Zuckermond
schreibe mir in dieser Form zwar einiges von der Seele, aber dennoch blicke ich nach vorn und versuche meines Glückes Schmied zu sein. Einfach das Beste daraus zu machen. Und dank Leonard hat mein Leben schon eine markant positive Wendung bekommen. Er hat mich praktisch von der Straße geholt – der Beginn einer langen Freundschaft. Aber das erzähle ich dir ein anderes Mal. Denn jetzt zeige ich dir, wo du in den nächsten siebzehn Tagen malen kannst. Komm.“ Er fasste sie am Handgelenk, zog sie auf die Beine und sie folgte ihm die Treppe hinunter bis zum Gartenschuppen, der nur wenig abseits vom Haus lag. Rafael öffnete die Holztür und knipste das Licht im Raum an. Helena machte einen Schritt hinein und blieb wie angewurzelt stehen. „Das ist ja …“ „Ist etwas nicht in Ordnung?“ „Keineswegs. Ich bin beeindruckt. Es ist beinahe perfekt.“ Sie ließ ihren Blick durch den Raum wandern. Hier hatte sicherlich mal etwas gelagert, aber inzwischen war der Schuppen leer geräumt. In der Mitte stand ihre Staffelei, auf einem kleinen Tisch die Kartons mit Farben, Pinseln und diversen Malutensilien. Auch ihr Koffer mit den Skizzenblöcken und ihrer Malkreide war da. An den Wänden angelehnt befanden sich die zwei mit Leinwand bespannten Holzrahmen, die sie mitgebracht hatte. Sie ging auf das Regal zu, das sich über die ganze Breite einer Wand erstreckte und fuhr mit den Fingern über die raue Oberfläche. „Hier ist genug Platz für mein Sortiment an Farben, Pinseln und anderen Dingen.“ Sie wandte sich um. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Arbeitsfläche. Drei Fenster sorgten für genügend Licht. „Es gibt nichts zu meckern. Im Gegenteil. War das Leonards Idee?“ „Ja. Ich habe deine Sachen zwar hergeschafft, weil er weg musste, aber die Idee stammt von ihm.“ „Wurde er von einer Kundin gebucht?“ Dieser Gedanke schmerzte sie, und es gelang ihr nicht ganz, ihre Stimme neutral klingen zu lassen. „Er wurde – als besonderes Highlight – zum 50. Geburtstag einer angesehenen Rechtsanwältin gebucht. Während wir uns hier unterhalten, ist er mit Sicherheit gerade dabei, sich lasziv aus einer Papptorte zu schälen, um anschließend formvollendet für das Geburtstagskind zu strippen. Ich muss nachher auch noch los. Einmal die Woche tanze ich in einer Table-Dance-Bar. Ich hoffe, du kommst hier klar?“ „Kein Problem. Ich werde mich schon zu beschäftigen wissen. Und in Anbetracht dieses wirklich feinen Ateliers wird es mir nicht schwer fallen, mich für eine sinnvolle Beschäftigung zu entscheiden.“
***
Leonard stand nachdenklich im Türrahmen und betrachtete die schlafende Helena. Den ganzen Abend über hatte er an sie denken müssen, hatte beim Auftragsstrippen ständig den Moment herbeigesehnt, an dem er endlich heimkehren und diesen entzückenden Körper bis an die Grenzen der Lust führen konnte. Diese Frau war voll sinnlicher Hingabe.Ein zärtliches Gefühl machte sich in ihm breit. So warm und süß, dass er sich am liebsten zu ihr gelegt, sie sanft in den Arm genommen und sich an dem Duft und der Wärme ihres Körpers gelabt hätte. Achtung! Genau diese Regungen solltest du bekämpfen. Sie passen nicht in deine Vorstellung vom Leben. Vergiss also nicht sie zu verbannen und lediglich eine unverbindlich schöne Zeit mit ihr zu haben. Sonst kann es sehr leicht passieren, dass du dich über kurz oder lang an sie verlierst. Er seufzte leise. Sein Blick ruhte auf der zarten Linie ihres Halses, ihrem leicht geöffneten Mund und auf ihren sanft geschwungenen Schultern, die nackt unter der leichten Bettdecke hervorblitzten. Himmel, gib mir die Kraft, diesem reizvollen Geschöpf zu widerstehen und in ihr nicht mehr zu sehen, als mein Callgirl auf Zeit. Als Helena wach wurde, war es bis auf das silbrige Licht, das der Mond ins Zimmer schickte, dunkel im Zimmer. Sie rieb sich die Augen und versuchte sich zu orientieren. Ein Geräusch hatte sie geweckt. Oder hatte sie nur geträumt? Schlaftrunken griff sie zum Schalter der Nachttischlampe, doch bevor sie für Licht sorgen konnte, legte sich eine Hand auf die ihre. Helena erschrak. Ein spitzer Schrei kroch aus ihrer Kehle. Sämtliche Härchen ihres Körpers stellten sich in Alarmbereitschaft auf. „Lass das Licht aus. Ich liebe das Mondlicht. Es zaubert besonders magische Momente und sein Mondstrahl legt über alles, was man sieht, einen zarten Hauch der Unwirklichkeit. Wie ein silbriger Zuckerguss – Zuckermond!“ Ganz nah war die
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