Zugzwang
moderne weiße Ledergarnitur, die sich großzügig um einen schlichten, aber eleganten Glastisch säumte. An einer anderen Stelle des Raumes standen mehrere wie zu einer Pyramide aufgetürmte große Gefäße mit Palmen und Farnen. Schränke gab es hier nicht. Stattdessen lockerten mehrere bunte Porzellanwassersäulen den Raum auf. Die Wände waren dezent mit modernen Bildern bekleidet und verliehen dem Raum etwas von dem Ambiente einer Galerie. Ein Fernseher mit dem Bildschirm einer kleinen
Kinoleinwand und eine edle Stereoanlage befanden sich an der der Fensterfront gegenüberliegenden Wand. Davor stand in ungefähr vier Metern Abstand ein weiteres Sofa der gleichen Marke.
Der Duft einer Frühlingswiese erfüllte den Raum. Daniel nahm sich eine Fernbedienung von einer mitten im Raum befindlichen gläsernen Vitrine und Sekunden später wechselte die helle Deckenbeleuchtung in gedämpftes Licht aus unsichtbaren Quellen. Im gleichen Augenblick begann Chris de Burgh den Raum zu beschallen. Daniel bemerkte, dass Joshuas Blick an einem großen Glaspokal hängen blieb, der oben auf der Glasvitrine thronte. Er las die eingravierten Worte: »Ich kämpfe für Gerechtigkeit.«
»Mein ganzer Stolz. Einer meiner Vorfahren war Richter. Ist sehr lange her. Der Pokal ist von 1780 und seitdem in Familienbesitz. Unbezahlbar, vor allem, wenn man den ideellen Wert berücksichtigt. Meine Mutter hat ihn mir zur bestandenen Prüfung übergeben, weil ich mittlerweile der Einzige in der Familie bin, der sich beruflich für die Gerechtigkeit einsetzt.«
»Dann solltest du dir eine Frau suchen, damit die Kette nicht abreißt.« Daniel grinste und nahm den Pokal vorsichtig herunter. Suchend blickte er sich im Wohnzimmer um. Schließlich stellte er ihn vorsichtig auf den Boden neben die Stereoanlage und klemmte ihn mit einem CD-Regal etwas ein. Joshua beäugte ihn misstrauisch, verkniff sich aber einen Kommentar dazu.
Daniel führte ihn durch die Wohnung. Joshua kam es so vor, als sei er bei einem reichen Filmstar zu Gast. Allein das Badezimmer war größer und vermutlich auch teurer als sein Wohnzimmer. Natürlich gab es auch ein Gästezimmer für ihn und eine Küche, die so manchem kleinen Restaurant genügen würde. Joshua hatte nicht viel Ahnung von moderner Inneneinrichtung und dessen Auswirkung auf das Bankkonto. Aber diese Wohnung samt Inhalt würde sein Budget mehr als sprengen, das war ihm sofort klar.
»Sag mal Daniel, was machst du eigentlich so nebenbei?«
Daniel grinste ihn an.
»Ich meine, wir haben doch in etwa dasselbe Einkommen, oder habe ich da was nicht mitbekommen?«
Van Bloom musste lachen.
»Das meinst du. Nein, von meinem Gehalt könnte ich mir dieses Penthouse und die anderen Annehmlichkeiten nicht leisten.«
Sie standen in der Küche. Daniel machte den Kühlschrank auf und zog eine Flasche Mineralwasser für sich und ein Bier für Joshua heraus. Daraufhin lotste er ihn in ein geräumiges helles Büro.
»Hier mache ich mein Geld. Oder genauer gesagt weltweit an den Börsen. Seit meiner Jugend fasziniert mich das Metier. Als meine Freunde sich die ersten Mofas kauften, habe ich mir Aktien der Deutschen Bank zugelegt. Mitt-lerweile besitze ich ein Portfolio, das es mir gestatten würde, vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln. Aber wer will das schon, bei den Kollegen.«
Bei dem letzten Satz prostete er Joshua zu. Dieser sah sich eine ungefähr zwei Quadratmeter große Tafel hinter dem ausladenden Schreibtisch an. Die verschiedenfarbigen Zickzacklinien sahen wie die Konturen eines Gebirges aus. Überall standen Zahlen auf den Linien. Daniel erklärte es ihm.
»Das sind Verlaufskurven von Aktienkursen. Ist sehr altmodisch, normalerweise macht man das heute auf dem PC. Aber ich habe halt gerne den sofortigen Überblick, wenn ich mein Büro betrete.«
»Aha, und das klappt immer so mit den Aktien. Ich meine, es gibt doch auch diese Crashs, oder? Ziehst du dann hier aus?«
Daniel hob die Augenbrauen und sah ihn mit verklärtem Blick an.
»Das kann natürlich passieren. Aber dann ziehst du auch aus. Denn das würde bedeuten, dass die komplette Wirtschaft am Boden liegt.«
Joshua sah ihn verwundert an.
»Ich setze mittlerweile einen Großteil auf stabile Werte. Unternehmen, die sich schon lange auf dem Weltmarkt etabliert haben. Selbst wenn es da mal einem schlechter geht. Das fangen die anderen wieder auf. Im Übrigen ist ein Crash, wenn er sich rechtzeitig ankündigt, wie ein Sechser im Lotto.«
Joshua
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