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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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den Büschen kam Jun, die gegelten Haare voller Blätter und kleiner Zweige.
    »Sie haben ja ganz schön lange gebraucht!« schalt er mich. »Der Typ auf den Stufen hat mich belästigt, deswegen habe ich mich hier verkrochen.«
    »Sie haben Sakai wirklich gefunden?«
    »Gestern abend erhielt ich einen Anruf von einem anderen Toyota-Händler. Sakai hatte sich an den gewandt, um seinen sechsundachtziger Corona Grand Saloon loszuwerden. Aber der wollte den Wagen nicht und hat sich bei uns erkundigt, ob wir daran Interesse hätten. Klar, habe ich gesagt, und ihn gebeten, mich mit Sakai persönlich sprechen zu lassen. Ich habe ihm erklärt, wenn er mir den Corona bringt, kann ich ihn ohne großen Papierkram gegen einen anderen Wagen eintauschen. Das ist zwar Unsinn, aber der Kerl ist ziemlich geldgierig. Ich hab ihn in dem billigen Hotel in Yokohama abgeholt, wo er untergekommen ist, und ihm gesagt, wir müssen wegen des neuen Wagens nach Tokio.«
    »Ganz schön clever«, sagte ich, obwohl ich begann nervös zu werden. In den vergangenen achtundvierzig Stunden hatte ich mich darauf konzentriert, Nao Sakai zu finden. Aber wie ich ihn dazu bringen sollte, mir mein Geld wiederzugeben, war mir noch nicht klar. Meine Sorge wuchs, als ich Jun in eine Seitenstraße mit wackeligen Holzhäusern folgte, die aussahen, als seien sie vor dem Krieg erbaut worden. »Ich hab ihn im Wagen gelassen, ohne die Kindersicherung zu lösen«, sagte Jun und deutete auf seinen Wagen, der auf dem schmalen Gehsteig stand, so daß zumindest die anderen Autos vorbei konnten. »Er ist argwöhnisch geworden, weil wir nicht sofort zum Haus des Käufers gegangen sind. Aber Sie wissen sicher, wie Sie mit ihm umgehen müssen, neh? «
    »Er ist immer noch da drin?« fragte ich und betrachtete die Gestalt des Mannes auf dem Beifahrersitz.
    »Klar. Schließlich habe ich die Türen zugesperrt.«
    Mir fiel auf, daß Mr. Sakais Kopf gegen das Fenster gesunken war. Sonderlich überraschte mich das nicht, weil die Japaner die seltene Gabe besitzen, überall einzuschlafen. Wenn man an einem Taxistand vorbeikommt, sieht man, daß die meisten Fahrer sich mit kleinen Schlafmasken über den Augen entspannen. In der U-Bahn nicken die Fahrgäste ebenfalls ein, sobald sie sitzen, und wachen wunderbarerweise wieder auf, wenn ihre Zielstation durchgesagt wird.
    »Aber wieso schläft er? Er sollte doch eher aufgeregt sein!« Jun öffnete die Fahrertür und beugte sich über den Sitz, um Mr. Sakai anzusprechen. »Sakai-san! Bitte wachen Sie auf. Hier ist jemand, der mit Ihnen sprechen will.«
    Doch Mr. Sakai reagierte nicht. Als Jun die Hand ausstreckte, um seine Schulter zu berühren, kippte er um wie eine Puppe. Er trug dasselbe Hemd, das er schon in Hita Fine Arts angehabt hatte, jetzt allerdings ziemlich verknittert. Ich sah sein Gesicht an, das merkwürdig blau war. Seine Augen waren offen und starrten mit stierem Blick geradeaus.
    »Glauben Sie, er ist krank?« fragte Jun nervös.
    »Nein.« Als ich merkte, was los war, wurde mir schlecht. Ich schloß die Augen und öffnete sie wieder, doch die Leiche lag immer noch auf dem Sitz. Ich griff an Jun vorbei nach dem Autotelefon, zog die Hand jedoch wieder zurück. Ich durfte es nicht anfassen.
    »Ich versuche ihn wiederzubeleben. Das habe ich bei den Pfadfindern gelernt«, stotterte Jun.
    »Das hat keinen Sinn. Er ist …«
    »Bitte sagen Sie’s nicht!« kreischte Jun.
    »Ich bin gleich wieder zurück. Bewegen Sie ihn nicht von der Stelle. Und rühren Sie nichts an.« Ich rannte um die Ecke zurück zur Ueno Station. In meiner Tasche befand sich lediglich ein 1000-Yen-Schein; wenn ich die Polizei anrufen wollte, mußte ich mir entweder Kleingeld oder eine Telefonkarte besorgen.
    Aus den Augenwinkeln sah ich, daß der Telefonkartenverkäufer sich gerade mit einem anderen Ausländer unterhielt. Ich rannte zu ihm hinüber und bat ihn japsend um eine Karte. »Wollen Sie uns ausspionieren?« zischte ein Mann mit einer gezackten Narbe im Gesicht, der neben ihm stand.
    »Nein, es ist ein Notfall. Ein Mann – ein Mann ist krank …« Ich brachte das Wort »tot« einfach nicht über die Lippen.
    » Ay Khoda !Nein, ich will Ihr Geld nicht. Hier, ich leihe sie Ihnen.« Der zweite Mann drückte mir eine Telefonkarte in die Hand, und ich rannte zu der grünen Telefonzelle. Dort steckte ich die Karte in den Apparat und wählte 110. Sie kam wieder heraus. Erst jetzt merkte ich, daß es nichts kostete, die Nummer 110 zu wählen – es

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