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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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entschuldigen würden …«
    »In welchem Zustand hat sich die tansu befunden, als Ihr Mann sie in Kommission nahm? Hat er irgend etwas daran verändert? Gibt es einen Schuppen oder eine Werkstatt, wo er Metallbeschläge aufbewahrt?«
    »Natürlich nicht. Schließlich war er Händler, kein Schreiner!«
    »Woher hatte er die tansu? «
    »Warum belästigen Sie mich mit diesen Fragen? Mein Mann ist tot.« Die Bürste fiel ihr aus der Hand und landete klappernd auf dem Boden.
    Ich hob die Bürste auf. Nachdem ich sie ihr gereicht hatte, fragte ich: »Glauben Sie, das zweifelhafte Geschäftsgebaren Ihres Mannes hat ihn so gestreßt, daß er deswegen einem Herzschlag erlag oder woran auch immer er gestorben ist?«
    »Ich habe keine Ahnung …«
    »Es könnte sein, daß mich die Polizei noch einmal befragt. Bis jetzt habe ich nicht gesagt, daß wir uns kennen.«
    Sie schloß die Augen. Schließlich sagte sie: »Ein Herr Ideta hat die tansu in Kommission gegeben. Ideta-san aus Denen-Chofu.«
    Das war eine reiche Gegend im Südwesten Tokios, in der man ausgezeichnete Antiquitäten finden konnte. Ich glaubte ihr und bat sie um Mr. Idetas Vornamen und Adresse.
    »Die habe ich nicht. Ich weiß nicht mehr als das, was ich Ihnen gesagt habe.«
    Vielleicht reichte der Familienname; wahrscheinlich würde ich ihn auch finden, wenn ich ein bißchen in der Gegend herumfragte.
    »Danke, Sakai-san. Es tut mir leid, daß ich Sie in Ihrer Trauer belästigt habe.«
    »Sie werden also nichts sagen?«
    Ich wollte sie gerade beruhigen, als zwei Polizeibeamtinnen die Toilette betraten. Mrs. Sakai ging hinaus, als kenne sie mich nicht. Ich folgte ihr wenig später und machte mich auf den Weg zur Information.
    »Ich habe Mr. Kuroi etwas zu essen gebracht. Kann ich ihn sehen?« Ich hielt die bento- Lunchboxhoch, die ich soeben in einem Family-Mart-Supermarkt gekauft hatte.
    »Es ist noch ziemlich früh fürs Mittagessen. Sind Sie mit ihm verwandt?« Der Beamte sah mich an. Er war am Vortag nicht dagewesen und kannte mich offensichtlich nicht.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nur befreundet.«
    »Nun, dann kann ich Sie leider nicht zu ihm lassen. Er wird immer noch befragt.«
    »Gut, dann warte ich.«
    »Sie können ihn nicht sehen«, sagte der Beamte noch einmal mit Nachdruck. Da ließ ich meine Unterlippe ein wenig zittern, und er gab nach. »Wenn Sie wollen, bringe ich ihm die Lunchbox. Sie können ihm ja einen Zettel mit einer Botschaft hineinlegen.«
    Ich strahlte ihn an und kritzelte etwas auf den Block, den er mir gereicht hatte, und zwar im phonetischen hiragana- Alphabet, so daß Jun einen Hinweis auf meine Identität hatte: »Ich wollte Sie nicht im Stich lassen. Bitten Sie diesen Mann um Hilfe und verlieren Sie nicht den Mut.« Ich unterzeichnete mit »eine wahre Freundin« und fügte den Namen und die Telefonnummer von Junichi Ota, dem Anwalt, der mir am Vortag geholfen hatte, hinzu.
    Es war sicher sinnvoll, Hughs Anwalt darüber zu informieren, daß ich ihn empfohlen hatte. Ich ging hinaus und rief Mr. Ota an.
    »Miss Shimura?« sagte Mr. Otas Tochter, die als Sekretärin für ihn arbeitete, mit freundlicher, hoher Stimme. »Seltsam, daß Sie gerade jetzt anrufen. Mein Vater unterhält sich soeben mit Mr. Glendinning! Soll ich Sie durchstellen?«
    Ich wollte mich mit Mr. Ota unterhalten, ohne daß Hugh dabei war. »Nein, ich bin in einer Telefonzelle, und draußen warten Leute«, sagte ich. »Ich rufe später noch einmal an.«
    Wenn Hugh sich mit Mr. Ota unterhielt, hieß das vielleicht, daß sich meine Situation verschlimmert hatte. Möglicherweise war Hugh mir aber auch nur zuvorgekommen und bat gerade seinen Anwalt, Jun Kuroi zu helfen. Ich hoffte auf die zweite Alternative, ahnte aber, daß diese Hoffnung vergebens war.
    Auf der anderen Straßenseite marschierte eine traditionelle chindonya- Bandvorbei. Eine bunte Gruppe aus fünf Musikern mit Frisuren und Kimonos im Stil des neunzehnten Jahrhunderts bewegte sich, ein altmodisches Lied singend, die Straße entlang. Ein Schild auf dem Rücken des Trommlers kündigte die Eröffnung einer Karaoke-Bar an. Chindonya war eine Tradition, die im modernen Japan fast ausgestorben war, doch diese Band hatte, jedenfalls dem Rattenschwanz von Schuljungen nach zu urteilen, der ihr folgte, Erfolg.
    Würde ich zulassen, daß Hugh nicht nur meine beruflichen Fehler ausbügelte, sondern auch noch die Kosten für meine Verteidigung übernahm? Diese Vorstellung gefiel mir nicht. Ich mußte

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