Zu viele Morde
aufgepasst hatte, half ihn über die Zeit hinweg, bis Sophia zu Abend gegessen hatte und dann von Desdemona eine Schlaftablette verabreicht bekam.
Dann setzte die Reaktion ein. Carmine setzte sich zitternd und krampfte seine Hände zusammen.
»Dieser Bastard! Dieser verdammte Bastard!«, sagte er zu Desdemona. »Warum konnte er nicht mir nachstellen? Warum einem sechzehn Jahre alten, unschuldigen Mädchen? Ich werde ihm eigenhändig den Kopf abreißen!«
Sie nahm ihn in die Arme, drückte ihn an sich und streichelte sein Gesicht. »Sag so etwas nicht, Carmine. Du meinst lebenslänglich ohne die Möglichkeit auf Bewährung. Bist du sicher, dass es sich um deinen Mörder handelt?«
»Ein kleiner Kerl, der humpelt? Er muss es sein. Aber, warum Sophia? Er hat sie ganz bewusst ausgesucht – hat sie in der Schule ins Visier genommen. Eigentlich hätte ich ihre Leiche morgen in der Abstellkammer des Physiklabors finden sollen, zu Tode geprügelt, wenn das, was auf den Boden geklopft hat, ein Baseballschläger gewesen ist. Womit er nicht gerechnet hatte, war Sophias Geistesgegenwart.«
»Und der Tatsache, dass sie dein Bauchgefühl geerbt hat. Während alle anderen angenommen hätten, sie wären versehentlich eingeschlossen worden, wusste Sophia sofort, dass sie in Gefahr schwebte. Also hat sie sich darauf konzentriert, zu fliehen.«
Carmine rang sich ein Lächeln ab. »Einfallsreich, was?«
»Ja, sehr. Ich glaube nicht, dass du dir jemals um Sophia Sorgen zu machen brauchst.«
Er stand auf und fühlte sich wie ein alter Mann. »Ich glaubenicht, dass ich heute Abend einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester für Julian machen möchte, Desdemona.«
»Es gibt immer ein Morgen«, sagte Desdemona sanft. »Jetzt lass uns noch einen Drink vor dem Zubettgehen genehmigen. Ich kann Sophia morgen zu Hause behalten, aber mit dir geht das nicht. Ein Cognac ist das richtige Mittel heute für den Daddy.«
»Ich muss einen Polizisten an der Dormer stationieren, der unsere Tochter im Auge behält«, sagte er, nahm den Cognacschwenker und wärmte ihn mit seiner Hand. »Verdeckte Überwachung, aber Seth Gaylord wird darüber informiert werden müssen, falls der Duty Sergeant einen Deppen für die Überwachung schickt. Du wirst morgen mit Sophia reden müssen, um sie davon zu überzeugen, den Zwischenfall gegenüber niemandem zu erwähnen, einschließlich Myron.«
Desdemona blinzelte. »Einschließlich Myron?«
»Wir können zurzeit nicht blind darauf vertrauen, dass er seinen Mund hält, denn ich weiß nicht, wie verschwiegen seine neue Liebe ist. Sag Sophia, dass es keine gute Idee ist, sich irgendwo allein hinzubegeben. Sie soll bei einer Gruppe bleiben und die Schule mit allen anderen verlassen. Und der verdammte rote Mercedes, den Myron ihr geschenkt hat, bleibt in der Garage. Sie kann die alte Mercury-Karre meiner Mutter fahren.«
Desdemona zitterte. »Es wie damals, beim Gespenst«, sagte sie.
»Ja. Darum bin ich davon überzeugt, dass unsere beste Waffe Sophias Scharfsinn ist. Wenn du offen und ehrlich mit ihr sprichst, wird sie gehorchen.«
Die Nachricht von Sophias Erlebnis traf niemanden so sehr wie John Silvestri, dessen Tochter Maria vor einigen Jahrenbrutal zusammengeschlagen worden war. Aber Marias Wunden verheilten, sie war inzwischen glücklich verheiratet. Der Täter hatte eine dreißigjährige Haftstrafe bekommen, die erst nach zwanzig Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Da er das alles wusste, erzählte Carmine ihm von dem versuchten Anschlag auf Sophia.
»Schrecklich, einfach nur schrecklich!«, sagte der Commissioner und wischte sich die Augen. »Wir müssen dieses Arschloch finden, Carmine. Du kriegst alles, was du willst. So ein zauberhaftes kleines Mädchen.«
»Ich weiß, es sieht nicht so aus«, sagte Carmine, »aber ich glaube, wir haben ihn wirklich verärgert. Es sind neun Tage seit den zwölf Morden vergangen, und wir haben es tatsächlich geschafft, einige davon aufzuklären – Jimmy Cartwright, Dean Denbigh, Bianca Tolano –, und wir haben die Erschießungen der drei Schwarzen als Auftragsmorde eingestuft. Es gab einen dreizehnten Toten – den Selbstmord von Bianca Tolanos Mörder.«
»Das finde ich beeindruckend«, sagte Silvestri, der seine Fassung wiedergefunden hatte. »Wie geht es weiter?«
»Mit Peter Norton, der Strychnin mit seinem Orangensaft getrunken hat. Ein qualvoller Tod.«
»Genauso wie Zyanid«, meinte Silvestri.
»Ja, aber Zyanid ist schnell. Sowie
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