Zuckerpüppchen - Was danach geschah
Ich will ohne Angst leben.
Kurz darauf lernte sie Robbie kennen. Die Uniform stand ihm gut. “Ich werde demnächst nach Aurich versetzt”, sagte er. “Zur Raketenabwehr.”
Norbert zog sich zurück. Verletzt. “Du mußt selbst wissen, was du tust”, sagte er und fügte dann noch hinzu: “Glaubst du mir, wenn ich sage, daß ich mit dir glücklich war?” Gaby wußte, daß das stimmte. Sie hatten in schwerer Zeit einander beigestanden. Gute Kameraden. In ihm hatte sie den ersten Mann kennengelernt, den sie nicht fürchtete. Sie war die Stärkere gewesen. Mit Robbie war alles anders. Er hatte wunderschöne blaue Augen und war Hals über Kopf in sie verliebt. Er sang ihr Liebeslieder ins Ohr. “Sei die meine, süße Kleine.” Sie heiratete ihn und ging mit ihm nach Aurich. Fort aus Hamburg. Fort von all den Erinnerungen.
Wie gut Natalie es hat. Gaby war froh, daß ihre Tochter in Frieden aus dem Hause gegangen war. Ohne traumatische Erfahrungen. Das, was sie mitmachte, war der Kampf, erwachsen zu werden. Eines Tages würde ihn ihre Tochter gewinnen. Und sie würde ihre Tochter nicht verlieren.
Als Hubert ins Zimmer trat und sich auf die Couch setzte, wußte Gaby, daß etwas Schlimmes passiert war.
Das neue Haus schien ihnen kein Glück zu bringen. Sie hatten gerade den Umzug hinter sich, als Daniel ins Krankenhaus mußte. Sein Harnleiter arbeitete nicht gut; und er mußte schmerzhafte Untersuchungen und einen Eingriff über sich ergehen lassen. Der kleine Alex blieb tagsüber bei Ursel, so daß Gaby Daniel den ganzen Tag lang im Krankenhaus Gesellschaft leisten konnte. Das Krankenhaus war personalmäßig total unterbesetzt, und Gaby war ihrer Freundin von Herzen dankbar, daß sie sich ihres Patenkindes annahm. “Für mich die reinste Wonne”, hatte Ursel gesagt. “Endlich habe ich wieder jemand zum Schmusen.” Ursel war auch ganz deutlich Alex’ Lieblingstante. Wenn er sie sah, strampelte er erst vor Vergnügen, um dann wieselschnell auf sie zu zu krabbeln. “Kussi, Kussi”, sagte er und spitzte sein Mündchen. “Also, wer dir widerstehen kann, der muß noch geboren werden.” Ursel drückte ihn liebevoll an sich und ließ sich von Alex mit vielen kleinen Küßchen bedecken.
Nachdem Daniel wieder zu Hause war, klagte Hubert über eine Halsentzündung. Mit Tabletten und einem handgestrickten Schal im Koffer flog er doch nach Südamerika. “Das warme Klima dort wird mich schnell wieder auf die Beine bringen.” Er rief Gaby jeden Tag an. “Ich vermisse dich unsagbar, mein Kleines. Ich weiß gar nicht, wie ich ohne dich je leben konnte.” Gaby schlief wieder etwas besser. Als er zurückkam, sah er blaß und abgespannt aus. “Ich habe das erste Mal in meinem Leben die Höhe in Quito nicht gut vertragen können. Ich hatte Atemnot, und mir war nicht gut.” Gaby war besorgt, gleichzeitig fühlte sie, daß sie gebraucht wurde. Er ließ sich nur zu gerne von ihr verwöhnen. Doch sogar seine Lieblingsgerichte schob er nach einigen Bissen zur Seite. “Nichts schmeckt mir richtig”, klagte er. Auch sein Appetit auf Sex war entschieden vermindert. Gaby liebte ihn über alles. “Bitte, geh’ endlich zum Arzt”, drängte sie, als er nach einigen Wochen noch immer müde und abgespannt war.
Und wie er jetzt auf der Couch saß, blaß vor sich hinstarrend, ahnte sie, daß es mehr sein mußte als eine verschleppte Grippe. “Ich muß morgen ins Krankenhaus”, begann er. “Meine Herzklappe ist entzündet. Sie werden versuchen, mit viel Penicillin und absoluter Ruhe die Entzündung in den Griff zu bekommen.”
Er mußte ins Krankenhaus. Er war krank, und er hatte sie nötig. Sie würde alles für ihn tun. “Mach dir keine Sorgen”, sie schlang beide Arme um seinen Hals. “Ich weiß, daß du wieder gesund wirst. Wir werden dich jeden Tag besuchen.”
Und das tat sie auch. Sieben Wochen lang ging sie jeden Mittag mit den beiden Kleinen ins Krankenhaus. Alex krabbelte vergnügt auf Huberts Bett herum. Er hatte bald heraus, daß in der Nachttischschublade stets etwas Leckeres war. Daniel, selbst noch unter dem Eindruck seines Krankenhausaufenthaltes, war zurückhaltender. Aber da ihr Vater keine Schmerzen hatte, waren die Besuche für die Kinder bald eine willkommene tägliche Abwechslung.
Hubert war ein anspruchsvoller, schwieriger Patient. Nicht so sehr, was seine medizinische, sondern was seine persönliche Versorgung anging. Das Krankenhausessen war ihm zu wenig abwechslungsreich, und niemand war
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