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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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meinem Zimmer hatte ich das
Gefühl, Robert zu hintergehen, obwohl ich Max zu nichts anderem ermutigte als
zu Freundschaft.
    Er nahm meine Hand, und ich betrachtete unsere ineinander
verschlungenen Finger. Inzwischen war die Sache zu weit gediehen, als dass ich
ihn einfach hätte zurückweisen können.
    Â»Tut mir leid, Max, ich bin im Moment nicht bereit für eine
Beziehung. Glaub mir, in der Verfassung, in der ich mich befinde, würdest du
keine Freude an mir haben.«
    Er ließ meine Hand los. »Kein Problem. Ich habe keine Eile. Du weißt
ja, dass ich nirgendwohin muss.«
    So eröffnete sich eine neue Perspektive für uns: Er war ein Freund,
der mich nach Hause brachte und geduldig warten würde, bis ich für ihn bereit
wäre.
    An den Wochenenden lud er mich nachmittags ins Kino oder zu
Spaziergängen ein. Ich fühlte mich wohl in seiner Gesellschaft, hatte jedoch
ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihn im Kino ertappte, wie er mich von der
Seite musterte. Ich wusste, dass er in mich verliebt war. Aber ich konnte diese
Liebe nicht erwidern. In mir war nur eine große Leere, auch wenn die
Aufmerksamkeit von Max sie vorübergehend weniger erschreckend werden ließ.
    Â»Jemand scheint dir ziemlich wehgetan zu haben«, bemerkte er eines
Abends. »Willst du dein Herz ewig verschließen?«
    Obwohl ich nur mit den Achseln zuckte, schien er mit der Antwort
zufrieden zu sein.
    An meinem ersten Hochzeitstag wütete ein rekordverdächtiger
Schneesturm. Ich blieb im Bett, um mich warm zu halten und in meinem Elend
nicht gesehen zu werden. Am folgenden Tag kämpften Mr Bartel und ich uns durch
Eiseskälte in den Laden, aber es kam kein einziger Kunde. Am Abend sagte ich
Mrs Clincke, ich fühle mich nicht wohl, legte mich gleich wieder ins Bett und
weinte mich in den Schlaf.
    Am Samstagnachmittag holte Max mich zu einem Ausflug ab, ohne mir zu
sagen, wohin es gehen sollte. Allmählich wagten die Menschen sich wieder aus
dem Haus.
    In der grellen, kalten Januarsonne schob Max mich in einen der neuen
Trolleybusse, die gerade die alten Straßenbahnen ersetzen sollten, und beim
Stadtpark wieder hinaus und zu einem Rodelhügel, auf dem es von Erwachsenen und
Kindern mit rosigen Wangen nur so wimmelte.
    Max wickelte alte Tücher um meine dünnen Stiefel, damit meine Füße
warm und trocken blieben, und stapfte mit mir den Hügel hinauf. Auf einem
gemieteten Schlitten rutschten wir ihn wieder hinunter. Außenstehende hielten
uns vermutlich für ein Liebespaar. Woher sollten sie auch wissen, dass mein
Herz so kalt war wie der Schnee unter meinen Füßen? Ich war nur körperlich
anwesend, meine Gedanken kreisten um einen anderen Januartag.
    Am Ende zog Max mich zu einer Bude, die ein findiger Geschäftsmann
aufgestellt hatte, und setzte mich mit einem Becher heißer Schokolade auf eine
Bank.
    Schweigend sahen wir den fröhlichen Menschen zu. Max ergriff meine
behandschuhten Hände und rieb sie, um sie zu wärmen – eine der wenigen
Berührungen, die ich zuließ.
    Als er innehielt, betrachtete ich unsere Finger. Roberts Hände
hatten meine völlig bedeckt. Die von Max waren trotz der Männerhandschuhe kaum
größer als meine. Roberts kräftige Hände hatten mir imponiert, ihre Berührungen
mich erregt. Die Finger von Max weckten in mir nur ein Gefühl der Dankbarkeit
für seine Freundschaft. Doch Max würde sich nicht mehr mit Freundschaft
zufriedengeben, das sah ich.
    Â»Ich habe Geduld bewiesen, Isabelle«, sagte er.
    Ich nickte.
    Â»Ich bin ein anständiger Mensch und würde für dich sorgen.«
    Ich wusste, was als Nächstes kommen würde. Er warb nach den
Maßstäben der damaligen Zeit schon Ewigkeiten um mich – manche, die wir
kannten, hatten praktisch über Nacht geheiratet. Der drohende Krieg
beschleunigte alles, auch für uns Zivilisten.
    Â»Du bist die Frau, auf die ich gewartet habe. Ich möchte dich
heiraten.«
    Er ließ meine Hände los und legte mir einen behandschuhten Finger
auf die Lippen, als ich schon antworten wollte.
    Â»Nicht gleich«, beruhigte er mich. »Wenn du bereit bist. Ich weiß,
dass du nicht die gleichen Gefühle für mich hegst wie ich für dich. Aber du
machst dir was aus mir. Wir wären ein gutes Paar. Ich verdiene genug, um ein
hübsches Häuschen für uns zu kaufen – vielleicht mit einem Extrazimmer, falls
wir eines

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