Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
Vom Netzwerk:
ich musste eine Entscheidung für die Zukunft treffen. Robert
hatte mir wenige Tage zuvor in einem Brief mit falschem Absender geschrieben,
dass er mich holen würde. Er habe einen Ort gefunden, an dem ich unbelästigt
leben konnte, bis er von der Front zurückkehrte. Ich schwankte zwischen
Aufregung und Furcht.
    Und ich zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich es Max beibringen
sollte. Wie würde er reagieren, wenn ich ihm eröffnete, dass ich ihn verlassen
wollte? Würde er wütend werden, Erklärungen verlangen und mich beschimpfen,
weil ich ihn getäuscht hatte?
    Oder würde er schweigend zusehen, wie ich dem Leben, das er so
fürsorglich aufgebaut hatte, den Rücken kehrte? Die Stunden in Mr Bartels Laden
waren immer weniger geworden, während Max kriegsnotwendige Zusatzschichten
arbeitete, um die Hypothek abbezahlen und Lebensmittel für uns kaufen zu
können.
    Mir wäre die erste Alternative lieber gewesen, aber ich kannte Max
gut genug, um zu wissen, dass es die zweite werden würde. Und ich würde unter
Gewissensbissen leiden, denn er war ein guter Mensch. Er war nie unfreundlich
zu mir gewesen und hatte sich trotz meiner Zurückhaltung in Geduld geübt.
    Es galt, das Kind zu bedenken. Max würde sich darüber freuen und
unseren Jungen – ich ahnte, dass es ein Junge werden würde – stolz auf den
Schultern tragen, ihm Fahrradfahren und Ballwerfen beibringen. Er würde sich
mit Leib und Seele seiner Vaterrolle widmen.
    Wenn das Kind von ihm war.
    Und wenn nicht?
    Dann blieb ihm keine andere Wahl, als mich auf die Straße zu setzen,
wo ich mich als alleinerziehende Mutter eines gemischtrassigen Jungen
durchschlagen müsste, wenn es mir nicht gelänge, Robert aufzuspüren. Mir wurde
übel bei dem Gedanken, dass ich möglicherweise gezwungen sein würde, mich zu
prostituieren, um mein Kind zu ernähren, denn wer würde mich noch beschäftigen?
    Was würde geschehen, wenn ich mit Robert verschwand und das Kind von
Max war? Dann wäre es Spott und körperlichen Angriffen ausgesetzt. Der Junge
würde weder zur Welt der Schwarzen noch zu der der Weißen gehören. Die Weißen
würden ihn für die Sünde seiner Mutter bestrafen, die Schwarzen ihm misstrauen,
selbst wenn er vom Tag seiner Geburt an unter ihnen lebte.
    Am Ende wurde mir klar, wie ich mich entscheiden musste.
    Als ich Robert meinen Entschluss mitteilte, trat ein tieftrauriger
Ausdruck in seine Augen. Er konnte nicht ahnen, dass meine Entscheidung mich
innerlich zerriss.
    Â»Die Hautfarbe des Kindes allein soll unsere Zukunft bestimmen?«, sagte
er ungläubig. »Ich würde den Jungen lieben, Isabelle, das weißt du. Selbst wenn
er nicht mein Fleisch und Blut wäre, würde ich für ihn sorgen. Was Teil von dir
ist, gehört auch zu mir.«
    Das konnte ich weder Max noch dem Kind antun. Es war falsch gewesen,
Max zu heiraten, ohne vorher alle Möglichkeiten einer Wiedervereinigung mit
Robert ausgelotet zu haben, aber ich konnte Max nicht den Sohn wegnehmen.
    Â»Was wäre, wenn er erfährt, dass ich sein Kind geboren habe?«,
fragte ich. »Glaubst du, Max würde nicht nach dem Jungen suchen und uns ein
Kind aufziehen lassen, das von Rechts wegen ihm gehört?«
    Bevor Robert sich verabschiedete, versprach er: »Isabelle, ich komme
wieder. Eines Tages wirst du den Blick heben und mich sehen. Ich werde mich
vergewissern, dass du unseren gemeinsamen Sohn nicht allein aufziehst.«
    Er trat einen Schritt auf mich zu, um mich zu umarmen, aber das
würde ich nicht ertragen können. Eine Berührung von ihm, und ich würde schwach
werden. Ich hob die Hand. »Nicht.« Warnung und Bitte.
    Sein Blick versetzte mir einen Stich. Ich hatte nicht geahnt, wie
schwierig es werden würde, ihn wegzuschicken. Zuvor waren wir von der Familie
oder den Umständen getrennt worden, und ich hatte mich an meinen Traum
geklammert, dass wir eines Tages zusammen sein könnten.
    Diesmal würde dieser Traum mit ihm verschwinden.
    Er wiederholte: »Ich komme wieder, Isa, das verspreche ich dir.«

ACHTUNDDREISSIG
    DORRIE, GEGENWART
    Â»Aber er ist nicht zurückgekommen, stimmt’s, Miss
Isabelle? Er hat sein Versprechen nicht gehalten.«
    Was unter Robert J. Prewitt, geliebter Sohn und
Bruder stand, sprach für sich: 1921–1944 .
    Miss Isabelle holte einen abgegriffenen Umschlag aus ihrer
Handtasche und drückte

Weitere Kostenlose Bücher