Zu viele Morde
rief Carmine, wobei er jedes einzelne auf den FBI-Haufen warf. »Ah. Hier haben wir Englisch!« Er las eine Weile und schaute Delia dann verwirrt an. »Es ist, als hätte er zwei Persönlichkeiten. Der Spion dachte, schrieb und arbeitete auf Russisch. Aber der Mörder schrieb und dachte auf Englisch. Sein gesamtes Leben ist unterteilt. Wenn es jemals einen Mann gab, der aus zwei Männern besteht, dann Mr. Philip Smith. Ich sage besser Desdemona Bescheid, dass es heute Abend später wird. Mit etwas Glück finde ich heraus, wer sein Assistent ist.« Er hielt fünf Schreibhefte hoch. »Genau halbe-halbe. Fünf auf Russisch und fünf auf Englisch. Und ich kann nicht gehen, bevor ich meine fünf gelesen habe.« Er lehnte sich hinüber und gab Delia einen Handkuss. »Ich kann dir gar nicht genug danken, aber dein Teil ist an dieser Stelle vorbei. Geh nach Hause und ruh dich aus.«
»Es war mir ein Vergnügen«, erwiderte Delia, »aber ichwerde
nicht
nach Hause gehen. Erst mal gehe ich rüber ins Malvolio’s und hole dir ein anständiges Abendessen und eine Thermoskanne von Luigis gutem Kaffee. Hamburger, Schinkenbrötchen oder Roastbeef-Sandwich?«
»Für mich einen Burger.« Ausnahmsweise zwei Abendessen an einem Tag würden ihm nicht schaden.
»Anschließend«, fuhr sie fort, »werde ich Desdemona und Julian besuchen. Ich war so beschäftigt, seit sie aus England zurück sind, dass ich sie noch gar nicht gesehen habe.«
Das erste Schulheft enthielt die Details von Smiths gelegentlichen Ausflügen in die Welt des Verbrechens in den ersten fünfzehn Jahren seiner Laufbahn bei Cornucopia.
»Dieser Skeps muss weg«, schrieb er. »Meine Order ist eindeutig, da man den Sohn viel einfacher an der Nase herumführen kann. KGB in Reinform – nur so viel Pulver wie auf eine Reißzwecke passt, hergestellt von derselben Fabrik, die das Abführmittel herstellte, das meine Mutter benutzt hat, als ich klein war. Eine kleine Dosis wird reichen, aber umso schneller, je besser. In dem ersten Löffel Kaviar, zu dem ich ihn einlade, den alten Geizkragen. Er wird sich über die Qualität wundern.«
Und dann, einige Einträge später: »Der alte Mann ist gestorben. Der zweite Desmond Skeps hat geerbt, und Phil ist da. Phil ist immer da. Aber ich habe mich geweigert, einen Platz im Vorstand einzunehmen.«
Doch zwei Einträge weiter saß Smith im Vorstand, obwohl Dee-Dee und seine Tochter in dem Heft nicht erwähnt wurden.
Es wurde, stellte Carmine fest, wie ein Tagebuch geführt; jeder Eintrag war mit Tag, Monat, Jahr datiert, was nicht der amerikanischen Art, Monat, Tag, Jahr, entsprach. Jeder Eintraghandelte von einem Mord an jemandem, der Smith in die Quere gekommen war, immer beseitigt durch eine Dosis des magischen Pulvers, das vom KGB entwickelt worden war – irgendein pflanzliches Alkaloid wahrscheinlich, unglaublich stark.
Es gab keine Hinweise, was die Firmengeheimnisse anging, die er gestohlen hatte; die mussten in den russischen Tagebüchern stehen. Was für ein Fest dem FBI bevorstand!
Das vorletzte Heft enthielt das Maxwell-Bankett, aber es enthielt auch viel Geschimpfe über die Niederträchtigkeiten von Dr. Erica Davenport, die Smith gehasst hatte.
»Ich verfluche den Tag, an dem Moskau mir diese idiotische Frau untergejubelt hat!«, schrieb Smith, dessen Ärger nun so richtig ausbrach. »Eine Idiotin, eine wunderschöne Idiotin, die eine kilometerlange Spur für die Amerikaner hinter sich zurückgelassen hat. Als sie vor zehn Jahren aufkreuzte, habe ich den KGB mit Protesten bombardiert, doch dann wurde mir gesagt, dass sie mächtige Parteifreunde hätte, gegen die der KGB nichts tun könnte. Man sagte, diese Freunde hätten sie hierhergebracht, damit sie über meine Loyalität berichtet. Sie übermittelt jede meiner Bewegungen nach Moskau. Hah, aber sie hat Angst vor mir! Ich habe nicht lange gebraucht, um sie zu beherrschen, sie einzuschüchtern und sie kleinzukriegen. Aber die Angst vor mir hält sie nicht davon ab, über mich in Moskau bei ihren Parteifreunden zu berichten. Natürlich berichte auch ich über sie beim KGB: Ich beschwere mich über sie, ich kritisiere ihre Dummheit. Ihre Parteifreunde mögen sie verteidigen, aber ich stoße beim KGB auf offene Ohren, ich habe einen hohen Rang im KGB, meine Macht in Moskau ist größer als ihre.«
Carmine lehnte sich in seinem Stuhl zurück, regelrecht atemlos. So ist das also. Wie dumm von mir, zu denken, sie wären ein Team und würden
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