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Titel: Zugriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Pallay
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ausgebaut sein, die psychische und physische Verfassung meiner Leute gab keinerlei Grund zur Besorgnis, und so kehrte ich voller Zuversicht in unsere Befehlsstelle zurück, um mit den anderen die Planung voranzutreiben.
    Wir kamen überein, den Zugriff in dem Moment zu starten, wenn das Fluchtfahrzeug übergeben wurde. Plötzlich machte der Kapuzenmann Druck. Alles dauerte ihm zu lange. Wieder drohte er mit der Zündung des Sprengstoffs. Jetzt hatten wir ein Problem, denn der Wagen, ein PS -starker Audi, stand noch nicht zur Verfügung.
    Um Zeit zu schinden, unterbreitete die Verhandlungsgruppe ein Angebot. Die halbe Million sowie der Tresorschlüssel sollten vorab auf dem Fensterbrett auf der Rückseite des Gebäudes hinterlegt werden. Natürlich handelte es sich um eine Finte. Die Sachen sollten gekonnt so nachlässig platziert werden, dass sie kurz darauf von alleine zu Boden fielen. Wir hofften den Täter dadurch zu zwingen, für längere Zeit ans offene Fenster zu treten, sich hinauszubeugen … Dann könnten die Präzisionsschützen ihre Arbeit tun. Allerdings sollten sie ihn nur kampfunfähig schießen und den Rest dem Zugriffsteam überlassen.
    Darauf, dass endlich etwas passierte, warteten auch unzählige Zeitungsreporter mit ihren Fotografen sowie ganze Fernsehteams. Live bei einem Bankraub mit Geiselnahme dabei! Sie nervten den Pressesprecher der Polizei mit immer neuen Fragen, auf die es entweder keine Antworten gab oder vorerst nicht geben durfte. Der Mann war sichtlich gestresst und konnte einem leidtun. Allerdings hatten wir Wichtigeres zu tun, als uns darüber Gedanken zu machen.
    Denn jetzt ging es los. Ein SEK -Mann mit Schutzweste unter der Zivilkleidung näherte sich dem Fenster im Hinterhof. Die Spannung stieg, mein Puls ging auf 150 – ich habe es tatsächlich in diesem Augenblick gemessen. Würde sich der Mann, den bislang niemand außer den Geiseln zu Gesicht bekommen hatte, zeigen? Die Präzisionsschützen unweit der Rückseite des Hauses waren alarmiert, beobachteten hoch konzentriert die Szene. Unser Mann stellte die Tüte ab, stieß schnell unmerklich dagegen, sodass sie auf den schneebedeckten Boden fiel, kaum dass er verschwunden war. So etwas hinzukriegen bedarf einiger Übung. Gespannt verfolgten alle das Geschehen: die einen am Monitor in der Kommandozentrale, ich aus der Nähe hinter einer Schützenstellung.
    Plötzlich sah ich, wie eine Hand mit Pistole die weißen Lamellen zur Seite schob, dann wurden eine lilafarbene Kapuze mit Schlitzen für Mund und Augen sowie ein weißes Hemd, eine lilafarbene Krawatte und ein dunkles Sakko sichtbar. Alles jedoch nur für den Bruchteil einer Sekunde, bevor sich die Lamellen wieder schlossen. Chance vertan! Immerhin hatten wir den Täter zumindest gesehen, und sofort machten sich die Videoleute an den Ausdruck eines Fotos, das an die Präzisionsschützen und die Männer vom Zugriff verteilt wurde. Außerdem hatte der Mann jetzt seinen Namen weg: » Kapuzenräuber«.
    Anscheinend hatte er den Trick nicht durchschaut und verlangte einen neuen Übergabeversuch. Aber er war gereizt, drohte erneut mit Sprengstoff. Die Verhandlungsgruppe warnte davor, ihm eine zweite Falle zu stellen. Die Gefahr, dass er der Geisel etwas antun könnte, schien zu groß. Man riet zur Deeskalierung, und wir legten das Geld wieder auf die Fensterbank. Ohne Trick.
    Inzwischen war der Wagen eingetroffen und vor den Haupteingang gefahren worden. Und zwar so, dass die Präzisionsschützen eine gute Sicht hatten, denn mittlerweile hatte der Einsatzleiter den finalen Rettungsschuss freigegeben. Deshalb verstärkte ich auch die Schützenstellungen an der Frontseite. Jeder Schusswinkel wurde abgedeckt, und mindestens zwei Leute würden den Kapuzenräuber auf dem Weg zum Fahrzeug im Visier haben.
    Ich ging gerade im Dachgeschoss gegenüber mit meinen Männern noch einmal alles durch, als sich plötzlich die Tür öffnete und unerwartet hochrangiger Besuch eintraf. Zwei mir bekannte Polizeidirektoren. Ausgerechnet jetzt, wo volle Konzentration angesagt war, wollten die zuschauen, wie es so zuging bei den Präzisionsschützen. Ich glaubte es kaum. Das war ebenso ungewöhnlich wie ungut.
    Höflich, aber bestimmt verwies ich sie vom Platz. Etwas überrascht zogen die beiden wieder ab. Sie hatten auf einer Veranstaltung von der Geiselnahme erfahren und wollten sich die Sache, sozusagen als krönenden Abschluss des Tages, mal aus der Nähe anschauen: Geiseldrama live, das bekam man

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