Zuckerguss (German Edition)
mir sagen, was das sollte?«, fauche ich David an, sobald meine Mutter gegangen ist, um wieder ihren Gastgeberpflichten nachzukommen.
Er vergräbt die Hand in seiner Hosentasche. »Deine Mutter wollte ein Foto von uns. Was hätte ich denn tun sollen? Ich mache nur meinen Job, schon vergessen? Oder wäre es dir lieber gewesen, wenn ich gesagt hätte: ›Sorry, Frau Behrens, aber Miriam und ich sind gar kein Paar. Ich spiele nur ihren Freund‹?«
Ich ziehe scharf die Luft ein. »Das hättest du nicht gewagt!«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen.«
»Und warum machst du bei diesem Spielchen immer noch mit?«, will ich neugierig wissen. In einer Sache hat David recht, er hätte mich spätestens nach der Geschichte mit dem »Mistkerl« auffliegen lassen können. Hat er aber nicht. Warum nicht?
»Weil ich deiner Mutter nicht ihren Ehrentag ruinieren will«, schnaubt er ärgerlich, erneut meine Gedanken lesend. Der soll damit aufhören! Meine Gedanken gehören mir allein.
»Wie selbstlos von dir«, ächze ich.
Er schüttelt resigniert den Kopf. »Du hast echt ein Problem.«
»Das Problem steht direkt vor mir, also lass mich am besten in Ruhe. Und wag es ja nicht, mich noch einmal anzufassen!«, rufe ich ihm bereits im Gehen zu.
David grinst anzüglich. »Sonst?«
»Glaub mir, das willst du nicht wissen!«
8
»Eines muss man dir lassen, Geschmack hast du.«
Ich gucke Olli fragend an.
»Du weißt genau, von wem ich rede.« Mit einem mehr als auffälligen Kopfnicken deutet er an den Rand der Tanzfläche, wo eine gewisse Person sich angeregt mit meinen Eltern unterhält. Dem entzückten Gesichtsausdruck meiner Mutter nach zu urteilen, will ich gar nicht wissen, worüber die drei reden. Höchstwahrscheinlich plant Mama bereits die Traumhochzeit im nächsten Frühjahr. Ich sehe mich schon in einem weißen Puffärmelkleid, ein Sahnebaiser auf zwei Beinen, mit einer fünfzig Meter hohen Hochzeitstorte auf einer Feier der Superlative, auf der als krönender Höhepunkt Elton Johns Can You Feel the Love Tonight singt. Allein bei der Vorstellung kämpfe ich mit Brechreiz.
»Oh, bitte!«
»Du besitzt ein ausgezeichnetes Gespür, dir den begehrtesten Junggesellen aus ganz Wismar herauszupicken.«
Tiiiief durchatmen. »Muss ich dich erst daran erinnern, dass David und ich in Wirklichkeit nicht zusammen sind?«
»Er sieht jedenfalls andauernd zu uns rüber«, kommentiert Olli nüchtern.
»Sonst wäre es nicht glaubwürdig«, behaupte ich und versuche dezent einen Blick auf David zu erhaschen.
»Wem willst du das weismachen?«, lacht Olli. Man sollte annehmen, dass ich wenigstens von meinem besten Freund seelische und moralische Unterstützung bekomme. Pustekuchen. Selbst er macht sich über die ganze Situation lustig.
Olli wirbelt, denn als Tanzen kann man unser Gehampel wahrlich nicht bezeichnen, ein weiteres Mal mit mir zu einem The-Supremes-Song über das Tanzparkett. Als wir an dem Trio infernale vorbeikommen, zwinkert er David zu. In mir keimt der beunruhigende Verdacht, dass die beiden etwas im Schilde führen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es mir nicht gefallen wird.
Wie richtig ich mit dieser Vermutung lag, erkenne ich wenig später, als David wie selbstverständlich Olli als meinen Tanzpartner ablöst. Ich will Einspruch erheben, aber ein Seitenblick auf meine Eltern reicht, um mich verstummen zu lassen. Hoffentlich hat wenigstens der DJ Erbarmen mit mir und legt eine schnelle Nummer auf.
Hat er nicht!
Aus den Boxen ertönt The Closest Thing to Crazy von Katie Melua. Na wunderbar.
Mit einem gequälten Gesichtsausdruck ergebe ich mich in mein Schicksal und lege widerwillig die Arme um Davids Nacken. »Bilde dir bloß nichts darauf ein!«
Er beugt sich zu meinem Gesicht herunter. Sein warmer Atem streift meine Wange. »Wenn du mir erneut auf den Fuß trittst, sehe ich mich gezwungen, Schadenersatz zu verlangen, Prinzessin.«
»Nenn mich noch einmal Prinzessin und du wirst es bereuen!«
David kichert vergnügt. Natürlich nimmt er mich nicht ernst. Warum sollte er auch? Ich kann ihm wohl kaum vor allen Leuten öffentlich an den Hals springen. Trotzdem wurmt es mich, dass meine Familie ihn sofort als perfekten Schwiegersohn akzeptiert hat. Ich möchte wetten, dass sie das bei Stephan nicht getan hätten.
Aber ein David Vahrenberg macht natürlich auch bedeutend mehr her als ein Stephan Jakob. Alleine die Tatsache, dass David in Wismar lebt und arbeitet, spricht in den Augen meiner Eltern
Weitere Kostenlose Bücher