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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Madog hörte jedoch aufmerksam zu und behielt gleichzeitig den Fluß im Auge, der scheinbar ruhig und ungefährlich dahinfloß. Vor seinem geistigen Auge aber schien er die ganze Familie Aurifaber, von der alten Matriarchin bis zu Daniels junger Frau, heraufzubeschwören.
    »Also das war es, was Euch auffiel! Na, was immer es zu bedeuten hat – hier ist die Stelle. Der Bursche aus der Klostersiedlung hat seine Spuren hinterlassen. Der Boden ist ganz feucht, man sieht gut, wo er ans Ufer gekrochen ist.«
    Es war ein stiller, fast ein abgeschiedener Ort. Das kleine Ruderboot lag in einer engen, seichten Bucht, wo das Wasser so ruhig war, daß man die Hand-und Fußabdrücke des Jungen auf dem Grund sehen konnte. Unter seiner rechten Hand, erinnerte Cadfael sich, hatte die Münze gelegen, mit der er aufs Trockene gekrochen war, um sie in aller Ruhe zu untersuchen.
    Dicht am Wasser wuchsen zu beiden Seiten der Grasfläche, die sich den Hang hinaufzog, Erlen und Weiden. Der Abhang war steil genug, um nach einem Regen schnell zu trocknen, und das Gras wuchs so dicht, daß es ein luftiges Kissen für die trocknende Wäsche bildete. Nur von der anderen Seite des Flusses konnte man diese Stelle einsehen, denn zu ihren beiden Seiten wuchs dichtes Gebüsch. Saubere, weiße Kieselsteine, manche von beachtlicher Größe, die ein Stück vom Ufer entfernt zusammengetragen worden waren, dienten dazu, die Wäschestücke zu beschweren, die hier an schönen Tagen zum Trocknen ausgelegt wurden. Cadfael betrachtete sie und bemerkte einen größeren Stein, der gewiß zur Stadtmauer gehört hatte und nicht vom Wasser poliert war, sondern scharfe Ecken und Kanten besaß. Wahrscheinlich war er aus der Mauerkrone gefallen und diente zum Festmachen von Booten.
    »Fällt Euch irgend etwas Besonderes auf?« fragte Madog und stützte sich auf sein Ruder. Griffin war schon längst nicht mehr im Wasser. Er hatte sich abgetrocknet, angezogen und die Münze in die Werkstatt gebracht, die jetzt John Boneth gehörte. Seit langem schon war John der Stellvertreter seines Meisters gewesen, und jetzt hatte er dessen Platz eingenommen.
    »Ja, eine ganze Menge!« antwortete Cadfael.
    Da waren die Spuren, die die Hände und Füße des Jungen am Ufer hinterlassen hatten. Hier unten hatte er die Münze gefunden, und dort hatte er gesessen, sie abgewischt und betrachtet, bevor Griffin sie ihm abgenommen hatte. Griffin, der sie als die seines Meisters wiedererkannt hatte und der so ehrlich war, wie es nur die Einfältigen sein können. Zu beiden Seiten des Bootes standen dicht beieinander Bäume, und weiter oben am Ufer lag der Haufen schwerer Steine, unter ihnen auch der, der aus der Stadtmauer gefallen war. Im seichten Wasser unter den überhängenden Ästen der Erlen trieb Wasserhahnenfuß. Aber am auffallendsten war, daß dort, wo das Gras aufhörte, in Reichweite von Cadfaels Hand, drei kleine Pflänzchen mit roten Blüten standen: der Fuchstein, den sie flußabwärts vergeblich gesucht hatten.
    Die Kieselsteinhaufen und der große Stein sagten Madog offenbar nichts, aber die kleinen roten Blüten stachen ihm ins Auge. Sein Blick wanderte von ihnen zu Cadfaels Gesicht und dann weiter zu der seichten Stelle am Ufer, in der ein Mann, wenn er nicht bewußtlos war, wohl kaum ertrinken konnte.
    »Ist dies die Stelle?«
    Der zarte, weiße Teppich aus Wasserhahnenfuß unter den Erlenzweigen hob und senkte sich auf dem Wasser. Die Eindrücke, die die Finger des Jungen hinterlassen hatte, füllten sich langsam mit Schlamm. »Hier, auf ihrem eigenen Stück Land?« sagte Madog und schüttelte den Kopf. »Ist das denn möglich? Aber es muß hier gewesen sein – ich habe nirgends eine Stelle gefunden, an der alle drei Pflanzen wachsen.«
    »Absolute Sicherheit gibt es nur im Himmel«, sagte Cadfael bedächtig, »aber die Gewißheit, daß der Mord hier geschah, ist so groß, wie sie auf Erden nur sein kann. Vielleicht hatte er den Goldschmied bestohlen, und jemand ist ihm auf die Schliche gekommen. Vielleicht hat er aber auch zuviel über den wahren Räuber herausbekommen und war dumm genug, ihm zu sagen, was er wußte. Nur Gott weiß es! Fahrt mich zurück, Madog. Ich muß mich beeilen, um rechtzeitig zum Vespergottesdienst zu kommen.«
    Madog setzte ihn über, ohne ihm weitere Fragen zu stellen, sah ihn aber die ganze Zeit mit seinen scharfsichtigen Augen unter den buschigen Augenbrauen durchdringend an.
    »Werdet Ihr jetzt zur Burg gehen und Hugh Beringar davon

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