Zügel der Leidenschaft
Kinder. Denk darüber nach ...«
»Ja. Ja ... ich denke schon Jahre darüber nach.«
»Doch du wirst bald eine Entscheidung treffen müssen. Die Desirée wird in einem Monat absegeln.«
»In einem Monat?« flüsterte sie.
»Schau nicht so erschrocken, Liebste. Sicher kann eine Dame, die ein großes Gut leitet und zwei Kinder großzieht, die ein Kolleg gegründet hat, Regatten segelt, jagt und Zeit findet, die Freuden des Lebens zu genießen, noch eine einzige weitere Entscheidung treffen. Du hast doch noch vier Wochen Zeit.«
Der Monat verging wie im Flug, und schon begannen die Blätter sich bunt zu färben. Fitz verbrachte eine weitere Woche mit ihnen, ehe er nach Cambridge zog, und May lernte, ›Peter Rabbit‹ zu lesen, weil Kit sehr viel Zeit mit ihr verbrachte und sie darauf drängte, selbst lesen zu können. Nicht ein einziges Mal brachte er die Scheidung zur Sprache, und Angela glaubte fast, sie könnten glücklich und verliebt sein, ohne irgendwelche unlösbaren Probleme bewältigen zu müssen.
Sie klammerte sich an ihn wie ein junges Mädchen im ersten Rausch des Verliebtseins, wollte ihn ein dutzendmal in der Stunde berühren, und er genoß ihre Anbetung und bot ihr dafür seine an. Sie erfuhren beide zärtliche Ergebenheit und hingegebene Liebe, eine große Leidenschaft als Begleiterin ihrer Lust, die noch intensiver wird, wenn sie mit Liebe gepaart ist. Diese kostbare Zuneigung eröffnete ihnen neue Dimensionen und die tiefsten Winkel ihrer Herzen.
Die Explosion ereignete sich völlig unvorhergesehen. Beide erwarteten zu viel – oder nicht genug.
Es begann in aller Freundlichkeit, fast romantisch. Sie saßen nach dem Abendessen bei einem Drink in der Bibliothek. May war schon im Bett, und große Zufriedenheit erfüllte ihre Herzen. Kit saß schlank und schön in seinem Smoking in einem der tiefen Ledersessel, hatte die langen Beine von sich gestreckt, und sein Blick ruhte warm und liebevoll über den Rand seines Whiskeyglases hinweg auf ihr.
»Ich habe dir noch nie Schmuck geschenkt«, sagte er.
»Du hast mir so viel geschenkt«, murmelte sie, so verliebt, daß ihr das Herz wehtat. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa, stützte sich auf die Armlehne und lächelte ihn an. Ihr Haar und ihr Kleid glänzten im Lampenschein hell auf.
»Ich habe etwas für dich.« Er stellte sein Glas ab und erhob sich. Dann ließ er eine Hand in die Westentasche gleiten, trat zur Couch und zog das Objekt hervor. »Ich hätte nie gedacht, daß ich das jemals tue«, murmelte er mit schiefem Grinsen und ließ sich anmutig auf ein Knie fallen. Dann blickte er mit einem zauberhaftem Glänzen in seinen grünen Augen zu ihr hoch und fragte leise: »Willst du mich heiraten und mich zum glücklichsten aller Männer machen?«
Damit zog er ihre rechte Hand vom Schoß und ließ einen spektakulären Brillantring auf ihren Ringfinger gleiten.
»Der da ist im Weg«, meinte er, auf den Ehering an der linken Hand pochend. »Für den Augenblick ...« Er lächelte ihr zu.
Als sie keine Antwort gab, blickte er sie einen Moment scharf an, setzte sich auf den Teppich, und mildes Staunen machte sich in seiner Miene breit. »Müßtest du nicht eigentlich jetzt etwas sagen?«
»Warum kann es nicht so bleiben, wie es ist?« Ihre Stimme klang kaum lauter als ein Flüstern.
»Weil«, sagte er mit Nachdruck und leichter Kühle im Blick, »mir nicht daran liegt, dich mit jemandem zu teilen.«
»Das brauchst du doch nicht.«
Er atmete lang und gepreßt aus. »Doch, was immer du auch sagst. Und das gefällt mir nicht.«
»Wer weiß, was Brook anstellt, wenn ich versuche, mich scheiden zu lassen. Er wird mit Sicherheit den Prinzen von Wales hineinziehen.«
»Und wen zum Teufel kümmert das?« erwiderte er kühl und erhob sich rasch, weil er die Regeln des Adels stark mißbilligte.
»Alle Einzelheiten meines Lebens würden in den Zeitungen breitgetreten. Darunter würden meine Kinder leiden. Meine Familie wäre entsetzt. Die Königin ...« Sie brach unter Kits eindringlichen Blicken ab.
»Ich verstehe euch Briten nicht«, knurrte er. »Du handelst, wie es dir verdammt nochmal recht ist, und ignorierst sämtliche gesellschaftlichen und moralischen Konventionen – deine einzige Ursünde ist Offenheit. Warum spielt es eine Rolle, was andere denken? jeder weiß doch, wen du gerade vögelst.«
»Bitte, Kit, versuch, mich zu verstehen.«
»Was soll ich verstehen? Daß alle hier eine Farce leben, daß nichts so ist, wie es
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