Zuflucht im Teehaus
Verhandlung kommen sollte, wirst du von deiner Auseinandersetzung mit Mrs. Sakai in dem Laden erzählen müssen. Es hat keinen Sinn zu verschweigen, daß du sie kennst.«
»Ich möchte wissen, wo und wann die tansu manipuliert wurde. Wenn ich die Originalbeschläge finde, kann ich die Kommode restaurieren und meine Kunden informieren, daß ich ein echtes Stück aus der Meiji-Zeit zu verkaufen habe.« Der Gedanke war mir beim Kochen gekommen.
»Du versuchst also immer noch, wieder an dein Geld zu kommen. Sogar nach dem Mord?« Hugh klang angewidert.
»Es schadet doch nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Angus, du kannst mir jetzt den Ingwer geben.« Ich konzentrierte mich darauf, den Fisch zu würzen.
»Wenn du dem vorherigen Besitzer der tansu mit Betrugsanschuldigungen kommst, schmeißt er dich hochkant raus«, warnte mich Hugh. »Wie möchtest du die Sache angehen?«
»Auf die richtige Weise. Schließlich habe ich gute japanische Manieren«, fauchte ich ihn an. Als ich den Backofen aufmachte, schlug mir heiße Luft entgegen. Na, wie passend, dachte ich, aber ich sprach es nicht aus.
8
»Wer ist da?« fragte mich eine verzerrte Stimme aus der Gegensprechanlage an der hohen Mauer, die das Haus der Idetas umgab. Es war schwer zu beurteilen, ob ich mit einem Mann oder einer Frau sprach, und das fand ich ziemlich unangenehm. Schließlich wußte ich nur, daß es sich bei dem Haus um das von Nomu Ideta handelte; das hatte mir der Briefträger gesagt, den ich ein paar Straßen weiter gefragt hatte.
»Eine Antiquitätenhändlerin aus Roppongi«, antwortete ich.
»Wir haben genug Antiquitäten, danke.«
Ich mußte mir etwas Verlockenderes einfallen lassen. »Ich nehme Antiquitäten in Kommission und verkaufe sie für einen guten Preis. Wenn Sie mir einen Augenblick Zeit schenken würden, könnte ich Ihnen mehr darüber sagen.«
Die Stimme antwortete nicht. Ich wollte gerade gehen, als ich hörte, wie die Tür sich öffnete. Eine Frau um die Sechzig mit praktischem, kurzem Haarschnitt musterte zuerst mein Gesicht, dann mein makelloses Leinenkleid. Ich war während der Zugfahrt gestanden, damit es nicht verknitterte, und hatte meine Füße obendrein in ein zu enges Paar Bally-Pumps gezwängt. Jetzt verneigte ich mich tief, und als ich mich wieder aufrichtete, hatte sie die Tür noch ein bißchen weiter aufgemacht.
»Nur ganz kurz.«
» Ojama shimasu «,sagte ich freundlich, womit ich sie bat, die Störung zu entschuldigen, während ich den kühlen, gefliesten Eingang des Hauses betrat. Dort blieb ich stehen, weil ich nicht wußte, ob ich meine Schuhe ausziehen sollte; vielleicht wollte sie auch, daß ich im genkan blieb, wie das bei Händlern normalerweise der Fall war. Deswegen verneigte ich mich noch einmal und reichte ihr meine Visitenkarte.
»Sie leben in Roppongi«, sagte sie und nickte dabei, als bestätige sie meinen Wert.
»Ich mache dort sehr gute Geschäfte, ja. Zu meinen Kunden gehören Diplomaten und reiche Geschäftsleute«, sagte ich mit einem Blick auf das teure Schürzenkleid der Frau, auf dem der Designer-Name Hanae Mori prangte. »Sind Sie Mr. Idetas Frau?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin die jüngere Schwester, die sich um ihn kümmert. Die Ärzte meinten, wir sollten ihn in ein Pflegeheim geben, aber das kommt für uns nicht in Frage.« Die Frau führte mich durch den Eingangsbereich und dann an einem Raum vorbei, in dem nur ein buddhistischer Ahnenaltar mit Schwarzweißbildern eines alten Mannes und einer alten Frau stand, ähnlich dem, den ich bei Nana Mihori gesehen hatte. Dann betraten wir das Wohnzimmer. Da ich wußte, wie beengt Japaner normalerweise wohnen, erwartete ich auch hier viele Möbel, aber mit dem, was ich nun sah, hatte ich nicht gerechnet: Der drei mal viereinhalb Meter große Raum war vollgestopft mit alten Dingen, mit riesigen alten tansu -Kommoden, hohen Keramikvasen und vergoldeten Wandschirmen. Miss Ideta bahnte sich einen Weg durch die Möbel zu einer Gruppe niedriger Stühle neben einer Glas-Schiebetür, die zum Garten hinaus ging. »Es sieht im ganzen Haus so aus wie hier. Unser Vater hat sein Leben lang Antiquitäten gesammelt.«
»Es ist wunderbar, wenn jemand so gut investiertes Geld für die Familie hinterläßt.«
Miss Ideta preßte die dünnen Lippen zusammen. »Das ist nur ein schwacher Trost. Mein Bruder ist sehr, sehr krank. Wir haben alle Möbel aus seinem Zimmer entfernen müssen, um Platz für die medizinischen Geräte zu
Weitere Kostenlose Bücher