nichts schmeckte so gut wie eine weißbraune Maus.
Seine Hinterbeine spannten sich in Vorbereitung auf den Sprung.
»Achtung! Achtung!«, schrie eine große eingetopfte Sonnenblume. Die Maus schoss in die Wand zurück. Fortune sprang und verfehlte sie.
Er legte die Ohren an. »Warum tust du das?«
Rose, die Sonnenblume, hob die Blätter. »Du kannst nicht erwarten, dass ich danebensitze und das Gemetzel mit ansehe, oder?«
»Das ist Natur!« Er peitschte mit dem Schwanz.
»Leicht gesagt, wenn man eine Katze ist.«
Fortune stolzierte vor der Mauerritze hin und her und spähte gelegentlich hinein. »Und wie soll ich mir dann etwas zu essen besorgen?«
»Ich kann nicht erkennen, warum dein Recht auf Existenz über dem der Maus stehen sollte.«
»Die Großen fressen die Kleinen. So ist das Leben.«
»Und manchmal entkommen die Kleinen den Großen«, entgegnete sie. »Auch so ist das Leben.«
»Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, aber: hervorragendes Argument.« Fortune lächelte. »Ich sollte dich allerdings warnen. Es bringt Unglück, eine schwarze Katze hungern zu lassen.«
Er legte sich neben sie, als wolle er ein sorgloses Nickerchen machen, behielt das Mauseloch jedoch schlau im Auge. Er konnte warten. Durch eines der wenigen Fenster des Schlosses deutete sich die Morgendämmerung an. Dieses Fenster war zwar klein und besaß Eisenstäbe, aber es ließ am Tag trotzdem genug Sonnenlicht herein, um die Blume am Leben zu erhalten.
»Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass die Mäuse, die du frisst, genauso gut verfluchte Leute wie du selbst sein könnten?«, fragte Rose.
»Natürlich. Ich gehe davon aus, dass die Chancen dafür ungefähr hundert zu eins stehen. In Wirklichkeit ist es also nicht sehr wahrscheinlich, dass
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