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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Arzt zurückkam, war sie schon wieder wach und konnte reden. Wir haben uns dann um beide gekümmert.«
    »Und beide sind noch einmal davongekommen«, sagte Cadfael nachdenklich. »Jedenfalls dieses Mal noch. Euer Vater ist stark und gesund, und wenn ihm nichts zustößt, wird er wahrscheinlich steinalt werden. Was aber Eure Großmutter betrifft, so sage ich Euch, was ich bereits ihr gesagt habe: Noch so eine Aufregung wäre ihr Tod.«
    »Der Verlust von so viel Geld«, sagte Susanna trocken, »war schon Aufregung genug, um sie umzubringen. Wenn sie das überlebt, kann ihr bis zu ihrem seligen Ende nichts mehr passieren. Wir sind zäh, Bruder Cadfael, sehr zäh.«
    Cadfael bog von dem Durchgang, der zur Straße führte, ab und trat durch die Seitentür in Walter Aurifabers Werkstatt.
    Diesen Weg hatte auch Walter genommen, als er die Schmuckstücke aus Gold, Silber, Edelsteinen und Emaille hierher gebracht hatte, um sie in seinen Geldkasten einzuschließen, aus dem Frau Margery sie aller Wahrscheinlichkeit nach nur mit großer Mühe wieder herausbekommen hätte, um sie anzulegen, es sei denn, hinter dieser sanften, unscheinbaren Erscheinung verbarg sich eine starke Persönlichkeit mit einem außerordentlichen Durchsetzungsvermögen. Frauen können sehr trügerisch sein.
    Als er vom Durchgang in die Werkstatt trat, war die Tür, die auf die Straße führte, zu seiner Linken. In der Mitte des Raumes stand ein hoher, mit Stoff bezogener Tisch, und an der gegenüberliegenden Wand befanden sich ein schmales Regal, ein Schmelzofen, in dem jetzt kein Feuer brannte, und die Werkbänke. An einer von ihnen saß Daniel mit düster gerunzelter Stirn und arbeitete an einer Fassung für einen Moosachat. Trotz seiner Grübeleien über das Unglück, das über seine Familie hereingebrochen war, gingen seine Finger sehr geschickt mit den kleinen Werkzeugen um. Auf der Bank neben dem Ofen saß der Geselle und wog kleine Silberbarren ab. Er mochte etwa siebenundzwanzig Jahre alt sein, dieser Iestyn, ein stämmiger Bursche mit kurzem, glattem, dunklem Haar, das von einer Kappe aus dickem Stoff bedeckt war. Er wandte den Kopf, als er Cadfael eintreten hörte. Er hatte ein breites, knochiges Gesicht mit einer dunklen Haut, buschigen Augenbrauen und tiefliegenden Augen – seine walisische Abkunft war deutlich zu erkennen. Wenn er auch nicht so gut aussah wie sein Herr, so schien er doch ein ausgeglicheneres Temperament zu haben als dieser.
    Beim Anblick von Cadfael legte Daniel sein Werkzeug beiseite. »Habt Ihr nach ihnen gesehen? Wie geht es ihnen?«
    »Im Augenblick recht gut, den Umständen entsprechend«, antwortete Cadfael. »Meister Walter hat seinen eigenen Arzt und ist nicht mehr in Gefahr. Allerdings kann er sich an nichts erinnern. Frau Juliana hat den Anfall überstanden, aber jede weitere Aufregung könnte tödlich sein. Das ist nur natürlich. Es gibt nur wenige Menschen, die ein solches Alter erreichen.«
    Nach dem Gesicht des jungen Mannes zu urteilen, überlegte er, ob es überhaupt wünschenswert war, daß jemand so alt wurde. Gleichwohl war ihm bewußt, daß er ihr Liebling war, und diese Schwäche wußte er auszunutzen. Vielleicht mochte er sie sogar, auf seine Art und soweit es zwischen der Bitterkeit des Alters und der Ungeduld der Jugend so etwas wie Zuneigung geben konnte. Er war gewiß verwöhnt, aber nicht gefühllos. Ein Alleinerbe eines Kaufmanns kann ebenso verzogen sein wie der eines Barons.
    In einem Winkel der Werkstatt stand Walters geplünderter Geldkasten, eine große, eisenbeschlagene Holztruhe, die am Boden und an der Wand festgeschraubt war. In der Absicht, einem Mitglied des Klosters, das dem Täter Unterschlupf gewährte, die Ungeheuerlichkeit dieses Verbrechens vorzuführen, schloß Daniel die beiden Schlösser auf und klappte den Deckel des Kastens auf, um zu zeigen, daß der Räuber lediglich einige schwere Silberbarren zurückgelassen hatte, die so groß und schwer waren, daß man sie nicht unter den Kleidern verbergen konnte. Die Geschichte, die er erzählte und noch so oft mit Empörung zum Besten geben würde, wie er einen Zuhörer fand, entsprach in allen Punkten der, die Cadfael von Susanna gehört hatte. Iestyn, den er bei jedem zweiten Satz zum Zeugen anrief, konnte nur nicken und jedes Wort bestätigen.
    »Und Ihr seid ganz sicher, daß nur der Jongleur der Räuber gewesen sein kann?« fragte Cadfael. »Kommt kein anderer als Täter in Frage? Es ist doch allgemein bekannt, daß Euer Vater

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