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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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uns eine Delegation ehrwürdiger Priester aus Kamakura besucht, und wir haben ihnen alles gezeigt, was sie sehen wollten.«
    Jiros Marmorgesicht wurde rot. »Nun, wenn es nur ein paar Minuten dauert, kann ich Ihnen die Schriftrolle vielleicht zeigen.«
    »Sie sind wirklich sehr nett zu einem alten Mann«, sagte Mr. Ishida.
    Ein jüngerer Mönch brachte uns Tee, während Jiro ins Archiv ging, um die Rolle zu holen. Nach fünf Minuten kam er mit einem langen Holzbehälter wieder. Er legte den Behälter ab, ging zu einem Schrank und holte mehrere große Bogen säurefreies Papier heraus. Das Papier breitete er feierlich über einen langen Bibliothekstisch, bevor er die Schriftrolle langsam entrollte und die beiden Enden beschwerte. Die Rolle war genau wie meine. Ich begann unter meiner Robe zu schwitzen, als Mr. Ishida ein Vergrößerungsglas aus einer kleinen Tasche holte.
    »Das ist ein Reisebericht«, sagte er, nachdem er die ersten Zeichen gelesen hatte. »Enkelin, bitte sieh ihn dir an.«
    Ich nickte. Ich verstand das, was auf dieser Rolle stand, genausowenig wie die Zeichen auf meiner. Aber mir fiel auf, daß diese farbige Papierrolle die Zeiten besser überdauert hatte als meine. Der einzige Hinweis auf ihr Alter waren die leichten Schimmelflecken.
    Ich wartete darauf, daß Mr. Ishida die Polaroid-Fotos herausholte, die ich ihm gegeben hatte, doch das tat er nicht. Ich fragte mich, ob das daran lag, daß Jiro auf der anderen Seite des Tisches saß. Seit er die Rolle vor Mr. Ishida hingelegt hatte, ließ er ihn nicht aus den Augen.
    »Warum siehst du dir nicht die Siegel an, während ich mich mit der Schrift beschäftige?« sagte Mr. Ishida zu mir.
    In der unteren linken Ecke der Schriftrolle befanden sich drei verschiedene Siegel. Es war nichts Ungewöhnliches, daß ein Künstler in seinem Leben unterschiedliche Siegel verwendete. Ich erkannte ein langes, ovales, das aussah wie das, das ich im Katalog des Tokyo National Museum entdeckt hatte. Es hatte nur einen etwas anderen Scharlachton. Ich machte mir meine Gedanken darüber.
    Wir hörten leise Schritte draußen auf dem Flur vor dem Archiv. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah eine schwarze Robe. Es blieb uns nicht mehr viel Zeit, und ich hatte Angst, daß Wajin uns überraschen würde. »Großvater, ich denke, wir sollten jetzt aufbrechen, damit wir rechtzeitig nach Tokio zurückkommen.«
    »Ich dachte, Ihr seid aus Kyoto!« Jiro war mein Lapsus sofort aufgefallen.
    »Ja, natürlich. Ich möchte nur mit meiner Enkelin noch einen Besuch machen.« Mr. Ishida steckte sein Vergrößerungsglas weg. »Sie sind wirklich sehr entgegenkommend gewesen zu einem alten Mann. Ich werde ein Gebet zu Buddha für Sie sprechen.« Mr. Ishida nahm seinen Gehstock und bedeutete mir mit einer Geste, daß ich seine Tasche tragen solle. Uns verneigend, gingen wir auf die Tür zu.
    Vor dem Tempel sagte ich: »Die Siegel haben mir nicht gefallen.«
    »Psch, darüber sollten wir uns erst im Wagen unterhalten.« Mr. Ishida ging mit schnellen Schritten um das Gebäude herum und auf den winzigen Parkplatz zu. Sein alter Transporter stand noch dort. Als wir einstiegen, merkte ich, daß das Innere nach Räucherstäbchen roch. Mr. Ishida hatte eins der hinteren Fenster offen gelassen. In den wenigen Stunden, die der Wagen auf dem Tempelgelände stand, hatte er bereits den heiligen Duft des Tempels angenommen.
    »Nun, was halten Sie davon? Die Tinte war anders, nicht wahr? Und auch das Papier war in zu gutem Zustand.«
    »Genau. Wichtiger noch ist allerdings, daß die Gedichte auf der Schriftrolle identisch sind mit denen auf der Ihren.«
    »Das heißt also, daß die Schriftrolle des Klosters eine Fälschung ist.« Allmählich fügten sich die Teile des Puzzles zusammen.
    »Sie haben viel gelernt«, lobte mich Mr. Ishida. »Wahrscheinlich ist Ihre Schriftrolle tatsächlich die echte. Ich würde sie mir gerne genauer ansehen, nicht nur auf den Fotos.«
    »Ich auch.« Ich hörte Wajins sanfte Stimme im selben Augenblick, als mir ein leichtes, aber kräftiges Stück schwarzer Seide über den Kopf gestülpt wurde. Dann zog Wajin meinen Kopf so heftig nach hinten, daß ich Angst hatte, er würde mir das Genick brechen.
    »Was soll das, junger Mann? Wissen Sie denn nicht, wer ich bin?« sagte Mr. Ishida.
    »Sie sind Ishida, der Antiquitätenhändler aus Tokio, kein Priester.« Als Wajin das sagte, sauste ein weiteres Stück Stoff durch die Luft, und ich wußte, daß auch

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