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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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erstaunt
war ich nicht. Irgendeinen Zweck musste es ja haben, dass sie mir ihre Geschichte
erzählte. Und ich ahnte auch schon, wen wir heute beerdigen würden. Es würde
für alle schwierig werden, sogar für mich, jetzt, da ich die Geschichte kannte.
    Aber nervös, weil sie vielleicht die einzige Weiße wäre? Ich
schnaubte verächtlich. Und bedauerte es sofort, als sie das Gesicht verzog. Es
war ihr tatsächlich Ernst.
    Â»Tut mir leid. Ich wollte mich nicht über Sie lustig machen.« Ich
ging neben ihrem Sessel in die Hocke, nahm ihre Hand und drückte sie. »Danke,
dass Sie ehrlich zu mir sind, Miss Isabelle. Das mag ich an Ihnen. Wovor haben
Sie Angst? Sicher freuen sich alle, dass Sie zu der Beerdigung kommen.«
    Â»Möglich, Dorrie, aber ich musste es sagen. Ich will nicht, dass
mich irgendjemand für eine herablassende Weiße hält, die auf ihrem hohen Ross dahergeritten
kommt.«
    Â»Aber Sie wurden doch eingeladen? Haben zugesagt, oder?«
    Â»Ja.«
    Erleichtert atmete ich auf.
    Â»Dann gibt’s keine Probleme. Machen Sie sich keine Gedanken.« Ich
tätschelte ihre Hand und richtete mich ächzend auf. Die Steherei den ganzen Tag
tat nicht nur meinen Füßen, sondern auch meinem Rücken nicht gut. Die Massagen,
für die in den Broschüren auf den Nachtkästchen geworben wurde, klangen
verführerisch. Aber wem machte ich was vor? Massagen würde ich mir erst leisten
können, wenn ich reich und berühmt wäre. Oder wieder heiratete.
    Teague. Ich hatte mindestens eine Stunde nicht mehr an ihn gedacht.
Na ja, ich hatte überhaupt sehr wenig an ihn gedacht bei all den Sorgen um
Stevie junior und Miss Isabelles trauriger Geschichte. Aber dass sie ihre
einzige wahre Liebe verloren gegeben hatte, gab mir zu denken.
    Â»Miss Isabelle, es wird schon alles gut gehen, Sie werden sehen.
Habe ich noch Zeit für einen Anruf, bevor wir losmüssen?«
    Sie nickte, ein Funken Hoffnung schimmerte in ihren Augen auf. Vielleicht
hatte sie ja noch einen anderen Grund, ausgerechnet mir ihre Geschichte zu
erzählen.
    Ich sah mich im Flur um. Eine Tür führte zu einer langen, breiten
Veranda mit gemütlichen Stühlen. Ich lief eine Weile draußen auf und ab, bevor
ich die Schnellwahltaste drückte.
    Mailbox.
    Gott sei Dank.
    Â»Hallo, Teague, ich bin’s, Dorrie.« Ich schwieg kurz, weil ich mir
jetzt schon dumm vorkam. »Ich wollte dir nur sagen, dass ich alles falsch
gemacht habe. Ich weiß nicht, ob wir das mit uns in den Griff bekommen, aber du
sollst wissen, wie wichtig du mir bist. Ich habe befürchtet, du würdest
Schlimmes von mir denken, wenn du herausfindest, dass mein Junge was Dummes
angestellt hat. Vielleicht hast du ja schon zwei und zwei zusammengezählt. Ich
hab dir keine Chance gegeben. Das tut mir leid. Im Moment habe ich keine Zeit,
dir die ganze Geschichte zu erzählen, also bitte ich dich um Geduld. Die
nächsten paar Tage muss ich mich noch um Miss Isabelle kümmern. Und wenn ich
zurück bin, wird’s erst mal um meinen Jungen gehen und darum, ob wir das wieder
hinkriegen, was er sich eingebrockt hat. Aber … Du bist mir wichtig, wirklich.
Lässt du mir Zeit, alles andere in Ordnung zu bringen? Vor ein paar Minuten ist
mir klar geworden, dass ich dich nicht verlieren will, Teague, egal, was …«
    Die Sprechzeit der Mailbox war zu Ende. Frustriert schlug ich mit
der flachen Hand auf das Geländer der Veranda.
    Immerhin war alles aus mir herausgesprudelt, was ich im Moment sagen
wollte. Er würde verstehen, was ich meinte, und mir … hoffentlich … eine zweite
Chance geben.
    Ich bedankte mich stumm bei Miss Isabelle. Ihre Geschichte hatte mir
was Wichtiges klargemacht: Wenn einem der Richtige begegnet, darf man’s nicht
vermasseln.

FÜNFUNDDREISSIG
    ISABELLE , 1941–1943
    Ich gestand Max, dass er nicht mein erster Mann war. Er
nahm es zur Kenntnis und erklärte, ich sei auch nicht seine erste Frau, also
könnten wir uns auf Augenhöhe begegnen.
    Bei meiner zweiten Hochzeitszeremonie waren ebenfalls nur vier
Personen anwesend, ich, Max, der Standesbeamte und meine Freundin Charlotte,
die mich sozusagen mit Max verkuppelt hatte, indem sie mich zum Tanzen mitnahm.
Auf den Fotos strahlten sie und Max, als wären sie das glückliche Paar, während
ich mir lediglich ein kleines Lächeln abrang.
    Wie beim ersten Mal informierte ich meine

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