Zuckermacher 02 - Aschenblüten
olivenfar-benen Teint, dem langen schwarzen Haar, das ihm in Locken bis auf die Schultern fiel, und dem schmalen dunklen Schnurrbart sah er sehr gut aus, kraftstrotzend und voller Leben. Er war in prachtvolles, mit Spitze besetztes Satin gekleidet, und ein pelzbesetzter Samtumhang lag auf seinen Schultern. Er lächelte und winkte den Umstehenden zu und strahlte großen Charme aus. Er zog alle Blicke auf sich. Zu seinen Füßen schienen mehrere Spaniel zu spielen, denn wir konnten sie japsen hören, und als ein mit Tierhäuten beladener Lastkahn vorbeifuhr, sprangen zwei von ihnen auf eine Leiste am Heck, schnupperten herum und ließen sich dann dort nieder wie zwei winzige Galionsfiguren.
Das Boot Seiner Königlichen Hoheit war reich verziert und wunderschön geschnitzt und vergoldet, und allerlei leuchtende Wimpel flatterten an seinem Sonnensegel. Königin Catherine saß ruhig im Schatten unter einem Gobelinbaldachin (man erzählte sich, dass sie ein Kind erwarte), und sie sah gut und gepflegt aus. Als wir sie sahen, ließen wir den Blick Über den hinteren Teil des Boots schweifen, in der Hoffnung, einen Blick auf Barbara Castlemaine oder irgendeine andere der Kammerzofen zu erhaschen, doch wir sahen niemanden. An Bord spielte ein Musikerquartett, und Überall um uns herum auf dem Wasser riefen die Leute »Lang lebe der König!« und »Gott segne den König!«. Vor lauter Aufregung, ihn dort zu sehen, stimmten wir in die Rufe ein und riefen lauter als alle anderen: »Gesundheit für König Charles!«
Tatsächlich hätte es keinen besseren Zeitpunkt für unsere Reise auf dem Wasser geben können. Es gab so viel zu sehen, dass Anne ständig in verzücktes Geschrei ausbrach, wenn sie nicht gerade vollkommen sprachlos war vor Staunen. Ich war ebenfalls sehr beeindruckt und ergriffen, doch da ich nun mal achtzehn Monate älter war als sie und bereits in London gelebt hatte, versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.
Nachdem wir an den großen Lagerhäusern, Gerbereien und Kerzenmachereien auf der Kaiseite der City vorbeigefahren waren, legte unser Flusskahn in Swan Steps kurz vor der London Bridge an (bei deren Anblick Anne vor lauter Staunen beinahe in Ohnmacht fiel). Hier stiegen wir aus, was sich als keine einfache Angelegenheit erwies, denn die Landungsbrücke war vor lauter Matsch und Unrat sehr rutschig. Wir trugen weder Holzpantinen noch Stelzenschuhe, um uns vor dem Dreck zu schützen, sondern hatten hochhackige Lederpantoffeln und unsere besten Kleider an und waren mit Bündeln, unserem zusammengerollten Bettzeug, Körben und dem Kätzchen beladen. Zum Glück kam uns der Schiffer, der uns hierher gerudert hatte, zu Hilfe. Erst kümmerte er sich um unser Gepäck, dann hob er uns hoch, warf sich erst eine von uns, dann die andere Über die Schulter und trug uns nacheinander die Treppenstufen hinauf. Als wir somit sicher gelandet waren, zahlte ich dem Mann unseren Fahrpreis und gab ihm ein großzügiges Trinkgeld. Mit dem jämmerlich miauenden Kätzchen im Korb machten wir uns zum Crown and King Place und zu unserem Laden auf. Inzwischen war ich ganz kribbelig, so froh war ich, zurück zu sein, und so aufgeregt war ich bei dem Gedanken, Tom bald wiederzusehen.
Anne blieb am Anfang der Fish Lane stehen. »Können wir auf die Brücke gehen?«, fragte sie atemlos und drehte sich danach um. »Einfach nur zum Schauen...«
Ich schüttelte den Kopf. »Das können wir nicht!«, sagte ich. »Nicht mit den ganzen Sachen, die wir tragen müssen. Sieh doch, wie voll es dort oben ist. Wir würden von links nach rechts geschubst werden und all dessen beraubt werden, was wir besitzen.«
Weil Anne so enttäuscht aussah, fügte ich hinzu, dass wir jetzt zwar wegen des armen eingesperrten Kätzchens so schnell wie möglich zu unserem Laden gelangen sollten, aber hierher zurückkämen, sobald wir konnten. Wir waren so beladen, dass ich in die Versuchung kam, eine Sänfte zu nehmen, doch ich unterließ es, weil ich noch nie eine genommen hatte und nicht genau wusste, wie man es anstellte. Außerdem war es Maifeiertag, und bestimmt würde irgendein wucherischer Sänftenträger mir zu viel dafür abknöpfen. Und ich hatte Sarah doch versprochen, gut auf das Geld zu achten, das sie mir gegeben hatte, vernünftig damit umzugehen und mich nicht ausnehmen zu lassen.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis wir uns durch die Menge gedrängt hatten, weil Anne trotz des unaufhörlich miauenden Kätzchens an jeder Straßenecke stehen blieb und
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