Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
ein reicher Mann ist. Würde ein Fremder denn wissen, wie groß sein Reichtum ist? Ich glaube, daß es in dieser Stadt einige gibt, die einen Handwerker beneiden, der wohlhabender ist als sie.«
    »Das ist wahr«, stimmte Daniel düster zu. »Und einer davon wohnt nicht weiter entfernt, als dieser Hof breit ist. Ihn hätte ich im Verdacht, wenn er nicht die ganze Zeit hier gewesen wäre.
    Aber er hat unser Haus gestern abend nicht einen Augenblick lang verlassen, und damit kommt er als Täter nicht in Frage. Ich glaube, daß er es war, der als erster auf den Gedanken kam, daß der Jongleur der Räuber war.«
    »Was, Euer Mieter, der Schlosser? Den hätte ich für einen guten Menschen gehalten. Er zahlt seine Miete und kümmert sich um seine Arbeit, wie alle anderen ehrbaren Handwerker.«
    »Sein Geselle John Boneth kümmert sich um die Arbeit«, sagte Daniel und schnaubte verächtlich, »und der Junge hilft ihm. Peche steckt oft genug seine lange Nase in Dinge, die ihn nichts angehen, und verbreitet lieber Geschwätz in Wirtshäusern, als seiner Arbeit nachzugehen. Wenn Ihr es genau wissen wollt: Es gibt keine Gemeinheit, die ich ihm nicht zutraue. Aber er war die ganze Zeit auf dem Fest, also kann er es nicht gewesen sein. Nein, kein Zweifel, wir waren auf der richtigen Spur, als wir Liliwin nachjagten, und das wird sich schließlich auch erweisen.«
    Sie alle erzählten dieselbe Geschichte, und es mochte sein, daß sie stimmte. Es gab nur eines, was dagegen sprach: Wo würde ein Fremder im Dunkeln eine so wertvolle Beute verstecken, so daß er sie später heimlich holen könnte? Die Familie Aurifaber mochte diesen Punkt für unwesentlich halten, Cadfael jedoch maß ihm entscheidende Bedeutung bei.
    Er trat durch dieselbe Tür, durch die er in die Werkstatt gekommen war, wieder in den Durchgang, und als er sie hinter sich schloß, entdeckte er am Türpfosten in Augenhöhe ein blondes Haar, das im Luftzug hin und her wehte und im Licht der Sonne leuchtete. Der Türpfosten, den er jetzt rechts von sich hatte, war beim Eintreten zu seiner Linken, aber noch nicht von den Strahlen der Sonne beschienen gewesen. Lang und schimmernd und hell wie Flachs war das Haar. Vorsichtig zupfte er daran, und ein kleiner, rotbrauner, getrockneter Tropfen, der es an den Türpfosten geklebt hatte und an dem ein kleineres, kürzeres Haar saß, löste sich vom Holz. Cadfael betrachtete die beiden Haare einen Augenblick lang und sah, bevor er die Tür schloß, über seine Schulter. Von hier aus war der Geldkasten an der gegenüberliegenden Wand der Werkstatt deutlich zu sehen – und ein Mann, der sich über ihn beugte, ebenfalls.
    So ein kleines Ding, und schlug doch ein riesiges Loch in die Verteidigung eines Mannes, für den es um Leben und Tod ging!
    Jemand, der etwa so groß war wie Cadfael, hatte hier am Türpfosten gestanden und in die Werkstatt gesehen – ein kleiner Mann mit blondem Haar und einer blutenden Wunde an der linken Seite seines Kopfes…

3. Kapitel
Samstag – von Mittag bis Nacht
    Cadfael stand noch da und betrachtete den winzigen und doch so vielsagenden getrockneten Blutstropfen in seiner Hand, als er von der Eingangstür des Hauses her seinen Namen rufen hörte. Im selben Augenblick erfaßte ein Windstoß die Haare und trug sie davon. Er versuchte nicht, sie festzuhalten. Warum auch? Sie hatten ihm genug gesagt. Er wandte sich um und sah Susanna in die Halle gehen und die Magd, die ein zusammengeknotetes Bündel in den Händen trug, auf sich zukommen.
    »Frau Susanna sagt, die gnädige Frau will diese Sachen nicht im Haus haben.« Sie öffnete das Bündel und zeigte Cadfael die bemalten und vom häufigen Gebrauch zerkratzten Holzbälle und -ringe. »Sie gehören Liliwin. Sie hat gesagt, Ihr würdet sie ihm bringen.« Die großen, dunkelgrauen Augen, die Cadfael fest anblickten, weiteten sich noch mehr. »Stimmt es?« fragte sie leise und drängend. »Ist er in Sicherheit, dort in der Kirche? Werdet Ihr ihn beschützen und nicht zulassen, daß man ihn von dort verschleppt?«
    »Er ist bei uns und in Sicherheit«, beruhigte Cadfael sie.
    »Niemand wird es wagen, ihm ein Haar zu krümmen.«
    »Und sie haben ihm nicht weh getan?« fragte sie besorgt.
    »Die Verletzungen, die er hat, werden schnell heilen. Für eine Weile hat er nichts zu befürchten. Er wird vierzig Tage lang in Sicherheit sein. Ich glaube«, sagte er und musterte ihr schmales Gesicht, die zarten, hervorstehenden Backenknochen unter den weit

Weitere Kostenlose Bücher