Zuflucht Im Kloster
sich erst um Rannilt gekümmert… Kümmere dich nicht um meine nassen Schuhe, hat sie gesagt, was ist mit deinen nassen Augen? Das hat Rannilt mir gesagt!«
Die Wäsche war also gegen Mitte des Morgens fertig gewaschen gewesen… Und Baldwin Peche war gegen Mittag des Morgens zuletzt gesehen worden. Er wollte zum Fischen gehen… Cadfael, der tief in Gedanken versunken gewesen war, wurde plötzlich und recht spät die Bedeutung dessen bewußt, was Liliwin gesagt hatte.
»Wie war das? Ihr Rock und ihre Schuhe waren naß?«
»Der Fluß hatte an jenem Tag etwas Hochwasser«, erklärte Liliwin. »Sie war auf dem feuchten Gras ausgerutscht, als sie ein Hemd auf einen Erlenzweig hängen wollte.«
Und sie war ruhig wieder ins Haus gegangen und hatte die Magd weggeschickt, damit niemand anderes ging, die Wäsche zu holen. Was für einen Grund sollte man sonst haben, durch die Tür in der Mauer zu gehen? Und erst gestern hatte Rannilt in der Eingangstür gesessen, um besseres Arbeitslicht zu haben. Sie hatte einen Riß in einem Rock geflickt, und das Braun des Saumes war verblaßt gewesen und hatte sich deutlich von der Farbe des Rockes abgehoben…
»Bruder Cadfael«, rief der Bruder Pförtner gedämpft vom Torhaus, »Hugh Beringar ist hier. Er sagt, Ihr würdet ihn erwarten.«
»Das stimmt«, sagte Cadfael und riß sich von seinen Gedanken an die Szene in der Halle des Aurifaber-Hauses los.
»Sag ihm, er möge bitte herkommen. Ich glaube, ich habe etwas Wichtiges herausgefunden.«
Der Himmel war klar, und es war noch nicht ganz dunkel.
Außerdem kannte sich Hugh Beringar im Kloster aus. Er kam mit raschen Schritten auf sie zu, schien nichts gegen Liliwins Anwesenheit einzuwenden zu haben, setzte sich gleich auf die Bank im Vorbau und zeigte ihnen auf ausgestreckter Hand eine Silbermünze.
»Ich habe sie schon bei besserem Licht untersucht. Es ist ein Silberpenny mit dem Bild des heiligen Edward, dem letzten englischen König vor dem Einfall der Normannen. Ein schönes Stück, und hier in dieser Stadt geprägt. Der Münzer war ein gewisser Godesbrond, und es gibt selbst hier, wo sie hergestellt wurden, nur noch sehr wenige Geldstücke dieser Art. In Aurifabers Aufstellung des Inhaltes seines Geldkastens sind drei verzeichnet. Und diese Münze steckte am Morgen nach dem Diebstahl zwischen den Dauben des Brunneneimers, zusammen mit einem Stück rauhen, blauen Stoff, sagt der Junge, aber er hat sich nichts dabei gedacht. Ich schätze, daß derjenige, der Aurifabers Geldkasten ausgeraubt hat, die ganze Beute in einen Sack aus blauem Stoff gesteckt und ihn in den Brunneneimer gelegt hat – das ließ sich in wenigen Augenblicken bewerkstelligen-, um ihn später, bevor die ersten Frühaufsteher zum Brunnen kommen würden, wieder an sich zu nehmen.«
»Und der, der den Sack aus dem Eimer nahm«, sagte Cadfael, »riß, ohne es zu merken, ein kleines Loch hinein – gerade groß genug, daß eine der kleineren Münzen hindurchpaßte. So könnte es gewesen sein. Und Peches Junge hat dieses Geldstück gefunden.«
»Er war an jenem Morgen der erste, der zum Brunnen kam.
Er wollte Wasser holen und fand diese Münze. Er brachte sie zu seinem Meister, der ihn dafür belohnte und ihm einschärfte, keiner Menschenseele zu verraten, was er gefunden hatte.
Peche sagte, dieses Geldstück stelle einen großen Wert dar.«
Das konnte gut sein, wenn er dadurch zu dem Schluß gekommen war, daß jemand im Haus der Aurifabers der Dieb sein mußte, jemand, den er als Bezahlung für sein Schweigen um die Hälfte der Beute erpressen konnte. Zum Fischen hatte er gehen wollen! Nach und nach begann Cadfael zu verstehen, was geschehen war. Er vergaß den jungen Mann, der, die Arme um die Knie geschlungen, neben ihm auf der Bank saß und aufmerksam zuhörte. Liliwin verhielt sich so still, daß Hugh Beringar ihn noch kaum bemerkt hatte.
»Ich glaube«, sagte Cadfael bedächtig und vorsichtig, denn auf dem Weg, den er einschlug, mochte es viele Fallgruben geben, »daß er, als er diese Münze sah, wußte oder mit großer Wahrscheinlichkeit sagen konnte, wer der Räuber gewesen war. Von diesem Wissen versprach er sich einigen Gewinn.
Wieviel sollte er verlangen? Die Hälfte der Beute? Aber selbst wenn er viel bescheidener gewesen wäre, hätte das keinen Unterschied gemacht, denn die Person, an die er sich wandte, war gewalttätig und kaltblütig genug, sofort zu handeln und keine Zeit mit Verhandlungen zu verlieren. Hört mir zu, Hugh, und
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