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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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gewesen, weil sie ihre Zukunft gern selbst in der Hand hatte. Sie konnte kaum eine ihrer Dienerinnen bitten, für sie zum Apotheker im Dorf zu gehen und Kondome zu kaufen – wenn der überhaupt welche führte. Verflixt!
    Sie betrat das angrenzende Badezimmer, wo Nellie bereits mit einer heißen Wanne auf sie wartete, und erwog die begrenzten Möglichkeiten, die ihr an diesem Wochenende zur Verfügung standen. Mit Kit würde sie erst am Abend wieder sprechen, und so konnte er erst am folgenden Tag zum Apotheker gehen, aber ob es in dem schläfrigen kleinen Dorf überhaupt Kondome gab, war etwas, das sie nicht beurteilen konnte. Sie ließ sich in das warme, beruhigende Wasser gleiten und schloß die Augen, als könne sie das Problem hinwegwünschen. Doch die schwerwiegenden Konsequenzen beschäftigten ihre Gedanken weiter. Sie konnte es nicht riskieren, schwanger zu werden. Brook war wegen ihrer letzten Schwangerschaft sehr unangenehm geworden, und wenn er nicht ohne jeden Zweifel gewußt hätte, daß das Kind seines war – und das war es, denn die Umstände von Mays Empfängnis waren furchterregend schrecklich gewesen –, dann wäre sie in großer Gefahr gewesen.
    Er war von der Reinheit der Blutslinie seiner Familie geradezu besessen; das Erbe der Grevilles war der empfindlichste Punkt seiner Ehre. Wie seltsam, wenn er selbst keine Ehre kannte! Brook war allerdings auch nicht völlig bei Verstand, wie sie zu spät gemerkt hatte. Sie hatte mit siebzehn einen Mann geheiratet, den ihre Mutter und ihr Stiefvater für sie ausgesucht hatten, war einen Monat nach der Hochzeit schwanger geworden und hatte kurz vor dem ersten Weihnachtsfest ihrer Ehe, als sie bereits hochschwanger war, erfahren, daß ihr Mann einen grausamen Zug hatte, den ihr Schwiegervater gelassen als Brooks ›unglückliche Vorliebe‹ bezeichnete.
    Als sie eines Tages früher von einer Anprobe in London zurückgekehrt war, war sie dazugekommen, wie er eine junge Zofe auspeitschte. Die Schreie aus seinem Schlafzimmer waren zu schmerzerfüllt, um sie ignorieren zu können. Beim Anblick dessen, was sich ihr bot, als sie die Tür öffnete, war sie in Ohnmacht gefallen. Und als sie am gleichen Abend ihre Sachen gepackt und das Haus verlassen hatte, hatte niemand in ihrer oder seiner Familie sich über seine Taten überrascht gezeigt. Sie hatte sich damals gefühlt, als sei sie von beiden Familien unschuldig geopfert worden.
    Als sie ihm mit Scheidung drohte, hatte sie herausgefunden, daß sie nicht genügend Gründe anführen konnte. Sie konnte sich nur wegen Bigamie oder schwerer Grausamkeit von ihm scheiden lassen. Doch aufgrund der herrschenden Doppelmoral konnte Brook, falls er sich von ihr trennen wollte, dafür sorgen, daß sie ihr Kind nie wiedersah. Ihr Anwalt hatte ihr auch erklärt, daß das Gesetz ihrem Ehemann erlaubte, sie einzusperren, falls er das wünschte, um sie zum ehelichen Verkehr mit ihm zu zwingen. Sie war mit ihrer Heirat in den Besitz ihres Vermögens gelangt, erkannte nun aber schockiert, welche Grenzen der Stand der Ehefrau ihrer Unabhängigkeit auferlegte. Schließlich hatte ihr Reichtum sie jedoch geschützt, genau so wie ihr Ehevertrag – fester Bestandteil aller Adelsehen – und die Tatsache, daß die Besitzrechte von Frauen inzwischen vom Britischen Parlament verankert worden waren. Sie erkaufte sich also ihre Freiheit mit einer hohen jährlichen Zahlung an die Grevilles.
    Doch vor Brook war man nie vollständig sicher. Und seine Familie hatte sein Verhalten nicht immer unter Kontrolle.
    Sie war daher äußerst besorgt wegen einer möglichen Schwangerschaft – das war sie immer gewesen.
    Der Lunch wurde auf der Terrasse serviert. Das Wetter war perfekt an diesen letzten warmen, trägen Tagen des Augusts – die schläfrige Neige des heißen Sommers. Das Mahl im Freien wirkte so bunt und fröhlich wie eine Theaterkulisse: Die Frauen, schön gekleidet in allen Farben des Regenbogens, die üppigen Speisen und Blumen auf dem langen leinengedeckten Tisch, Lachen, Unterhaltung und funkelnder Wein.
    Am Kopf des Tisches aber saß die Gastgeberin, die alles überstrahlte.
    »Benutzt sie eigentlich Rouge und Schminke, Maman?« fragte Priscilla verdrießlich mit einem Blick auf Angelas strahlendes Aussehen. Ihr Kleid aus aprikosenfarbenem Organza betonte ihr helles Haar und die rosigen Wangen.
    »Es liegt am Schnitt ihres Kleides, Schatz«, meinte Charlotte. »Es ist so schlicht wie für ein Schulmädchen. Und die Stoffe bei Worth

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