Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
Vom Netzwerk:
Rest des Tages kann ich mich jedenfalls nicht mehr auf dieser Feier blicken lassen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie Mama ihren Schwiegersohn in spe stolz der gesamten Gästeschar auf dem Silbertablett präsentiert. Mir wird schon bei dem Gedanken daran speiübel. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich ja nicht einmal von heute auf morgen mit David Schluss machen. Das kauft mir selbst mein Vater nicht ab.
    Fuck!!!!!
    »Ach, hier hast du dich verkrochen.« Eva stemmt die Hände gegen die Hüften und guckt mich vorwurfsvoll an. »Wir haben dich vermisst.« Der missbilligende Ton ist nicht zu überhören.
    »Ist das so?«
    »Was ist eigentlich los mit dir?«, will sie in diesem strengen Anwältinnenton wissen und baut sich in voller Größe vor mir auf.
    »Nichts«, murre ich wenig überzeugend.
    »Wieso hockst du dann schmollend in der Ecke, statt dich um deinen Freund zu kümmern?«
    Ich schnaube verächtlich. »Der kann bleiben, wo der Pfeffer wächst! Nein, ich will nicht darüber reden.«
    »Habt ihr euch gestritten?«, bohrt meine Schwester trotzdem nach. Die Bedeutung des Satzes »Ich will nicht darüber reden!« hat sie als Kind schon nicht verstanden. Von daher ist es überflüssig, sie gegenwärtig erziehen zu wollen. Was nichts an der Tatsache ändert, dass ich mit ihr nicht über David und diese ganze verfahrene Kiste sprechen werde. Meiner Schwester habe ich dieses Drama schließlich zu verdanken.
    Sie seufzt. »In den letzten Jahren ist es wirklich schwierig geworden, dich zu verstehen.«
    »Dann lass es!«
    »Mensch, bist du schlecht gelaunt«, stellt sie frustriert fest.
    »Was willst du von mir hören, Eva? Du hast mich unter Vortäuschung falscher Tatsachen nach Wismar gelockt, Mama von Stephan erzählt, von dem ich seit Monaten getrennt bin, und erwartest nach alldem, dass ich blendende Laune habe? Machst du Witze?«
    »Du hast dich mit ihm gestritten«, kommentiert meine Schwester selbstzufrieden.
    »Wenn du bereits alles weißt, wieso fragst du dann?«
    Eva setzt sich auf den Rand der alten Sandkiste und schlägt elegant die Beine übereinander. »Wieso hast du mir nicht erzählt, dass du nicht mehr mit Stephan zusammen bist, als ich in Hannover war?«, fragt sie betreten.
    »Hättest du mir zugehört?«
    Sie verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. »Wahrscheinlich nicht. Aber ich wollte unbedingt, dass du kommst. Dass unsere Familie endlich wieder vollzählig ist. Tut mir leid, dass ich dich manipuliert habe. Aber mit dreiunddreißig kommt man in ein Alter, wo man zwangsläufig harmoniesüchtig und nostalgisch wird«, gesteht Eva mit einem schiefen Grinsen.
    »Bitte sag mir, dass du den Satz nicht von Tante Gloria hast.«
    »Na, hör mal!«, entrüstet sie sich. »Also, was ist jetzt mit David und dir? Mama hat gewisse Andeutungen gemacht …«
    Natürlich könnte ich meiner Schwester die ganze Wahrheit sagen, wir haben uns schließlich früher immer alles anvertraut. Aber nachdem ich ihr meine Studiensituation so lange vorenthalten habe, ist es für unser schwesterliches Verhältnis wohl nicht gerade förderlich, wenn ich ihr nun auch noch gestehe, dass David ein x-beliebiger Typ von der Straße ist, den ich bezahle, damit er sich als mein Freund ausgibt. Meine Schwester hält mich doch für komplett geistesgestört.
    »Das war ein Missverständnis«, winke ich ab, bemüht, das Zittern in meiner Stimme zu überspielen. Den Stuss wird Eva mir nie im Leben abkaufen!
    Folgerichtig sieht sie mich skeptisch an. »Du bezeichnest deinen Freund als ›Mistkerl‹ wegen eines Missverständnisses?«
    »Es ist kompliziert«, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen.
    »Das ist ja was ganz Neues«, witzelt sie, ein leichtes Zucken um die Mundwinkel. »Weißt du was, ich will es gar nicht mehr wissen.«
    Von der Veranda dringen Applaus und Lachen an meine Ohren. Ich schaue Eva fragend an, doch sie zuckt nur mit den Schultern. Mit einem tiefen Seufzer erhebe ich mich von der Schaukel. Es hat keinen Zweck, sich noch länger zu verstecken. Um ein klärendes Gespräch mit meiner Mutter komme ich so oder so nicht herum. Von daher nehme ich das besser gleich in Angriff, bevor sie auf die Idee kommt und sich mit Tante Gloria verbündet. Womöglich stehe ich sonst am Ende des Tages frisch verlobt hier im Garten, dabei will ich frisch gesinglet werden!
    Eva und ich schlängeln uns durch die im Halbkreis stehende Menschenmenge. Meine Mutter ist in den letzten Zügen des Geschenkeauspackens. Unter den Augen der

Weitere Kostenlose Bücher