Zuflucht Im Kloster
erzählen?« fragte Cadfael.
»Wahrscheinlich werde ich ihn eher zu Hause aufsuchen.
Obwohl ich bezweifle, daß er schon da ist und mich erwartet.«
»Dann erzählt ihm, was wir hier gesehen haben«, sagte Cadfael sehr ernst. »Er soll sich das alles noch einmal selbst ansehen und seine Schlüsse daraus ziehen. Erzählt ihm von der Münze – denn ich bin sicher, daß es eine war –, die der Junge hier im Wasser gefunden hat, und daß Griffin gesagt hat, sie gehöre seinem Meister. Beringar soll den Jungen selbst danach fragen.«
»Ich werde ihm alles erzählen«, sagte Madog, »auch wenn ich längst nicht alles verstehe.«
»Ich auch nicht. Aber richtet ihm bitte aus, er möge, wenn er dazu Zeit hat, zum Kloster kommen und mit mir sprechen, sobald er sich auf all das einen Reim gemacht hat. Denn auch ich werde mir meine Gedanken machen, und wer weiß – mit Gottes Hilfe wird es mir vielleicht gelingen, noch vor Einbruch der Nacht die Lösung dieses Rätsels zu finden.«
Es war schon spät, als Beringar heimkehrte. Seine Erkundigungen in der Stadt hatten nichts Neues erbracht, wenn man davon absah, daß eines jetzt als sicher gelten konnte: Seit Montag mittag war Baldwin Peche von niemandem mehr gesehen worden. Auch die Nachricht, daß Frau Juliana gestorben war, schien, da sie ja schon so alt gewesen war, keine große Bedeutung zu haben – und doch hatte Hugh Beringar das unbestimmte Gefühl, daß das Schicksal nicht von ungefähr diese Familie so schwer prüfte. Was Madog ihm zu sagen hatte, verstärkte dieses unbestimmte Gefühl ganz erheblich.
»Also ganz in der Nähe seiner Werkstatt? Wie ist das möglich? Und alles beieinander – Erlen, Wasserhahnenfuß, diese roten Blumen…? Alles kehrt zu jenem Haus zurück Wo wir auch anfangen – immer wieder endet unsere Suche dort.«
»Das stimmt«, sagte Madog. »Darüber zerbricht sich auch Bruder Cadfael den Kopf, und er würde sich freuen, wenn Ihr ihn heute abend, auch zu später Stunde noch, besuchen würdet.«
»Das werde ich gerne tun«, sagte Beringar, »denn zur Lösung dieses Rätsels muß man scharfsinniger sein, als ich es bin. Geht Ihr nur nach Hause und ruht Euch aus, Madog! Ihr seid uns eine große Hilfe gewesen. Ich werde mir Peches Jungen vornehmen und sehen, was ich über diese Münze herausfinden kann, die angeblich seinem Meister gehört hat.«
Zur selben Stunde berichtete Cadfael Abt Radulfus, den er nach dem Essen aufgesucht hatte, über alles, was er bis dahin herausgefunden hatte. Ernst und nachdenklich hörte Radulfus ihm zu.
»Und Ihr habt Hugh Beringar bereits Bescheid gegeben?
Glaubt Ihr, daß er sich in dieser Sache mit Euch wird beratschlagen wollen?« Er wußte von der besonderen Freundschaft, die zwischen dem Mönch und dem Stellvertreter des Sheriffs bestand und die begonnen hatte, als er noch gar nicht Abt in Shrewsbury gewesen war. »Nehmt Euch so viel Zeit, wie Ihr wollt, wenn er heute abend kommt. Diese Verbrechen müssen so schnell wie möglich aufgeklärt werden, und ich habe immer mehr den Eindruck, daß unser Gast vielleicht gar nichts mit dieser ganzen Sache zu hin hat. Er genießt hier das Asylrecht, aber draußen geht weiterhin das Böse um. Wenn er tatsächlich unschuldig ist, muß das der Gerechtigkeit halber überall bekanntgemacht werden.«
Die Abenddämmerung senkte sich herab, als Cadfael den Abt verließ. Er hatte noch Zeit genug, gründlich nachzudenken.
Wie immer ging er zur Komplet und dann hinaus in den Vorbau der Kirche, wo Liliwin sein Lager bereitete. Der junge Mann war noch hellwach. Mit angezogenen Knien, den Rücken an die Bank gelehnt, saß er im Schatten und sang eine Melodie vor sich hin, die er gemacht hatte und mit der er noch nicht ganz zufrieden war. Als er Cadfael sah, brach er ab und rückte ein Stück zur Seite, um ihm Platz zu machen.
»Eine schöne Melodie«, sagte Cadfael und ließ sich mit einem Seufzer nieder. »Hast du sie gemacht? Du solltest sie lieber für dich behalten, sonst macht Anselm wieder eine Messe daraus.«
»Sie ist noch nicht fertig«, sagte Liliwin. »Mir fehlt noch ein schöner Schluß. Es ist ein Liebeslied für Rannilt.« Er wandte den Kopf und sah Cadfael ernst an. »Ich liebe sie wirklich. Ich werde lieber hier bleiben und mich aufhängen lassen, als ohne sie zu fliehen.«
»Ich glaube nicht, daß sie sich darüber sehr freuen würde«, sagte Cadfael. »Aber wenn Gott will, wirst du nicht vor diese Wahl gestellt werden.« Obwohl er noch immer Angst
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