Zuckersuesse Todsuenden
Gedankenlesen vermutlich doch Kokolores war. Hätte er sie lesen können, hätte er nämlich gewusst, dass ich vollkommen aufgelöst war. Ich war nicht in Panik, sondern hatte plötzlich Schmetterlinge im Bauch. Diesels Bekenntnis, dass er sich verwundbar fühlte, weil er mich sehr mochte, hatte mich umgehauen.
»Ich sollte jetzt besser mit meinen Muffins weitermachen.«
Na gut, das klang ziemlich lahm, aber mir fiel nichts anderes ein. Mein ganzes Leben lang habe ich in Krisensituationen und schrecklichen, peinlichen Momenten Muffins und Cupcakes gebacken. Das war meine Rettung.
Ich zog eine Tüte Mehl aus dem Schrank und schlug mein Notizbuch auf der Seite mit dem Rezept für Lebkuchen-Muffins auf.
»Was stimmt mit dem Rezept nicht, das du bereits hast?«, wollte Diesel wissen.
»Es ist okay, aber ich glaube, dass ich es noch verbessern kann. Ich möchte mehr Aroma hineinbringen und die Beschaffenheit vervollkommnen.«
Ich legte Papierförmchen in drei verschiedenen Farben in die Vertiefungen meines Muffin-Blechs und mischte die Zutaten für den Grundteig. Ich stellte drei Variationen her, füllte den Teig in das Muffin-Blech und schob es in den Ofen. Dann veränderte ich noch einmal das Rezept des Grundteigs und wiederholte die ganze Prozedur. Als ich die erste Ladung Muffins aus dem Backrohr holte, roch das ganze Haus nach Gewürznelken und Ingwer.
Ich schob das nächste Blech in den Ofen und stellte das erste zum Abkühlen auf ein Gitter.
»Du bist mein Versuchskaninchen«, erklärte ich Diesel. »Sag mir, welcher Muffin dir am besten schmeckt.«
Diesel verschlang sechs Muffins, und Katerchen bekam einen. Der Kater hockte sich hin und putzte sich, und Diesel stand auf und rieb sich den Bauch. »Ahhhh«, stöhnte er genüsslich.
»Und?«
»Und was?«
»Welcher Muffin war der beste?«
»Sie waren alle großartig. Was geschieht, wenn du alle Rezepte zusammenhast?«
»Ich hoffe, dass ich bis dahin einen Verleger gefunden habe, der sich um alles Weitere kümmert.«
»Hast du es schon an jemanden geschickt?«
»Ich habe ein Probekapitel an verschiedene Verlage verschickt. Bisher ist allerdings noch niemand drauf angesprungen. Einige der Absagen waren alles andere als ermutigend.« Ich zog eine Schuhschachtel unter der Arbeitsfläche hervor und öffnete sie. Sie war vollgestopft mit Antwortschreiben von Verlagen und Agenturen.
Diesel zog den obersten Brief heraus und las ihn laut vor. »Das Konzept ist sehr gut, aber leider passt das Buch nicht in unser derzeitiges Verlagsprogramm.« Er nahm sich einen weiteren Brief. »Für uns ist dieses Buch leider nicht geeignet, aber wir wünschen Ihnen viel Glück für die Veröffentlichung bei einem anderen Verlag.« Er kramte in der Schachtel. »Hier ist eine mit Buntstift beschriebene Serviette.«
Daran konnte ich mich sehr gut erinnern. Auf der Serviette stand nur ein Wort: NEIN! Ich schloss die Schachtel und stellte sie weg.
»Ich muss einfach positiv denken«, erklärte ich Diesel. »Ich habe ein Buch darüber gelesen, wie man einen Vertrag bei einem Verlag bekommt, und darin stand, dass sich Beharrlichkeit irgendwann auszahlt.«
Diesel zog mich an sich und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. »Bei mir klappt das.« Sein Handy klingelte, und er meldete sich. »Ja?« Er lauschte einige Minuten und starrte dabei auf seinen Schuh. Als er seinen Blick auf mich richtete, wirkte er nicht sehr glücklich. Er nickte schweigend und stimmte dem Anrufer offensichtlich zu. »Ich kümmere mich darum«, sagte er und legte auf.
»Schlechte Nachrichten?«, fragte ich.
»Wenn Wulf jemanden tötet, verwendet er eine alte chinesische Technik, die man Drachenklaue nennt. Soviel ich weiß, ist er der einzige noch lebende Mensch, der auf diese Weise tötet. Wir können beide Energie in unsere Hände leiten, aber Wulf kann damit sogar Brandwunden verursachen. Du hast das selbst bereits erfahren. Er bricht seinen Opfern das Genick und brennt ihnen dabei sein Zeichen ein. Der Mann, der dafür abgestellt war, Steven Hatchet, dein verrücktes Pendant in Florida, zu bewachen, wurde soeben in einer Mülltonne gefunden. Sein Genick war gebrochen, und er trug einen eingebrannten Handabdruck. Und Hatchet ist verschwunden.«
Ich schwankte und streckte meine Hand nach Diesel aus. Das Blut rauschte aus meinem Kopf nach unten in meine Füße, und ich hatte das Gefühl, als wären Spinnweben in meinem Gehirn. In meinem Kopf dröhnte es.
Diesel setzte mich auf einen der Barhocker
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