Zügel der Leidenschaft
Vorstellung, nicht wahr?« fragte Angela.
»Du magst Kit sehr, oder?«
»Ja, sehr.«
»Und er dich auch, das weiß ich.«
»Willst du uns verkuppeln?« neckte Angela.
»Er würde dir nie so weh tun wie de Grae.«
Stille senkte sich über den Raum, weil beide ihren unangenehmen Erinnerungen nachhingen.
»Nein, er würde mir niemals so weh tun«, antwortete Angela leise, doch auch ein Hauch Melancholie erfüllte ihre Seele, als sie an den Schmerz dachte, den sie leiden würde, wenn Kit sie verließe – was er schließlich tun würde. Er konnte nicht unendlich lange in England bleiben.
Und trotz aller Hoffnungen ihres Sohnes war es nicht so leicht, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen.
Doch in den folgenden Tagen wurden alle unangenehmen Möglichkeiten ignoriert, und die kleine Familie erlebte glückliche Tage auf Easton. Kit hatte sich seine Ponys und die Poloausrüstung von London herschicken lassen, und Fitz und er trainierten jeden Morgen auf dem Feld in der Nähe von Stone House.
Kit unterwies Fitz in den Grundlagen. Sie bauten sich ein richtiges Polofeld mit Toren, damit er üben konnte, wie schnell man ritt und wie man Entfernungen einschätzte, mit wieviel Kraft man den Schläger führte, um den Ball übers Feld zu treiben, sowie die scharfen Kehren, die für den Erfolg eines Spielers einfach unabdinglich waren. Immer wieder überquerten sie das Feld, manchmal in langsamem Tempo wie in einem getragenen Ballett. Dann unterbrachen sie nach jedem Zug und diskutierten ihn, doch kurz darauf fielen sie wieder in gestreckten Galopp, vor Freude und Spaß schreiend und jubelnd.
Es war eine Zeit der tiefsten Zufriedenheit für Angela, wenn sie ihren Sohn in Freundschaft mit dem Mann erlebte, den sie liebte, und sie und May saßen oft auf der Veranda von Stone House und schauten dem Treiben auf dem Polofeld zu. Die beiden Männer gesellten sich zum Mittagessen zu ihnen, und die Diener wurden entlassen, sobald aufgetragen war, damit sie in dem kleinen Haus unter sich waren.
Kit aß am liebsten in der Küche, damit May dort den Tee für sie bereiten konnte – was sie mit allergrößtem Stolz tat. Sorgfältig zählte sie die Löffel Tee in die Kanne und nahm die Hilfe der Erwachsenen nur in Anspruch, wenn der Kessel mit dem kochenden Wasser gehoben werden mußte. Sie wußte genau, wie lange fünf Minuten auf der Uhr dauerten, und wenn sie den Tee in die Tassen einschenkte, strahlte sie vor Stolz.
Und keine andere fragte: »Milch oder Zitrone?« mit solchem Charme.
Auch Fitz' Selbstbewußtsein nahm unter Kits freundlicher Anleitung zu, denn ein männliches Rollenvorbild hatte bisher in seinem Leben gefehlt. Er lächelte und lachte öfter und konnte über seine bevorstehende Verlobung sogar albern scherzen – was einen großen Unterschied zu seiner Verstörung bedeutete, als er England im Juli hatte verlassen müssen.
»Gewöhn dich daran«, neckte Kit ihn. »Du mußt noch einer ganzen Armee von Frauen aus dem Weg gehen, die dir nachstellen, bis du endlich diejenige findest, du du liebst.« Dabei hatte er Angela mit solcher Zärtlichkeit angelächelt, daß sie ihm sämtliche Frauen verzieh, die ihm jemals nachgestellt hatten.
»Mit den Frauen komme ich schon zurecht«, meinte Fitz leise lächelnd, »es ist de Grae, vor dem ich Angst habe.« Dann furchte er die Brauen – eine übliche Reaktion, wann immer er den Namen seines Vaters aussprach.
»Deine Mutter und ich werden uns schon mit de Grae befassen«, hatte Kit darauf ruhig gesagt. »Du bist viel zu jung für eine Heirat.«
Darauf hatte sich der Junge sichtlich entspannt. Kits Anwesenheit schenkte ihnen beiden ein starkes Gefühl von Sicherheit.
Nach dem Lunch gingen Angela und May nach oben, weil es Zeit für Mays Mittagsschlaf war, und die Männer unterhielten sich bei den Resten der Zitronencreme über Fitz' letztes Schuljahr, das bald beginnen würde. Sie tauschten ihre Erinnerungen an die Schultyrannen und Lehrer und an die Jungenstreiche aus, an denen sich seit Kits Tagen nicht viel geändert hatte. Kit fragte: »Hast du auch genug Taschengeld? Wenn ich mich recht erinnere, war meins immer nach der Hälfte der Zeit ausgegeben.«
»Mama ist sehr großzügig«, antwortete Fitz. »Die Treuhänder füllen mein Konto immer auf, wenn es zur Neige geht.«
»Meine Mutter war überzeugt, man müsse Kindern Knappheit und Sparsamkeit beibringen«, lächelte Kit. »Damals habe ich angefangen, zu wetten.«
»Kannst du mir zeigen, wie man die Karten so
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