Zu viele Morde
Hintern treten, dass ich Myron nicht ausgeredet habe, nach Hause zu fliegen. Als ich sie gesehen habe, wurde mir klar, dass sie eine Last mit sich herumtrug, die sie nicht mehr schultern konnte, und sich nach Myron sehnte. Wenn er hier gewesen wäre, wäre es vielleicht herausgekommen.« Carmine fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Jetzt muss ich ihm sagen, dass Erica tot ist.«
Es wurde ein langes Telefonat. Obwohl er weinte, wirkte Myron gefasst.
»Ich vermute, ich habe etwas in dieser Art erwartet«, sagte er. »Vielleicht, weil ich dachte, sie würde so etwas erwarten. Nicht unbedingt ihren eigenen Tod, aber etwas Schreckliches. Sie war so froh, mich abreisen zu sehen. Nicht, dass sie meiner überdrüssig gewesen wäre, eher als hätte sie dann eine Sorge weniger. Das Problem war, dass ich sie nicht dazu bringen konnte, mir zu erzählen, wovor sie solche Angst hatte.«
Carmine ließ ihn reden und hasste es, aber er musste ihm sagen, wie sie gestorben war, falls es irgendeinem Idioten, der davon wusste, herausrutschte. Idioten wie Phil Smith oder Fred Collins, die Myron ständig in den Sitzungssälen New Yorks traf.
Und schließlich erzählte er auch noch von der Sache mit Desdemona und Julian.
»Carmine, du musst sie fortschaffen!«, brüllte Myron mit echtem Entsetzen in der Stimme. »Hör zu, ich hatte fragen wollen, ob ich Sophia für eine Weile hier haben kann – sie kann ihr Schuljahr hier in L. A. beenden, das wird sie nicht zurückwerfen –«
»Ja, Myron«, sagte Carmine. »Um ehrlich zu sein, würde ich besser schlafen, wenn sie nicht hier ist.«
»Okay, großartig, aber das wollte ich gar nicht sagen.« Myron sprach so laut, dass Carmine den Hörer von seinem Ohr weghalten musste. »Ich schicke Geld an Desdemona, und du wirst sie und Julian nach London bringen. Halt den Mund, Carmine. Ein Nein akzeptiere ich nicht!«
»Aber die Antwort muss ›Nein‹ lauten, Myron. Erstens bin ich im öffentlichen Dienst tätig und darf kein Geld von Millionären annehmen. Zweitens befinde ich mich mitten in einem Fall, den ich nicht verlassen kann«, erwiderte Carmine. »Und warum überhaupt London?«
»Weil Desdemona dort leben wollte, bevor sie dich geheiratet hat, und weil es auf der anderen Seite des Atlantiks ist, weit weg von diesem Killer.«
»Ich weiß dieses Angebot zu schätzen, aber es ist unmöglich. Belass es dabei, bitte.«
Als Carmine auflegte, spürte er, wie müde er war. Abe und Corey waren nicht in ihrem Büro. Daher ging er zu Patrick hinüber.
»Hast du es Myron erzählt?«
»Ja, er hat es einigermaßen gut aufgenommen. Das Beste daran ist, dass er Sophia eine Weile zu sich nimmt. Sie wird sich darüber freuen, er wird sie wie verrückt verwöhnen, und ich brauche mir keine Sorgen zu machen. Ich glaube nicht, dass dieser Killer jemanden anheuert, der sie in L. A. umbringt.«
»Wenn es dir ein Trost ist, denke ich nicht, dass er versucht hätte, Desdemona umzubringen, wenn sie ihn nicht am Bootshaus überrascht hätte. Schade, dass sie nicht aus Montana oder New Mexico ist – es wäre gut, wenn es auch einen Ort gäbe, an den man sie hinschicken könnte.«
Patrick wandte sich dem Obduktionstisch zu, der mit einem Tuch bedeckt war. Als er es abnahm, war Carmine gezwungen, Erica Davenports nackten Körper anzusehen, die Arme und Beine entsetzlich geschwollen, das Gesicht blauschwarz mit herausragender Zunge, und der Rumpf so heil und unberührt, dass es einem so vorkam, als gehöre er nicht zum Rest des Körpers.
»Die arme Frau«, sagte Carmine.
»Ja, in der Tat«, sagte Patrick mit grimmiger Stimme. »Irgendwann in ihrer Jugend, um die zwanzig herum, ist sie brutal vergewaltigt worden. Wie oft, kann ich nicht sagen, aber mehrfach. Anal sowie vaginal. Die Narben haben ihr Liebesleben sicher stark eingeschränkt – sie muss entsetzliche Angst gehabt haben, dass ein Liebhaber es bemerkt. Skeps hat das bestimmt, wenn ihre Beziehung so lange andauerte, wie Philomena behauptet hat.«
Carmine lehnte sich gegen die Wand. »Das beantwortet viele Fragen, Patsy.«
»Das dachte ich mir.«
»Wann machst du die komplette Obduktion?«
»Aufgrund dieser Entdeckung wird es wohl etwas längerdauern, also direkt morgen früh.« Patricks blaue Augen funkelten, er hasste es, Vergewaltigungsopfer zu untersuchen. »Wer wird sie beerdigen, Carmine?«
»Myron. Er war nicht so überrascht, wie er sein sollte, da sie ihm vor seiner Abreise ihr Testament gegeben hatte. Er wurde als
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