Zügel der Leidenschaft
hingeschoben hatten. »Wir sind an dem Punkt angelangt, meine Liebe, wo wir die Geldangelegenheiten einmal ernsthafter diskutieren müssen.«
»Habe ich dir nicht immer alles gegeben, Brook, was du brauchtest? Sicher war eine so dramatische Aktion nicht nötig.« Wenn sie sich kerzengerade hielt, dachte sie, dann bekam sie vielleicht das Zittern unter Kontrolle. Sein fahles Gesicht bot einen schrecklichen Anblick – es war wie die Maske eines Irren.
»So einfach ist das nicht, Angela.« Er hob sein Glas und leerte es. Dann schenkte er sich mit einer raschen, unsicheren Bewegung nach und schwenkte das Glas in ihre Richtung, wobei der Schnaps auf den Teppich schwappte. »Auf unsere neue finanzielle Vereinbarung«, sagte er großspurig. Sein bösartiges Lächeln dabei löste größtes Entsetzen in ihr aus.
»Und die wäre?« fragte sie, fast benommen vor Angst, doch sie zwang sich zu einer Antwort, weil sie ihre Furcht verbergen wollte.
»Diesmal will ich alles«, sagte er leise. Seine Stimme klang wie ein Flüstern aus der Hölle.
Wie ein Hammerschlag traf sie die Erkenntnis, in welcher Gefahr sie nun stand. Wenn sie zustimmte, brauchte er sie nicht mehr; wenn nicht, würde er sie mit Freuden so lange malträtieren, bis sie zustimmte. »Warum besprechen wir das nicht beim Essen weiter?« sagte sie in der Hoffnung, damit Zeit für eine mögliche Flucht zu gewinnen. »Ich bin sicher, daß wir zu einer Vereinbarung kommen.«
»Wie gelassen du bleibst, meine Liebe.«
»Wir schaffen es seit Jahren in unserer Ehe, Abmachungen zu treffen, Brook. Ich bin sicher, das schaffen wir auch diesmal.« Es kostete sie ungeheure Mühe, so gelassen zu sprechen und unter seinem bösen Blick die Haltung zu bewahren.
»Es gibt eigentlich nichts mehr für dich zu vereinbaren«, entgegnete er unverblümt. »Von jetzt an habe ich das Sagen.«
»Ach so. Dann kann ich also gehen?«
»Erst, wenn du ein paar Papiere unterzeichnet hast.«
»Dazu brauchst du doch sicher Zeugen.«
»Die habe ich. Noch weitere Fragen?« fragte er sarkastisch.
»Wann kann ich gehen?« Das war ihr wichtigstes Ziel.
»Wir werden sehen«, sagte er mit drohendem Unterton. »Momentan darfst du nach oben gehen. Ich brauche dich erst morgen früh wieder.« Er entließ sie mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Als sie das Zimmer verließ, folgten ihr die beiden Männer, die die Tür bewacht hatten, die Treppe hinauf und behielten sie auch im Auge, als sie kurz die Räume inspizierte, die von dem schmalen Gang abgingen. Sie suchte sich das letzte Zimmer aus, weil es möglicherweise einen Ausweg in den ungepflegten Garten bot. Doch als sie nach Schließen der Tür zum Fenster trat, erkannte sie, daß der Abstand zum Boden draußen gefährlich hoch war.
Einer der Männer brachte ihr ein einfaches Abendessen – einen Teller mit Brot und Käse, aber sie aß trotz ihrer gefährlichen Lage mit Appetit. Wegen der Schwangerschaft war sie ständig hungrig.
An diesem Abend blieb sie lange auf und überlegte, wie sie mit ihrem Mann fertig würde. Vielleicht war er am Morgen, wenn er nicht betrunken war, nachgiebiger, und sie könnten hinsichtlich ihres Vermögens zu einer Vereinbarung kommen. Vielleicht konnte sie einfach die Papiere unterzeichnen und sich auf den Weg machen, dachte sie voll Optimismus, denn wenn sie ihn erst los war, hatte sie genügend Zeit, die erzwungene Unterschrift zu widerrufen. Vielleicht boten die Zeugen ihr eine Chance, der Verhandlung zu entkommen, wenn ihr Mitgefühl einen Preis hatte. Doch gleich, was sie vorhatte, sie war völlig auf sich gestellt. Kit würde sie hier niemals finden; sie hatte dieses Haus selbst noch nie gesehen.
Am Nachmittag, als man die Vorräte verladen hatte, ließ Kit Fitz in der Obhut des Ersten Offiziers zurück und machte sich auf den Weg zu dem Treffen mit Chambers und den Anwälten, die er in dessen Büro bestellt hatte. Kurz nach dem Anlegen hatte Kit Chambers einen Brief mit einem kurzen Überblick über seine Pläne geschickt.
Unterwegs machte Kit kurz in seiner Wohnung halt, wo er Whitfield von der Planänderung unterrichtete, ehe er sich mit Chambers und den Anwälten zusammensetzte, um die Verfahrensweise und die gesetzlichen Vorschriften für eine Scheidung nach englischem Recht durchzusprechen. Sie diskutierten das Vorgehen in allen Einzelheiten, doch als Kit Brooks Drohung erwähnte, den Prinzen von Wales in die Scheidung zu verwickeln, falls Angela diese beantragte, wurden die Männer sichtlich
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