Zuckerguss (German Edition)
nicht an die Gurgel zu springen. Mir geht es ähnlich, insbesondere da sich mein schwesterlicher Beschützerinstinkt meldet. Cora ist und bleibt für mich einfach eine intrigante Schlange, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist. Das war so, und das wird auch immer so sein. Und aus diesem Grund hat sie gefälligst meinen kleinen Bruder in Ruhe zu lassen! Denn eines ist sicher: Cora tut nichts ohne Hintergedanken. Ihr affiges Liebesgetue mit Alex ist das beste Indiz dafür. Als ob sich Miss Ostseestrand allen Ernstes mit jemandem wie Alex abgeben würde. Ist ja lachhaft. So dämlich kann nicht mal mein Bruder sein. Die Frau wollte nur auf diese Party, egal wie und mit wem. Da wette ich!
»Und, Miriam, was machst du so?« Alex nimmt sich zwei Gläser Schampus, die ihm ein zuvorkommender Kellner anbietet.
»Du, das Übliche. Beruflich läuft es hervorragend. Kürzlich habe ich ein wichtiges Projekt beendet und mir aus diesem Grund ein paar Tage freinehmen können«, erkläre ich, ohne zu zögern, und ich wundere mich selbst, dass mir das Lügen mittlerweile geradezu leichtfällt.
Eva hüstelt bedeutungsvoll.
»Dann kannst du vielleicht ein paar Tage länger bleiben und in der Bäckerei mithelfen«, versucht Alex es auf die versöhnliche Tour.
Ich schüttele den Kopf. »Keine Chance, Brüderchen. Die Bäckerei ist jetzt dein Ding und das von Papa. Da mische ich mich nicht ein.«
»Typisch«, murrt er.
»Ich finde das eigentlich gar keine schlechte Idee«, wirft Eva ein. »Es würde sich allein wegen David anbieten.« Ich durchbohre meine große Schwester mit einem tödlichen Blick.
»David?«, fragt Alex.
»Miriams Freund.«
»Miriam hat einen Freund?« Meinem Bruder klappt die Kinnlade herunter.
»Stell dir vor«, gifte ich ihn an. Er benimmt sich, als ob das sonst was Außergewöhnliches wäre. Ruft die Presse an, Miriam Behrens hat tatsächlich einen Dummen gefunden, der sie mag.
»Er ist sogar hier«, plappert Eva weiter aus dem Nähkästchen. »Mama hat ihn als Fotografen engagiert.«
»Nein!«
»Doch!«
Schön, dass ich mal wieder für Gesprächsstoff sorge. Das hatten wir lange nicht mehr. »Wenn ihr nichts dagegen habt, gehe ich jetzt meinen Freund suchen«, verkündige ich lauthals, damit es jeder der umstehenden Geburtstagsgäste hören kann.
»Nicht nötig.« Eva deutet mit dem Kopf in Richtung Partyzelt. Dort steht David und positioniert seine Kamera auf einem Stativ. Unsere Blicke begegnen sich. Dann drückt er wie aus dem Nichts auf den Auslöser. Erschrocken kneife ich die Augen zusammen.
»Er scheint das passende Motiv gefunden zu haben«, kommentiert Alex amüsiert, als David mich ein weiteres Mal ablichtet.
Verzweifelt versuche ich ein freundliches Gesicht aufzusetzen, damit keiner merkt, dass ich mich mit David eigentlich gezofft habe. Insgeheim drehe ich ihm für diese Fotosession den Hals um. Sobald wir alleine sind, werde ich ihm was erzählen. Darauf kann er wetten!
»David ist dein Freund ?«, presst Cora spitz hervor. Ihre Augen verengen sich zu mandelförmigen Schlitzen, und ich befürchte, dass aus ihnen jede Sekunde Blitze auf mich niederprasseln werden.
Ich nicke und komme nicht umhin, schadenfroh zu grinsen. Vergessen ist die Standpauke, die ich David eben noch halten wollte. »Und um den werde ich mich jetzt kümmern!«
»Vorhin hast du ihn einen …«
»Untersteh dich!«, unterbreche ich Eva brüsk. Das fehlt mir noch, dass mich meine Schwester vor Cora in die Pfanne haut. Seit der David-Enthüllung glotzt mich unser Wismarer Topmodel ohnehin an, als ob sie mich am liebsten auf den Mond schießen würde – ohne Rückfahrkarte. Ich kann förmlich hören, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet: Was will jemand wie David bloß mit einer wie Miriam Behrens?
Tja, liebe Cora, wenn du wüsstest …
Mit wiegenden Hüften stolziere ich auf David zu. Ich spüre förmlich die sechs Augen in meinem Rücken, die jeden meiner Schritte genau beobachten.
»Ich muss mit dir reden.«
David versteift sich beim Klang meiner Stimme. Langsam dreht er sich zu mir um, sein Röntgenblick durchleuchtet mich von oben bis unten. »Das liegt nicht zufällig an dem Auftauchen deines Bruders?«, will er wissen, die Arme abwartend vor der Brust verschränkt. Seine Lippen sind zu einer schmalen Linie zusammengepresst, die Gesichtszüge verhärtet.
Betreten schiele ich auf meine Zehen. Ich hasse es, durchschaut zu werden. »Nein«, lüge ich dreist und spüre, wie David ungläubig den Kopf
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