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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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dankbar.«
    Innerhalb der nächsten halben Stunde war alles geregelt. Man fand einen Kutscher, spannte die Pferde an, schaffte die Leichen fort, und Haversham und der Konstabler verfaßten die nötigen Berichte. Nachdem die Kutsche mit der Gräfin abgefahren war, diskutierten die Männer die stahlharten Nerven des Amerikaners, der drei Männer erledigt hatte – und zwar im Zeitraum eines einzigen Atemzugs. »Hat nicht mal dabei geschwitzt«, sagte Haversham mit vor Bewunderung weit aufgerissenen Augen. »Und dann hat er sich ohne mit der Wimper zu zucken die Leichen angeschaut. Alles Kopfschüsse. Alle drei über der linken Seite des rechten Auges. Wenn man die Toten betrachtet, würde man meinen, er hätte sie in einer Reihe vor sich aufgestellt gehabt, statt überall im Raum verteilt.«
    »Damit hat er wohl allen einen Dienst erwiesen«, meinte der ältere Polizist. »Ein Mann, der seine Frau schlägt, ist kein richtiger Mann.«
    »Ich wollte es eigentlich nicht laut aussprechen, aber ich bin froh, daß er tot ist«, murmelte Angela beim Abfahren und warf einen letzten Blick auf das Haus, das so leicht ihr Grab hätte werden können. »Bin ich deswegen ein schlechter Mensch?«
    »Du bist in keiner Weise schlecht«, sagte Kit, der sie auf dem Schoß hielt und versuchte, ihre Verletzungen gegen das Holpern der Kutsche zu polstern. »De Grae war ein Schurke. Du hingegen hast für unsere Rettung gesorgt und uns die Chance dazu gegeben, als du ihn mit der Feder verletzt hast.«
    »Ich hatte die Chance, weil du mir zu Hilfe geeilt bist«, murmelte sie. »Danke, daß du mich gefunden hast.«
    Gut, daß ich dich rechtzeitig gefunden habe, dachte er und spürte den Flügelschlag seiner Schutzengel in der sehr knappen Gleichung von Entfernung und Zeit. »Ich wünschte nur, ich wäre früher dagewesen«, sagte er ernst, »um dir das hier zu ersparen.« Sanft strich er über die deutlichen Würgemale an ihrem Hals.
    »Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
    Daraufhin berichtete er ihr von seiner Suche nach Brook, seinem Besuch in Greville House und der Hilfe der alten Gräfin.
    »Dann verdanke ich ihr also mein Leben?«
    Er seufzte und wog ab, ob er ihr widersprechen sollte. Sie hatte schon so viel zu bewältigen. »Teilweise ja«, gab er mit Vorbehalt zurück, weil ihm der wichtige Beitrag der Gräfin klar war. Aber er würde der alten Dame nicht verzeihen, daß sie ihrem Sohn ermöglicht hatte, so lange mit seinen Schlechtigkeiten fortzufahren. Man hätte ihm schon vor Jahren die Hände binden sollen. Für Angelas Qualen war sie in gewisser Hinsicht mitverantwortlich.
    Verantwortlich waren aber auch die unausgesprochenen Regeln der Gesellschaft, die Täuschung, Betrug und Vertuschungen duldete und das Leben vieler im Namen der Klassenehre beeinträchtigten.
    »Zur Beerdigung gehe ich nicht«, erklärte sie entschieden.
    »Das würde auch niemand von dir erwarten.«
    »Ist es nun wirklich vorbei?« Ihre Stimme klang ängstlich und bedrückt, als hätte sie zu lange gelitten.
    »Es ist vorbei«, bestätigte er sanft.
    »Was soll ich Fitz und May sagen?«
    »Fitz sollte die Wahrheit erfahren. Ansonsten wird er schauerlich ausgeschmückte Klatschgeschichten hören, obwohl Haversham mir zusicherte, daß er einige Enthüllungen verhindern kann. Aber May ist noch zu klein. Du kannst das immer noch entscheiden, wenn sie älter ist.«
    »Und mein neues Baby?« Nun lächelte sie ihn mit süßer Hoffnung im Blick an.
    Dieses erste Lächeln schenkte auch ihm Hoffnung: seit dem Mord hatte sie fast verzweifelt gewirkt. »Dieses neue Kind wird keine Ahnung davon haben, wieviel Schlechtigkeit es in der Welt gibt, meine Liebste«, erklärte er sanft. »Das verspreche ich dir.«
    Sie konnten nicht sofort zum Pearl River aufbrechen, denn es gab noch rechtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit Brooks Tod zu regeln, bei denen Angela zugegen sein mußte. Doch als alle Papiere unterzeichnet und alle Abmachungen des alten Ehekontrakts abgewickelt waren, konnten sie das Land verlassen.
    Zunächst aber planten sie, zu Weihnachten in kleinstem Kreis in der Kapelle auf Easton zu heiraten; nur die Kinder, die Familie und ein paar enge Freunde würden dazu eingeladen, denn die Gesellschaft würde eine so rasche neue Eheschließung nach dem Tod des ersten Mannes mißbilligen – obwohl Brook versucht hatte, seine Frau umzubringen.
    »Scheißgesellschaft!« hatte Kit mit seinem unübertroffenen Charme und unverschämtem Lächeln ausgerufen. »Als ob

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