Zuflucht im Teehaus
Angus redete, und gesellte mich zu ihnen.
»Sie hat bloß zwei von den Schokoladenplätzchen gegessen. Ich hatte doch keine Ahnung, daß sie gleich umkippen würde!« Angus kriegte sich nicht mehr ein vor Lachen.
»Die Schokoladenplätzchen … hast du die etwa mit Marihuana gebacken?« Ich gab mir alle Mühe, mich zu beherrschen.
»Nein, mit Haschisch. Die waren ja nicht für alle gedacht, aber Rei hat gesagt, ich soll sie auf das Tablett mit den Nachspeisen legen!« Angus konnte nicht aufhören zu lachen.
»Hast du das aus Thailand mitgebracht oder von deinen feinen neuen Freunden gekauft?« fragte ich. Dabei erinnerte ich mich wieder an den Club Isn’t It, wo ihm so plötzlich das Geld ausgegangen war.
»Pscht, Rei«, sagte Hugh. »Ich versuche gerade herauszufinden, ob die Dinger immer noch auf dem Tablett liegen.«
»Ich wollte sie wegnehmen, aber Akemi hatte grade zwei gegessen, und vor ihr konnte ich das ja wohl nicht machen«, erklärte Angus.
»Halt die Leute vom Partyservice auf«, sagte Hugh zu mir. »Mr. Sendai ist ganz scharf auf Schokolade. Wer weiß, wer sonst noch eine Leidenschaft dafür hat!«
Bestimmt alle, dachte ich. Die Japaner hatten seit einer Serie von Todesfällen aufgrund quecksilberbelasteten Fischs in den sechziger Jahren panische Angst vor Lebensmittelvergiftungen. Ausländische Nahrungsmittel galten im allgemeinen als nicht vertrauenswürdig; wenn also nach unserer Party jemand erkrankte, wären die Gäste schnell mit Anschuldigungen zur Hand.
»Die Schokoladenplätzchen sind leider schlecht«, erklärte ich Miss Wada, während ich sie in den Mülleimer warf. »Bitte sagen Sie Ihren Leuten, sie sollen eventuell noch auf den Tellern liegende entfernen.«
»Das ist eigenartig, denn wir haben diese Plätzchen nicht gebacken. Wir bereiten nur japanisches Essen zu«, meinte Miss Wada.
»Aber das werden die Leute nicht wissen«, warnte ich sie. »Wenn noch jemand so krank wird wie Akemi Mihori, könnte Ihr Service in Verruf kommen.«
Dann ließ ich die geifernde Miss Wada stehen und ging mit einem Tablett von Tante Noris Windbeuteln ins Wohnzimmer. Leider war genau das eingetroffen, was Hugh befürchtet hatte: Masuhiro Sendai hatte ein Schokoladenplätzchen auf seinem Teller, von dem zu allem Überfluß schon ein Bissen fehlte.
»Sendai-sama!« sprach ich ihn mit dem höflichsten Gruß an, den ich kannte. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich muß Ihnen leider das Schokoladenplätzchen vom Teller nehmen.«
»Aber wieso denn? Es schmeckt wunderbar!« Mr. Sendai, dessen rundliche Körperformen darauf schließen ließen, daß er Desserts liebte, hob das Plätzchen zum Mund. Ich stieß wie versehentlich gegen seine Hand, so daß es zu Boden fiel. »Verzeihung, ich bin so ungeschickt!« entschuldigte ich mich und hob das Plätzchen mit Hilfe einer Serviette vom Boden auf. »Ich werde Hugh bitten, Ihnen nächste Woche Schokoladenplätzchen mitzubringen. Dafür sollten Sie heute abend die Windbeutel von meiner Tante probieren.«
Miss Wada instruierte ihre Helfer, den Gästen zu sagen, daß das Tablett mit den Schokoladenplätzchen sich in dem Raum befunden habe, wo Akemi in Ohnmacht gefallen war, und sich deshalb winzige Glasscherben darauf befänden. Winnie Clancy ging in ihre Wohnung, um ein paar Packungen Chocolate Fingers von Cadbury’s zu holen, und ausnahmsweise war ich ihr dankbar.
»Eine Gastgeberin muß auf Notfälle vorbereitet sein«, erklärte sie mir. »Man sollte immer genügend haltbare Lebensmittel im Haus haben. Denken Sie bei Ihrer nächsten Party daran.«
Mrs. Mihori blieb bei Akemi im Zimmer, aus dem schließlich der Arzt herauskam, um eine Tasse Kaffee zu trinken. »Miss Mihori ist in Ohnmacht gefallen«, erklärte er den Gästen, die sich um uns versammelt hatten. »Das passiert häufig, wenn man von der Hitze auf der Straße in eine kühle Wohnung wie diese kommt.«
»Ja, Klimaanlagen sind einfach ungesund«, pflichtete ihm Winnie Clancy bei. »In England hat niemand eine Klimaanlage. Wir kommen viel besser ohne zurecht.«
» So desu neh !« pflichtete ihr Mr. Sendai bei, und damit war die Täuschung perfekt. Hugh hatte nicht das Gesicht verloren; alles, was man ihm nachsagen konnte, war, daß er die Klimaanlage in seiner Wohnung zu stark aufdrehte. Und ich hatte sogar eine mögliche Kundin gewonnen, eine Freundin von Nana Mihori, Mrs. Kita, die ein Paar antiker hibachi aus Porzellan wollte.
»Trotz des dramatischen Zwischenfalls ist die Party gar
Weitere Kostenlose Bücher