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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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essen.«
    »Ich bin auch Vegetarierin. Dann haben wir ja etwas gemeinsam.« Merkwürdigerweise freute mich das.
    Sie lächelte etwas zögernd. »Na schön, vielleicht komme ich. Aber schauen Sie trotzdem irgendwann diese Woche vorbei und laufen Sie mit mir.«
    »Und wenn Ihre Mutter mich sieht?«
    »Sie und Tanaka-san fahren nach Tokio, um für die Teekonferenz einzukaufen. Sie werden gar nicht erfahren, daß Sie hier gewesen sind.«
    Was machte ich denn da? – Ließ mich auf eine Freundschaft ein, für die ich überhaupt keine Zeit hatte. Angesichts meines geschäftlichen Mißerfolges hätte ich nichts anderes tun dürfen als arbeiten. Außerdem bezweifelte ich, daß ich mit meiner Kondition sonderlich weit kommen würde. Aber Akemi sah mich immer noch flehentlich an. Also nickte ich und streckte ihr die Hand hin, die sie noch einmal mit eisernem Griff schüttelte.

5
    Hugh lag schlafend auf dem Sofa, ein paar Seiten des Asian Wall Street Journal über sich ausgebreitet.
    »Wo hast du dich denn herumgetrieben? Ich habe einen Abendtermin abgesagt, um etwas mit dir zu unternehmen«, murmelte er, als ich vorsichtig die Zeitung wegzog.
    »Ich kriege die tansu nicht los«, sagte ich mit einem Blick auf die Kommode, die immer noch mitten im Wohnzimmer stand. »Könnten wir sie wenigstens in ein anderes Zimmer stellen? Ich will sie nicht die ganze Zeit vor Augen haben.«
    »Gut, bringen wir sie ins Arbeitszimmer. Vielleicht kann mein Bruder seine Sachen reintun.« Hugh stand auf und streckte sich.
    »Angus!« Den hatte ich fast vergessen.
    »Er kommt morgen am frühen Nachmittag an. Ich dachte, die Sache mit der Kommode wäre bis dahin erledigt. Kannst du ihn trotzdem abholen?« fragte Hugh, während wir die tansu ins Arbeitszimmer trugen, in dem sich bereits ein Faxgerät, zwei Computer und der Gästefuton befanden.
    »Die Sache ist noch nicht erledigt.« Nachdem wir die Kommode beim Fenster abgestellt hatten, sank ich auf den Futon und erzählte ihm alles: Die Weigerung von Hita Fine Arts, die Verantwortung für die Kommode zu übernehmen; Mr. Sakais Verschwinden; Nana Mihoris eisige Reaktion.
    »Du bist also den ganzen Tag herumgelaufen, ohne etwas zu erreichen«, sagte Hugh und massierte meinen verspannten Rücken. »Mir ist’s ganz ähnlich gegangen. Manchmal frage ich mich, warum ich noch hier in Japan arbeite.«
    »Nun, du hast im Gegensatz zu mir heute wahrscheinlich einen Haufen Geld verdient. Ich hab lediglich eine neue Bekanntschaft gemacht: Akemi Mihori.«
    »Die Sportlerin?«
    »Ja. Ich habe den Eindruck, daß sie einsam ist. Jedenfalls hat sie mich gefragt, ob ich übermorgen mit ihr joggen möchte, und vielleicht kommt sie auch zu unserer Cocktailparty.«
    »Joggen? Du meinst laufen?« Hugh schwieg einen Augenblick. »Schatz, du kannst nicht von einem Tag auf den anderen Marathonläuferin werden! Wenn du schon unbedingt Sport machen willst, dann versuch’s mal mit meiner Rudermaschine.«
    »Ich mache lieber im Freien Sport«, sagte ich, ein wenig beleidigt. »Morgen gehe ich in den Park zum Üben.«
    »Morgen soll’s über dreißig Grad werden. Das sind nicht die richtigen Temperaturen zum Laufen, schon gar nicht für jemanden, der sonst keinen Sport treibt.«
    »Ich mach’s trotzdem. Ich muß.«
    Hugh gab mir einen Kuß. »Denk morgen früh noch mal drüber nach. Jetzt solltest du erst mal ein entspannendes Bad nehmen und dich massieren lassen. Ich zeige dir, was ich in Thailand gelernt habe.«
     
    Die Massage führte zu etwas noch Angenehmerem. Ich entspannte mich herrlich, aber am nächsten Morgen verschliefen wir und hatten nur zwanzig Minuten Zeit für eine schnelle Tasse Tee, bevor Hugh in die Arbeit fuhr. Ich war immer noch wild entschlossen, zum Joggen zu gehen. Ich zog eins von Hughs Unterhemden an, Shorts und die fleckigen Turnschuhe, die ich normalerweise bei der Restaurierung von Möbeln trug. Ich fuhr mit der U-Bahn zum Yoyogi Park, einer riesigen Grünanlage mit asphaltierten Wegen. Nach ein paar Dehn- und Streckübungen, an die ich mich noch aus einem längst vergangenen Gymnastikkurs erinnerte, lief ich los. Schon wenige Minuten später hatte ich das Gefühl, mir würde gleich das Herz im Leib zerspringen. Ich wurde langsamer und ging ein Stück, wie Akemi es mir geraten hatte, und allmählich bekam ich wieder Luft. Dann begann ich wieder zu laufen. Der alte Mann, mit dem ich zu joggen begonnen hatte, befand sich mittlerweile ungefähr fünfhundert Meter vor mir.
    Ich hatte mir sagen

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