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Zuckerblut

Zuckerblut

Titel: Zuckerblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Gedanken, um eine Vorstellung vom Leben und Ableben des alten Richters zu bekommen.
    »Meinst du nicht, dass diese Theorie etwas zu weit hergeholt ist?«, durchbrach Wellmann schließlich das Schweigen. »Um deine Vermutung eines gewaltsamen Todes zu beweisen, müsstest du den alten Baumbach ja wieder ausgraben lassen.«
    »Gerade darüber denke ich nach, aber für eine richterliche Anordnung zur Exhumierung sind unsere Vermutungen wirklich noch zu dürftig. ›Bloße Spekulationen‹ wird man sagen. Ich höre schon die Stimme des Untersuchungsrichters: ›Wie bitte, der alte Baumbach? Der war ein sehr angesehener und bekannter Kollege im Ruhestand – Landgerichtsrat – anerkannter Experte – das kann ich mir kaum vorstellen – und wer soll ihn umgebracht haben – wie bitte? – vielleicht sein Neffe – niemals! – den kenne ich persönlich sehr gut, wir sind doch im selben Golfclub – und das Motiv? – Geldschwierigkeiten – diesen Eindruck hat mir der junge Baumbach nie gemacht – und alles wegen einem einzigen vagen Indiz, einer fehlenden Nachttischlampe und einem kleinen Schaden im Parkett – also, ich bitte Sie, meine Herren ...‹«
    »Aus der Unterhaltung mit dem Neffen habe ich jetzt auch nicht unbedingt den Eindruck, dass er den Richter gehasst hätte. Es lag eher Hochachtung und Anerkennung vor der Lebensleistung seines Onkels in den Worten des Anwalts.«
    »So würde ich an seiner Stelle auch sprechen, um keinen Verdacht zu erregen. Vergiss den Aspekt Geld nicht, Paul. Wenn der Neffe finanziell wirklich in der Klemme steckte, dürfen wir diesen Punkt keinesfalls außer Acht lassen.«
    »Ja, schon ...« antwortete Wellmann zögernd. »Aber so leicht bringt man seine eigene Verwandtschaft dann doch nicht um. Es gehört schon eine ordentliche Portion Hass dazu.«
    »Welchen Eindruck hat der Anwalt denn auf dich gemacht? Ich meine, rein gefühlsmäßig.«
    »Jedenfalls nicht so unangenehm, wie ihn deine Frau beschrieben hat und immerhin hat er uns freiwillig das ganze Haus gezeigt. Hätte er ja auch nicht müssen.«
    »Ja, Frauen neigen wirklich manchmal zum Polarisieren. Diese Erfahrung habe ich schon öfter gemacht. Da gibt es dann nur Freund oder Feind, nur schwarz oder weiß, nichts dazwischen, aber wenn man den Baumbach als Prozessgegner hat, kann das einen negativen Eindruck sicherlich noch verstärken.«
     
    Sie waren mittlerweile wieder in der Beiertheimer Allee beim Polizeipräsidium angelangt. Paul Wellmann steuerte den Wagen auf einen freien Parkplatz, machte den Motor aus und öffnete die Tür. Oskar Lindt war aber noch so mit seinen Überlegungen beschäftigt, dass er keine Anstalten machte, auszusteigen.
    »Vielleicht war es ja auch ganz anders, als wir im Moment überblicken können«, sinnierte er. »Vielleicht bilde ich mir das mit der Nachttischlampe nur ein. Vielleicht ist aber doch was dran. Vielleicht spielt uns der lachende Erbe ja nur kräftig Theater vor. Vielleicht konnte er es einfach nicht mehr erwarten, endlich an das Vermögen seines Onkels zu kommen. Vielleicht hatte er ihn schon mehrfach um Geld gebeten, aber keines bekommen. Vielleicht kam es bei einem Gespräch zu einer Auseinandersetzung ...«
    »Und dann zu einer Handlung im Affekt«, setzte sein Kollege die Theorien fort. »Ausschließen lässt sich natürlich momentan gar nichts, aber wir sollten uns auch mal überlegen, wie wir die Verbindung zu unserem aktuellen Fall knüpfen können.«
    »Knüpfen ... knüpfen ..., Paul, dieses Bild ist gar nicht so schlecht. Möglicherweise ist das alles noch viel komplizierter miteinander verbunden. Geknüpft, wie ein Teppich und wir sehen gerade mal das Muster an einer Ecke. Alles andere liegt noch im Dunkeln. Bisher haben wir nur die Verknüpfung, dass ein toter Richter von einer jetzt ebenfalls toten Krankenschwester gepflegt wurde.«
    »Allerdings auch, dass der geldmäßig klamme Neffe vom Tod des alten Baumbach profitiert hat – und zwar ganz gewaltig«, nahm Wellmann den gedanklichen Faden seines Kollegen wieder auf, denn in den Jahrzehnten der Zusammenarbeit mit Oskar Lindt hatte er gelernt, dass dieser mit seinen Theorien meistens nicht ganz daneben lag.
    »Ja, Paul, Motiv Geld ist immer möglich«, versuchte Lindt seine Gedankengänge näher darzustellen. »Möglicherweise hatte der Anwalt ja auch gar keine Wahl, möglicherweise war er praktisch schon bankrott, möglicherweise pflegte er einen sehr aufwändigen Lebensstil, um bei seinen erfolgreicheren Kollegen

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