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Zu viele Morde

Zu viele Morde

Titel: Zu viele Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Stelle wieder hoch, wo dichtes Gebüsch am Ufer zwischen Wasser und Sandweg wuchs. Als sie die Hand von Julians Gesicht nahm, holte er tief Luft und wollte anfangen zu schreien, aber während sie selbst Luft holte, verschloss sieseinen Mund und Nase wieder mit ihrer Hand und tauchte ein weiteres Mal.
    Das Wasser war eisig. Sie wusste, dass sie nicht viel Zeit hatte, doch sie musste ihr Grundstück verlassen und hinüber zu den Silberfeins. Diese Nachbarn hatten auf einem schmalen Stück Land gebaut, zu dicht am Wasser, wie viele sagten, aber für Desdemona war das die Rettung.
    Beim fünften Abtauchen begriff Julian die Sache; er holte tief Luft und presste sich dann gegen seine Mutter, ohne sich zu wehren. Ein wenig später kroch sie ans Ufer und sackte mit dem Baby im Arm zusammen. Wenn ihr Feind hier am Ufer auf sie wartete, war sie erledigt. Doch es fiel kein Schuss. Erneut drückte sie Julian fest an sich, zog sich mit letzter Kraft in den Garten der Silberfeins und schrie um Hilfe.
     
    Erst nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Frau und sein Sohn unverletzt und in Sicherheit waren, ließ Carmine es zu, dass die Gefühle von Wut und Hilflosigkeit ihn übermannten. Seine Mutter war in einem fast noch schlimmeren Zustand als Desdemona; sie machte sich selbst Vorwürfe, weil sie ihre Schwiegertochter zu dem Spaziergang überredet hatte. Im Haus schwirrte es vor lauter Schwestern, Tanten und Cousinen. Nur die Zeit würde irgendwann die Wunden heilen. Julian hatte die Tortur offensichtlich ohne Schäden überstanden. Das meinte zumindest Doc Santini, nachdem das Baby satt in seinem Gitterbettchen eingeschlafen war. Desdemona hatte ein warmes Bad genommen und sich, in einen dicken Bademantel gewickelt, in einen Schaukelstuhl neben Julians Bett gesetzt, wo sie sich nicht mehr von der Stelle rührte.
    Patrick und sein Team standen draußen vor dem Bootshaus und sprachen mit Abe und Corey. Neben ihnen lag ein Drillichsack.
    Erica Davenports Leiche war aus dem Wasser gezogen worden. Der Weg war zu steil für eine Bahre, sie würde auf einer Krankentrage hochgebracht werden müssen.
    »Ihre Beine und Arme sind mehrere Male gebrochen worden, bevor sie gestorben ist«, sagte Patrick zu Carmine, »und immer an zwei Stellen – Schienbein und Oberschenkelknochen an den Beinen, Elle und Speiche an den Armen. Der Tod trat durch Strangulation ein, mit einem dünnen Seil, vermute ich.«
    »Wieder anders«, sagte Carmine.
    »Wie geht’s der Familie?«
    »Alles in Ordnung. Mum ist der schwerste Fall. Sie macht sich schwere Vorwürfe.«
    »Du hast wirklich eine einzigartige Frau.«
    »Ich weiß. Ich fahre gleich rüber in die Cedar Street.«
    »Wir kriegen das schon hin«, meinte Abe.
    »Keine Frage. Tatsache ist, ich bin hier im Weg – meine Mutter befindet sich in der Obhut von etlichen Frauen, die gemeinsam Holloman auseinandernehmen werden, wenn wir nicht denjenigen finden, der versucht hat, eine Mutter und ihr Baby umzubringen«, sagte Carmine. »Ich fühle mich genauso. Erst meine Tochter, dann meine Frau und mein Sohn. Wir müssen dem Arschloch dichter auf den Fersen sein, als wir ahnen.«
     
    Die gesamte Mannschaft des Polizeipräsidiums kochte; als Carmine hereinkam, wurde er von Kollegen umringt, die ihm versicherten, alles zu tun, was in ihrer Macht stünde. Trotz des tiefen Risses in seiner Seele wusste Carmine, dass die Tage des Superhirns gezählt waren. Der Mann hatte seine Besonnenheit verloren und war zu arrogant geworden. Natürlich hatte er nicht geplant, Desdemona und das Baby zu töten, aber er hatte Carmine einen Denkzettel verpassen wollen, indem er EricaDavenport am helllichten Tag an seinem Bootshaus ins Wasser geworfen hatte.
Irgendetwas
war auf dem Maxwell-Bankett passiert, und vier Monate lang schien alles in Ordnung gewesen zu sein. Dann hatte Evan Pugh seinen Erpresserbrief geschickt, und innerhalb von vier Tagen waren alle Zeugen dieses
Etwas
tot. Also war um den neunundzwanzigsten März noch etwas passiert – etwas, von dem der Killer befürchtete, es würde ihn vor der ganzen Welt bloßstellen.
    »Wir brauchen einen lebenden Zeugen«, sagte er zu Abe und Corey, als er sich bis in sein Büro vorgearbeitet hatte.
    »Von dem, was an Nortons Tisch vorgefallen ist?«, fragte Corey.
    »Ja, aber wir brauchen auch einen Zeugen für das, was auch immer Evan Pughs Erpressungsversuch ausgelöst hat. Ich glaube, Erica Davenport wusste davon, und nun ist sie tot. Ich könnte mich dafür in den

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