Zuckerguss und Liebeslieder Roman
fällt keine passende Erwiderung ein. Mein Mund ist ausgetrocknet.
»Wyatt hat mich angebettelt, dass ich mit einziehen soll, aber ich habe ihm gesagt, wir sollten uns noch Zeit lassen. Wozu die Dinge überstürzen?« Sie lacht.
Ich muss mich setzen. Ich gebe ihr das Foto zurück. »Sehr hübsch«, bringe ich mit Mühe heraus.
»Danke. Möchten Sie sich gern meine Alben ansehen?«
»Ein andermal.« Ich lasse mich auf den Schaukelstuhl plumpsen. Zeit für einen Themenwechsel. »Und, wegen der Tombola?« Offenbar bringe ich nur kurze Sätze zustande.
»Mit Vergnügen«, sagt sie herzlich. »Was immer ich für Casey tun kann. Er ist Wyatt und mir wie ein Sohn.« Sie nippt an ihrem Kaffee. »Ich werde die Lose verkaufen, als ob mein Leben davon abhinge, Alice, keine Sorge!«
Zehn Minuten später verabschiede ich mich und fahre geknickt zum Cottage zurück. Wie recht ich doch damit hatte, mich vor Wyatt in Acht zu nehmen. Ich beschließe, ihm künftig freundlich, aber geschäftsmäßig zu begegnen.
Erst am Spätnachmittag erwische ich ihn auf dem Weg zum Haus, während Bruce gerade davonfährt. Ich war auf dem Feld und habe gemeinsam mit Casey aufgepasst, dass Mary Lou keinen Sonnenstich bekommt. »Wie viel Geld haben Sie heute schon gesammelt?«, war Caseys erste Frage.
»Wie geht’s mit der Scheune voran?«, rufe ich Wyatt in freundlichem, aber geschäftsmäßigem Ton über den Hof hinweg zu.
»Geht schon«, sagt er knapp, ohne stehen zu bleiben. Ich laufe los und hole ihn an der Haustür ein.
Er setzt sich auf die Schwelle, um seine Arbeitsstiefel aufzuschnüren. »Ich gehe unter die Dusche.«
Vielleicht hat er ja selbst einen kleinen Sonnenstich.
Er scheint heute nicht ganz auf der Höhe zu sein. Ich beschließe, ihn aufzuheitern. »Hey, es gibt gute Neuigkeiten«, sage ich. »Ich habe die Einzelheiten für Mary Lous Benefizkonzert geklärt.«
»Hmm.«
»Es findet in der Turnhalle der Highschool statt.« Ich bete meine Liste, wer für was verantwortlich ist, herunter.
»Klingt, als hätten Sie alles unter Kontrolle.«
»Gerry hat mir gesagt, wen ich fragen soll.«
»So«, sagt Wyatt kühl, ohne aufzublicken. »Hab schon gesehen, dass er da war. Wie üblich.«
»Ja, er war wirklich eine große Hilfe«, sage ich munter. »Das Einzige, woran noch Mangel herrscht, sind musikalische Einlagen. Bisher habe ich erst drei.«
Im Stillen hoffe ich natürlich, dass Wyatt anbietet, ein paar Songs zum Besten zu geben. Ich brauche dringend eine Zugnummer und bezweifle, dass Mr. Horner mit seinem Akkordeon da so ganz der Richtige ist.
»Sie finden schon wen. Gerry kann Ihnen sicher ein paar Tipps geben«, sagt er, steht auf und blickt an mir vorbei.
Allmählich wird mir klar, dass ich Gerry besser nicht mehr erwähnen sollte. Ich hole tief Luft. »Die Sache ist die … ich hatte gehofft … dass Sie etwas singen könnten«, stammle ich.
»Nö.« Es kommt wie aus der Pistole geschossen.
Sicherlich wollte er nicht, dass es sich so schroff anhört. »Nur einen oder zwei Songs«, sage ich. »Das würde den Ticketverkauf enorm ankurbeln. Und wir könnten mit Sicherheit mehr Eintritt verlangen.«
»Nö.«
Meine Enttäuschung ist grenzenlos. Es war nicht gerade ein leichter Tag, mir ist heiß, ich bin müde und verstehe
einfach nicht, warum Wyatt sich so grässlich aufführt. »Es ist wirklich für eine gute Sache - um Mary Lou zu retten.«
Wyatt sieht stinksauer aus. »Alice, ich habe keine Lust, in einer Highschool-Turnhalle Karaoke zu singen.«
Das sitzt. Heiße Tränen schießen mir in die Augen. »Es ist ein Wohltätigkeitskonzert«, sage ich, immer noch fassungslos über das eben Gehörte. »Es tut mir leid, wenn es Ihren Maßstäben nicht entspricht. Es geht darum, dass sich der ganze Ort zusammentut, um einem von den ihren zu helfen. Ich dachte, Sie würden sich vielleicht daran beteiligen wollen.«
»Ich lasse Ihnen eine Spende zukommen«, sagt er und klopft sich den Staub aus den Kleidern. »Eine anonyme Spende.«
Gerry hatte also doch recht. Wyatt will seine Ruhe und zahlt mit Freuden dafür. Er spielt gern den netten Nachbarn - aber nur, wenn ihm danach ist, und nur zu seinen Bedingungen.
»Machen Sie sich keine Mühe«, schnauze ich ihn an. »Wir kommen auch ohne Sie zurecht.«
Endlich sieht er mich an, hält meinem Blick ein paar Sekunden stand und stürmt dann ins Haus, nicht ohne die Tür hinter sich zuzuknallen.
31. KAPITEL
Wyatt und ich meiden einander zwei Tage lang, die ich
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