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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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daß er alles nur mit ihr erleben wolle. In den letzten Monaten war ein bedrohlicher Satz hinzugekommen. “Ich will alles nur mit dir erleben — aber ich weiß nicht, ob ich dir immer treu sein kann. Ich meine, wenn du nicht zusammen mit mir...” Am liebsten hätte sie sich die Ohren mit beiden Händen fest zugehalten. Oder noch lieber hätte sie laut geschrien: “Nein, nein, nie, nie!” Aber sie hielt sich nicht die Ohren zu, und sie schrie nicht. Sie wurde ganz kalt, zitterte, und er nahm sie in seine Arme und wärmte sie. Ich werde ihn verlieren, dachte sie, eines Tages werde ich ihn verlieren. Weil ich nicht fähig bin, mich auf ihn zu verlassen, weil ich kein Vertrauen habe in eine feste Beziehung, weil ich meine kleinbürgerliche Eifersucht nicht zur Seite schieben kann.
    Drei Wochen Südamerika standen vor der Tür. Sie packte die Koffer und dachte dankbar an Ursel und Dagmar, die ihr sofort angeboten hatten, Alex und Daniel zu betreuen. “Kein Problem”, hatte Dagmar gesagt. “Fahr du man mit deinem Hubert. Daniel ist bei uns von Herzen willkommen.” — “Ja”, sagte Ursel, “und ich freue mich auf Alex. Dann fühle ich mich nicht so allein.”
    Da schwang etwas in ihrer Stimme mit, das Gaby nicht deuten konnte. Vielleicht auch nicht deuten wollte. Beschämt wagte sie sich selbst kaum einzugestehen, daß sie jetzt sogar schon auf ihre beste Freundin eifersüchtig war. Wie tief war sie gesunken! Aber wenn Ursel und Hubert zusammen in einem Zimmer waren, stand da eine Spannung im Raum, die sich beklemmend auf ihre Brust legte, die sie den Atem anhalten ließ. Hin und wieder bildete sie sich ein, daß die beiden einen Blick wechselten, der so viel zu sagen schien. Einbildungen natürlich, alles Wahnvorstellungen. Ihre allerbeste Freundin, die sie mütterlich umsorgte, Alex’ Patentante, nein, es war absolut lächerlich. Sie war wohl doch, wie das Schimpansenbaby in dem Film, beschädigt, hatte in ihrer Jugend zuwenig an Liebe empfangen. Sie war nicht fähig, eine tiefe, reine Freundschaft zu empfinden. Dabei fühlte sie sich gerade mit Ursel so eng verbunden. Diese anderen, unaussprechlichen Ängste mußte sie ganz tief hinunterschlucken. Und Ursel ein wenig extra verwöhnen. Öfter einmal einen Strauß Blumen mitbringen oder ein kleines Geschenk. Es war rührend, wie Ursel dann errötete und sich freute.
    Drei Wochen Südamerika waren ideal. All die dummen Gedanken würden dann endlich zum Schweigen kommen. Es wird wunderbar werden, hatte Hubert ihr ins Ohr geflüstert. Nur wir beide.
    Drei Wochen Südamerika waren auch in anderer Hinsicht ideal. In Südamerika gab es bestimmt keine Möglichkeit zu allen möglichen sexuellen Spielchen. Die Männer der Gesellschaft bewachten eifersüchtig ihre Frauen. Die Freiheiten, die sie sich selbst herausnahmen, spielten sich außer Hause ab. Krankheiten gab es da, Drogen und Unterwelt. Dieses Risiko würde Hubert nicht auf sich nehmen, glaubte Gaby zu wissen. Drei Wochen lang brauchte sie sich keine Gedanken zu machen, wann Hubert sie vor die Entscheidung stellen würde: “Entweder — oder!” Natürlich würde er ihr die Entscheidung überlassen, das hatte er ihr schon vor Jahren versprochen. Ich werde nie etwas tun ohne deine Zustimmung, hatte er gesagt. Ach, und vielleicht, wenn die Reise sie wieder dichter zusammenbringen würde, verschwanden all die Ideen und Phantasien. Er liebte sie doch. Er wollte ihr doch nicht weh tun?

    “Das schönste an so einer Reise”, sagte Gaby und nahm mit Tränen in den Augen Alex und Daniel in die Arme, “ ist, wenn man sicher wieder zu Hause ist. Ich habe euch so vermißt.” Sie ließ sich von Alex abschmatzen und zog Daniel zu sich auf den Schoß. “Ihr habt mir gefehlt.” Auch Manfred murmelte etwas, das beinahe so klang wie: “Schön, dich wieder in Reichweite zu haben.”
    Schön waren natürlich auch die Fotos, die sie stolz im Freundeskreis zeigen konnte. Prächtige Fotos von dem Luxus-Hotel in Medellin, von der Innenstadt, von verschiedenen Partys. Der gesellschaftliche Höhepunkt war ein großes Essen im “Mexicana” gewesen, bei dem ihr der Präsident der Gesellschaft eine goldene Brosche mit einem großen Smaragd ans Kleid steckte. “Für unsere Botschafterin des guten Geschmacks.” Auf seiner Finca, dem üblichen Wochenendhaus in Kolumbien, verbrachten Hubert und sie die einzigen Tage ohne gesellschaftlichen Trubel. Aber Gaby fühlte sich allein. Sie konnte die Mauer zu ihm nicht durchbrechen.

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