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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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die Hand ihres Sohnes. “So einen Mann. Wie er sie verwöhnt, was er ihr alles bietet! Wirklich, wie ein Gewinn im Lotto, mein Sohn.” Erna, ihre Freundin, nickte. “Ja, ein selten zuvorkommender Mann, der Hubert. Übrigens, die Prinzregententorte ist mal wieder ausgezeichnet. Schmeckt es dir auch, Gaby? Du bist so still?” Schnell holte Gaby das in der letzten halben Stunde verlorengegangene Lächeln zurück auf ihr Gesicht. Seitdem sie am Tisch saßen, ging es über nichts anderes als über Huberts Vorzüge, Huberts Qualitäten, Huberts Chancen bei den Frauen (er hätte ja wirklich auch andere haben können, nach seiner Scheidung). Und darüber, daß sie, Gaby, dem Herrgot dankbar sein mußte, so einen Mann bekommen zu haben. Eigentlich müßte ich jeden Tag dem lieben Gott auf den Knien danken, dachte sie und spülte die zu süße Torte mit einem Schluck Kaffee hinunter. Ich frage mich nur, warum tue ich es nicht? Ich sehe alle seine Vorzüge, seine Geduld mit den Kindern, seine stets gleichbleibende Freundlichkeit, seine Zuvorkommenheit. Ich sehe, daß er attraktiv und gepflegt ist, ich sehe ihn eine gehobene Position bekleiden, ich sehe, daß er jemand ist. Aber ich fühle nicht, was er ist, wer er ist. Ich fühle mich in seiner Gegenwart kalt und einsam, ich fühle stets mehr meine Beine und Hände zittern, ich fühle nachts den Angstschweiß auf meiner Stirn. Der Käfig von Angst und Einsamkeit wird stets kleiner und enger. Ich fühle, ich kann mich nicht mehr bewegen, ich...”
    “Warum antwortest du nicht, Gaby?” Sie schrak aus ihren Gedanken, sah sich verwirrt um. “Entschuldigung, ich habe nicht zugehört.”
    “Mutter sagte, daß sie sich schon auf den Besuch bei uns freue. Zum Nikolaus, wie jedes Jahr.” Gaby verstärkte das Lächeln auf ihrem Gesicht. “Ja, sehr schön. Wir freuen uns auch.” Huberts Mutter kam jedes Jahr zum Nikolaus. In den Niederlanden wurde am Nikolaustag das Gabenfest für Jung und Alt gefeiert. Huberts Mutter fand es prächtig. Der persönlich anwesende Nikolaus (für fünfundzwanzig Gulden bei einer Nikolausvereinigung gemietet), die zwei schwarz angemalten Knechte, in Holland “Pieten” genannt, der große Sack mit Geschenken, natürlich ein besonderes Festessen, das alles war ganz und gar nach ihrem Geschmack. Einen besonderen Akzent gaben die Gedichte, die man über einander machte und in denen man kleine Schwächen humorvoll kritisieren durfte. Hubert hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ein Gedicht über das letzte Jahr zu verfassen, in dem er besondere Ereignisse noch einmal in Reimform aufs Papier brachte. Und immer, immer stand darin, wie sehr er sie liebte.
    Sie sah zu Hubert, der die Lobhudeleien seiner Mutter ohne Kommentar über sich hatte ergehen lassen. Wahrscheinlich war er einfach nur zu gut erzogen, um seiner Mutter im Beisein ihrer Freundin zu widersprechen. Bestimmt war es ihm auch unangenehm, so in den Himmel gepriesen zu werden. Sein Harmoniedenken war nur so ausgeprägt, daß er jeder Diskussion aus dem Wege ging. Auch mit seiner Mutter. War das nicht eine gute Eigenschaft? Sie wollte selbst auch nichts anderes, als in Frieden zu leben. Aber ihr glückte es nicht. Aber bei ihr lag die Sache natürlich anders. In ihrem Innern war eine Schlangengrube. Da züngelten immer wieder aus der Vergangenheit giftige Zungen empor, die ihr Denken und Fühlen vergifteten. Mit Tabletten konnte man die Schlangen im Zaum halten, dann waren ihre Angriffe weniger heftig, sie bäumten sich auf, zischten, aber sanken zurück, bevor sie einen tödlichen Biß anbringen konnten. Alkohol half auch. Nicht zuviel, nur soviel, daß sie wie auf Watte ging, die spitzen Steine auf dem Weg-wer-weiß-wohin nicht bei jedem Schritt fühlte. Hubert hatte nichts zu verbergen. Er kam aus einem guten Elternhaus, aus einem guten Stall, wie es seine Mutter genannt hatte. Er war ein Mann, den alle liebten und schätzten. Einer, der immer für Freunde und Nachbarn bereitstand, um zu helfen. Einer, der seiner ersten Frau den Fehltritt vergeben und das Kind als seines akzeptiert hatte. Ein guter Mann. Sie sollte wirklich dem lieben Gott auf den Knien danken. Sie hatte so einen Mann nicht verdient. Manchmal glaubte sie ihm anzumerken, daß er ihre geheimsten Gedanken errate, daß er ihre Ängste spüre. Kein Wunder, daß er sich dann zurückzog. Ihm mußte doch hin und wieder schaudern vor ihr. Er, der so ehrlich und aufrichtig war. Der selbst das Risiko auf sich nahm, daß sie ihn

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