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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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mischt, wie du es gestern abend getan hast – in dem langen Bogen?«
    »Dazu braucht man ein wenig Übung. Ich zeige dir aber, wie man das Blatt seines Gegners im Kopf behält. Das ist noch nützlicher; ich habe das von einem alten Spieler in Rio gelernt.«
    »Du bist aber auch schon überall gewesen, nicht wahr?« fragte Fitz mit leiser Sehnsucht in der Stimme.
    »Fast überall ... aber es gibt Orte in der Welt, die ein zweites Mal zu besuchen ich nicht empfehlen würde.« Kit lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. In seinem Tweedjackett und den Reithosen wirkte er eher wie ein Gutsherr, ganz im Gegensatz zu den gefährlichen Orten, an die er sich nun erinnerte.
    »Nimmst du mich irgendwann einmal mit?« Fitz hatte die Augen sehnsüchtig aufgerissen.
    »Ich nehme euch alle einmal mit, sobald sich deine Mutter dazu durchgerungen hat, die gesellschaftlichen Regeln zu brechen, die sie so eng einschnüren.«
    »Ich habe einmal gesehen, wie er Mutter schlug«, sagte Fitz nun leise. Diese Bemerkung paßte eigentlich nicht hierher, doch seine zitternde Stimme verriet, wie wichtig es plötzlich für ihn war, dies preiszugeben. »Er hat sie aufgehoben und durch das Zimmer geschleudert. Von einer Sekunde zur anderen saß sie auf dem Boden.« Sein Gesicht war vor Schmerz angespannt. »Sie hat gesagt, ich solle hinausgehen. Aber ich hätte ihr beistehen sollen.«
    »Mach dir nur keine Vorwürfe«, murmelte Kit und griff über den Tisch, um seine Hand auf Fitzs Finger zu legen, die verspannt und fahl auf dem Tischtuch lagen. »Das ist de Graes Schuld. Niemand anderen trifft hier ein Vorwurf.«
    »Ich hätte ihr aber helfen sollen«, wiederholte der Junge flüsternd und mit niedergeschlagenem Blick.
    »Du warst doch damals noch ein Kind«, sagte Kit sanft.
    »Und deine Mutter wollte nicht, daß auch dir wehgetan wird.«
    »Ich hasse ihn«, flüsterte Fitz.
    »Du und ich können deine Mutter von jetzt ab beschützen. Es wird alles gut.«
    Fitz hob den Blick wieder und sah Kit in die klaren, grünen Augen. »Ich bin froh, daß du hier bist.«
    Kit nickte. »Ich auch.«
    Fitz blieb eine weitere Woche, ehe er sich mit Freunden zu einer Wanderung durch den Lake District traf – eine letzte kurze Ferienwoche, ehe das Herbstsemester begann.
    »Du hast ihm gut gefallen«, sagte Angela nach seinem Abschied. »Er meinte, du wärest gut für mich.«
    »Ein sehr wacher Junge«, murmelte Kit und lächelte sie über den Frühstückstisch hinweg an. »Er ist nach dir geschlagen«, fügte er hinzu. »Genau so natürlich. Ich mag ihn auch sehr.«
    »Er hat auch das Aussehen der Lawtons geerbt, findest du nicht?«
    »Ja, ausgesprochen. Er sieht gut aus und hat fabelhafte Manieren – am wichtigsten aber ist, daß er ein ausgezeichneter Segler ist«, meinte Kit grinsend. »Das hast du gut gemacht, Maman.«
    »Er war jahrelang alles, was ich hatte«, erwiderte sie leise.
    »Und jetzt hast du auch noch mich«, bot er ihr mit seiner offenen Herzlichkeit an, die ihr so guttat. »Und da wir gerade von dieser zärtlichen Bindung sprechen, ich möchte, daß du mit mir nach London kommst. Ich habe dort zwei Verabredungen, denen ich nicht aus dem Weg gehen kann.«
    »Ich weiß nicht«, zögerte sie. »Das wäre vielleicht unklug. Dort könnte uns jemand sehen.«
    »Dann bleib in meiner Wohnung. Dort kannst du völlig inkognito sein. Ich muß meinen Bankier wegen einer Schiffsladung aus China sprechen. Das dauert einen, vielleicht zwei Tage, und dann können wir nach Easton zurückkehren.«
    »Ich könnte dann natürlich in meinen Laden in der Bond-Street gehen und fragen, ob sie etwas aus meiner Nähschule in Easton brauchen.« Angelas Laden war auf Hochzeiten und Aussteuern spezialisiert, und in ihrem riesigen Bekanntenkreis waren die Fähigkeiten der Mädchen aus der Nähschule stark gefragt. Wie bei dem landwirtschaftlichen Kolleg hatte man sie dafür kritisiert, ein Geschäft eröffnet zu haben. Von ihren Freunden wurde jegliche Handel als ›deklassée‹ betrachtet. Doch Angela war praktisch veranlagt und hielt die Gelegenheit, ihren Pächtern Arbeit zu verschaffen, für wichtiger als gesellschaftliche Grenzen. 20
    »Dann ist es also abgemacht. Können wir morgen gleich fahren?«
    »Aber nur für zwei Tage. Ich möchte May nicht allzu lange allein lassen.«
    »Zwei Tage«, stimmte er zu.

18
    Als sie am nächsten Tag in Kits Wohnung in St. James ankamen, begrüßte der Butler sie mit ungewohnter Zurückhaltung. Kit fragte sich einen Moment lang, ob

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