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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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habe, sich als meinen Freund auszugeben. Und offenbar geht er in der Rolle auf und findet es nicht soooo schlimm, Zeit mit mir zu verbringen. Ansonsten hätte er nicht so entschieden auf das Date mit mir bestanden. (Ich nehme an, bei Cora hätte er nicht so lange betteln müssen.) Aber sonst? Alles eigentlich ganz harmlos. Bis zu diesem seltsamen Versuch, mich im Riesenrad zu küssen. Ich kann mir das nur so erklären, dass mit David, im Überschwang meiner ständigen Panikanfälle, die Pferde durchgegangen sind. Immerhin waren wir in einer Extremsituation. Auf dem Erdboden wäre das sicherlich nicht passiert. Wetten?
    »Hörst du mir überhaupt zu?« Die tadelnde Stimme meiner Schwester holt mich in die Realität zurück.
    »Was? Äh, nein. Entschuldige«, antworte ich und verscheuche die letzten Gedanken an David. Glücklicherweise kann Eva nicht meine verräterischen glühenden Wangen sehen. »Was hast du gesagt?«
    »Ich wollte wissen, was David dir verabreicht hat, damit du dich in ein Riesenrad setzt«, gluckst sie, gewaltig gegen das Gekicher ankämpfend.
    »Woher weißt du denn das schon wieder?«, stöhne ich.
    Meine Schwester lacht laut auf. »Der Familienfunk funktioniert ausgezeichnet.«
    »In dieser Familie kann aber auch niemand etwas für sich behalten«, beschwere ich mich. Dieses blöde Foto bringt mir nichts als Ärger ein, ich hab’s geahnt.
    »Mama ist einfach froh, dass du wieder da bist und in David den Richtigen gefunden hast«, meint Eva beschwichtigend. »Das kannst du ihr nicht verdenken.«
    »Die Planung der Hochzeit aber schon«, kann ich mir nicht verkneifen zu sagen.
    Eva entgegnet, dass ich das nicht so ernst nehmen dürfe. Haha, sie hat gut reden. Erstens ist sie bereits mit dem wundervollen Fabrizio verheiratet (Neid), und zweitens ist sie in Hamburg außer Reichweite unserer Mutter (noch mehr Neid). Da kann ich auch klugscheißen.
    Die nächsten Minuten lausche ich Evas Bericht zu ihrem aktuellen Fall. Ich höre jedoch nur mit halbem Ohr hin, denn dieses juristische Gequatsche langweilt mich ohne Ende.
    »Weißt du denn mittlerweile, wie es mit deinem Studium weitergehen soll?«
    Ich bin so erschrocken über diesen plötzlichen Themenwechsel, dass ich ins Straucheln gerate und mir beinahe das Handy aus den Fingern gleitet.
    »Musst du mir den Tag komplett ruinieren?«, murre ich, nachdem ich meine Tasche neu geschultert habe, die durch meine Fast-Bauchlandung am Handgelenk baumelte.
    »Wie weit bist du denn?«, bohrt Eva in gewohnter Anwaltsmanier nach. Ich hatte gehofft, dass sie das Thema auf sich beruhen lässt, aber da kenne ich meine Schwester anscheinend schlecht. Sadistin!
    »Ich könnte mich für die Abschlussprüfungen anmelden«, druckse ich herum. Ein dumpfes Gefühl macht sich sofort in meinem Bauch breit, wenn ich nur an die Prüfungen denke. Beim Abitur bin ich bereits halb gestorben vor Angst, noch mal überlebe ich das bestimmt nicht. Hilfe!
    »Das ist doch super!«
    »Hm, ja, kann sein.«
    »Aber?«
    Ich knabbere nervös an meiner Unterlippe. »Ich hab Bammel«, gebe ich zu.
    »Ach, Quatsch. Das packst du! Du hast es bis hierhin geschafft, der Rest ist ein Klacks«, beruhigt Eva mich. Derart selbstsicher kann auch nur jemand auftreten, der Prüfungsangst nur vom Hörensagen kennt, seine Profs als Freunde bezeichnet und sein Jurastudium mit Bestnote abgeschlossen hat.
    »Ja, klar.«
    »Vertrau mir.«
    Ich schnaube lautstark. »Ist sonst noch was?«, frage ich gereizt. »Oder bestand der Sinn deines Anrufs nur darin, mir meinen Urlaub hier vollständig zu verderben?«
    »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du gar nicht mehr weg willst aus Wismar«, bemerkt Eva amüsiert. Ihr schadenfrohes Grinsen reicht mit Sicherheit bis nach Malta. Und ich weiß auch, welcher Kommentar von ihr als Nächstes kommt: »Ich hab’s dir ja gleich gesagt!«
    Das brauche und will ich mir nicht anhören. Von meiner überklugen Schwester schon hundertmal nicht!
    »Ich muss leider Schluss machen, Schwesterherz. Tut mir soooo leid. Grüß mir Fabrizio.«

18
    »Hast du einfach nur einen Riesenhunger, oder ist das deine neue Art der Frustbewältigung?«
    Ich werfe einen genervten Blick über meine Schulter. Alex lehnt gegen die Spüle, die Arme lässig vor der mit Mehl- und Teigresten bekleckerten Bäckerschürze verschränkt. Er sieht aus, als ob er einem Geist begegnet wäre. Er ist blass um die Nase, und die großen Augen fallen ihm vor Verwunderung fast aus dem

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