Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
erlernen, zog ich mein neues Kleid wieder aus und hängte es mit einem Laken als Staubschutz darüber in unserem Zimmer auf.
Die Marzipanmasse stellte Sarah her, indem sie die gemahlenen Mandeln mit Zucker und Rosenwasser vermischte und in mehrere Portionen aufteilte. Als das geschehen war, färbte sie jede Portion entweder mit roter, grüner, rosa oder orangefarbener Tinktur und ein kleines bisschen mit braunem Zimt. Hinterher kneteten und stampften wir jede Portion so lange, bis ein fester Teig entstand.
Die Miniaturfrüchte sollten Erdbeeren, Orangen, Äpfel und Pflaumen darstellen, und Sarah gab sich die größte Mühe mit ihnen. Um sie zu formen, verwendete sie ein Tranchiermesser und andere kleine Gerätschaften, von denen sie sagte, dass die vornehmen Damen sie für ihre Fingernägel benutzen. Die Erdbeeren waren besonders gelungen, weil sie genau dieselbe Größe und rundlich dreieckige Form mit winzigen Kerben hatten wie die echten Früchte und oben mit einem grünen Stiel mit einem Blatt daran versehen waren. Die Äpfel durfte ich allein formen, und ich machte sie grün, mit einem Grübchen oben, aus dem ein zimtbrauner Stiel herausschaute. Als die kleinen Früchte fertig waren, sagte Sarah, ich solle einen feinen Pinsel nehmen und allen Äpfeln rosa Bäckchen malen und sie dann in zerstoßenem Zucker wälzen.
Die Marzipanfrüchte herzustellen nahm mehrere Stunden in Anspruch, aber die Arbeit machte viel Spaß, und als wir fertig waren, sahen sie sehr hübsch aus und zart genug, um jede vorbeikommende Elfe anzulocken. Wir legten sie auf weißes Papier und überzogen sie noch einmal mit Zuckerguss, dann kamen sie auf Tabletts, damit sie über Nacht ein wenig aushärteten und am nächsten Tag verkauft werden konnten.
Am nächsten Morgen wachte ich vom üblichen Ruf eines Milchmädchens auf, das »Frische Milch! Ganz frische Milch!« anbot, und Sarah bat mich, mit der Kanne zur Tür zu gehen und ein wenig davon zu kaufen. Nachdem wir etwas von der schaumigen Flüssigkeit getrunken hatten - und auch Miau ihren Anteil zusammen mit etwas eingeweichtem Brot vom Vortag bekommen hatte -, wuschen wir uns, zogen uns an und richteten den Laden für das Tagesgeschäft her.
Als ich das Geschäft um halb acht Uhr morgens aufmachte, gab ein Ausrufer bekannt, dass der Lord Mayor Verordnungen erlassen hatte, die an allen wichtigen Brunnen und Wasserstellen ausgehängt würden. Alle Bürger seien aufgefordert, davon Notiz zu nehmen und sie zu befolgen.
Sarah, die gerade Musselintücher über unsere Marzipanfrüchte legte, um sie vor den Fliegen zu schützen, sah mich betroffen an. »Das hat ganz bestimmt mit der Pest zu tun«, sagte sie. »Geh etwas Wasser holen und finde heraus, was es damit auf sich hat.«
Diese Aufgabe gefiel mir, denn ich hatte mein neues blaues Kambrikkleid an und konnte es kaum erwarten, es spazieren zu führen. Beim Bell Court traf ich Abby, die, einen Kübel und einen Emaillekrug voll Wasser in den Händen, sich gerade anschickte, wieder zu gehen. Sie freute sich, mich zu sehen, und stellte ihre Behälter ab, um mir einen herzhaften Kuss auf die Wange zu geben.
»Ich bin gekommen, um die Verordnungen zu lesen«, sagte ich. »Worum geht es denn?«
»Ach, es ist nur wegen der Pest«, antwortete sie. »Bettler sollen innerhalb ihrer Gemeinde bleiben, und alle sollen jeden Morgen vor ihrer Tür Wasser auf die Straße schütten, diese kehren und reinhalten, und Abwasser und Küchenabfälle ordentlich entsorgen... Es ist nicht besonders interessant und bedeutet nur mehr Arbeit für uns Mägde.«
»Wie geht es denn deiner Herrin?«, fragte ich.
»Etwas besser«, sagte Abby. Dann leuchtete ihr Gesicht auf. »Sie hat mich gebeten, morgen zum Exchange zu gehen und Besorgungen zu machen. Frag doch deine Schwester, ob du auch freibekommst, und wir treffen uns dort.«
»Wo ist das denn?«, fragte ich verwirrt.
»Du dumme Gans!«, sagte sie. »Hast du denn noch nicht vom Royal Exchange gehört? Es ist der schickste Ort in der ganzen Stadt! Zumindest abgesehen von den Kaffeehäusern - und dort kann sich kein anständiges Mädchen ohne Begleitung eines Gentlemans blicken lassen.«
Ich versuchte, meine Unwissenheit zu verbergen, indem ich behauptete, dass ich natürlich schon vom Royal Exchange gehört hätte und nur wissen wollte, wo er sich genau befand.
»Er ist in Cornhill. Aber wir können uns auch um die Mittagszeit hier treffen.«
Ich versprach ihr, mein Möglichstes zu tun, um freizubekommen,
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