Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
etwas zu essen zu bekommen, und er erzählte mir, dass einige Landfrauen aus Angst vor der Seuche zwar nicht in die Stadt kommen wollen, aber ihre Ware herbringen und sie vor den Stadttoren verkaufen. Sie haben Kaninchen und Hühner und allerlei Pasteten, und sie sind jeden Tag da.«
»Und Brot werden wir auch immer bekommen, also müssen wir doch nicht verhungern!«, sagte ich.
Sarah stimmte zu. »Das ist richtig. Aber was sollen wir mit unserem Laden tun? Wie können wir es anstellen, mehr Zuckerwerk zu verkaufen?«
Wir versuchten beide, uns etwas einfallen zu lassen.
»Ich könnte mit einem Bauchladen herumgehen«, schlug ich vor, und da Sarah die Stirn runzelte, fügte ich hinzu: »Das würde mir wirklich gar nichts ausmachen.«
Sarah schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es vernünftig wäre, häufiger auf der Straße zu sein als unbedingt nötig«, sagte sie und dachte weiter nach. »Wenn wir etwas herstellen könnten, was die Ärmeren brauchen, müssten wir uns keine Gedanken mehr darüber machen, dass die Vornehmen die Stadt verlassen.«
Da fiel mir die Lösung ein. »Wir müssen Leckereien zubereiten, die vor der Pest schützen!«, rief ich aus.
Sarah klatschte in die Hände. »Das ist es! Warum ist uns das nicht früher eingefallen?«
»Wir müssen uns unsere Rezepte ansehen und herausfinden, welche Samen und Kräuter am besten sind«, sagte ich und zögerte dann. »Aber woher sollen wir wissen, dass etwas wirklich gegen die Pest hilft? Wie können wir behaupten, dass irgendetwas mehr hilft als irgendetwas anderes? Tun wir dann nicht genau dasselbe wie die Quacksalber, die von einem Tag zum anderen einen Stand aufbauen und Kügelchen aus altem Brot als Pillen gegen die Pest verkaufen?«
Sarah schüttelte den Kopf. »Zurzeit gibt es Hunderte von verschiedenen Schutzmitteln, und wer kann schon sagen, was hilft und was nicht? Sogar die echten Ärzte und Apotheker wissen nicht sicher, was hilft -nicht einmal Doktor da Silva weiß es.«
Ich nickte nachdenklich. »Vielleicht machen wir ja sogar genau das, was wirklich helfen wird.«
»Lass uns kandiertes Konfekt aus kleinen Rosmarinblättern herstellen! Alle sagen, dass Rosmarin besonders wirkungsvoll ist«, sagte Sarah.
»Und es wird uns beinahe nichts kosten, weil wir ja einen ganzen Strauch vor der Hintertür haben«, stimmte ich zu.
Wir saßen eine Zeit lang da, dachten nach und sahen die Rezepte unserer Tante durch, und schließlich ging ich zur Apotheke, um mit Tom zu sprechen, weil er, wie ich Sarah versicherte, besser als alle anderen wusste, welche Pflanzen am nützlichsten waren.
Zu meinem großen Bedauern war Tom gar nicht im Laden, da er wohl zu den Kais gegangen war, um einige sehr seltene Mineralien zu besorgen.
Doktor da Silva, der gerade Kräuter in einem Topf aufkochen ließ, versicherte mir jedoch, dass sich Rosmarinkonfekt günstig auswirken würde. »Und wenn es das nicht tut, so kann es jedenfalls nicht schaden«, fügte er hinzu.
»Woraus könnten wir denn noch Zuckerwerk machen?«
»Wie wäre es mit Engelwurz? Es ist das kräftigste Kraut der Sonne im Löwen, und jetzt wäre die richtige Zeit, um es zu sammeln.«
Ich nickte voller Begeisterung. »Wir könnten Zuckerstangen aus Engelwurzstielen machen.«
»Die Wurzel von Kerbelkraut ähnelt der von Engelwurz«, fuhr der Doktor nachdenklich fort, »und man sagt, sie sei sehr wirkungsvoll. Außerdem gibt es noch Estragon, das das Gift der Seuche austreibt - aber vielleicht kann man es zu dieser Jahreszeit nicht finden. Und die Wurzel der Skabiose, in Wein gekocht, ist ein sehr kraftvolles Gegengift, aber ich wüsste nicht, wie man daraus Zuckerwerk machen kann.«
»Aber Rosmarin, Engelwurz und Kerbel können wir allesamt verwenden«, sagte ich. In der Hoffnung, dass Tom zurückkäme, bevor ich wieder ging, sprach ich besonders langsam und bedächtig und ließ dabei meinen Blick über die Regale im Laden, über die staubigen Flaschen und Röhrchen schweifen.
»Knoblauchblüten könnte man auch kandieren«, sagte der Doktor. »Knoblauch ist ein sehr wirkungsvolles Heilmittel bei allen Leiden.«
In diesem Moment trafen mehrere Leute ein, die den Doktor zu sehen wünschten. Ich sah mich genötigt zu gehen, machte einen Knicks vor dem Doktor und dankte ihm für seine Mühe.
»Gern geschehen. In unserer Not müssen wir uns alle gegenseitig helfen«, antwortete er, und als ich zur Tür ging, fügte er hinzu: »Ach übrigens, manche jungen Damen, die sich ihrer
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