Zugzwang
scheint mir auch dubios. Nur was die Insiderkenntnisse betrifft, sind wir meiner Meinung nach zu voreilig. An Rosalinde Schändler kamen die Täter doch vorher gar nicht dran. Zu Hause hat Joshua sie überrascht und im Krankenhaus stand sie unter Personenschutz. Erst als König den aufgehoben hat, konnten sie zugreifen. Der Tatzeitpunkt im Fall Groding kann Zufall gewesen sein,« er blickte Joshua nun in die Augen, »wenn die Täter Interna aus den laufenden Ermittlungen kennen, hätten sie doch auch wissen müssen, dass du Frau Schändler die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbringen wolltest.«
Joshua sah zögernd in die Runde.
»Vielleicht hast du Recht und ich sehe Gespenster.«
»Quatsch«, Kalle verschluckte sich an seinem Bier und hustete, »die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen. Ich meine, wir sollten sie weiter im Auge behalten.«
Kalles Satz stieß auf Zustimmung aller Anwesenden. Joshua war über die Rückendeckung sehr erfreut. Jedoch störte ihn, dass sie alle seinen Vermutungen blindlings glaubten. Bei anderen Fällen gab es am Anfang fast immer mehrere Spuren. Sie diskutierten jede Einzelne kontrovers durch. Nur so konnte man jedes Detail finden. Nun aber verfolgten sie alle diese eine Spur. Das könnte fatale Folgen haben. Es würde zu der Bequemlichkeit führen, Kleinigkeiten am Rande nicht mehr weiter zu beachten. Eine möglicherweise entscheidende Spur schon im Ansatz zu übersehen. Joshua selber war dermaßen überzeugt davon, dass die Täter in dem geschäftlichen Umfeld von Schändler zu suchen waren, dass er gar nicht anders konnte. Mit dem Mord an Groding hatte er private Hintergründe, die zur Tat hätten führen können, abgehakt. War er zu voreilig? Was wusste er schon über den Privatmann Ramon Schändler? Was war mit seiner Frau? Konnten sie ausschließen, dass sie das eigentliche Ziel war? Joshua erläuterte seine Bedenken und bat seine Kollegen darum, noch einmal gründlich das private Umfeld der Mordopfer zu untersuchen. Und sei es nur, um etwas ausschließen zu können. Marlies räusperte sich. Alle sahen sie gespannt an.
»Kann die Umfeldermittlung nicht noch warten? Nachdem was du uns geschildert hast und der Theorie, die du«, sie zögerte einen kaum spürbaren Moment »die wir haben, müsstest du die Täter mit deinem Auftreten ganz schön nervös gemacht haben. Sollten wir Bönisch, Baker und Skopje nicht überwachen?«
Der Vorschlag machte Sinn. Auf der anderen Seite bestand die Möglichkeit, die Täter verfügten tatsächlich über Insiderkenntnisse. Sie waren sich einig, in der Dienststelle nur noch verhalten Informationen weiterzugeben.
»Was meinen die anderen?«
»Ich könnte mich morgen Vormittag um Skopje kümmern, muss sowieso zu der Firma«, Werner klang kleinlaut.
»Wir könnten uns doch teilen, zwei observieren Baker und Bönisch und die anderen ermitteln weiter im privaten Umfeld.« Daniels Vorschlag klang einleuchtend und wurde mit allgemeinem Nicken zur Kenntnis genommen.
»In Ordnung, aber …«, Joshua zögerte, »für die Observierungen dürfte neun Uhr sehr spät sein.«
»Kein Problem, wir können auch eher«, Viktor grinste schelmisch in die Runde.
»Übrigens«, Joshua sah Werner Verheugen an, »wie ist es denn bei dir gelaufen?«
Verheugen verschluckte den Rest eines halben Mettbrötchens und wischte sich den Mund ab.
»Daniel Weinfeld, so heißt der Bursche, will von nichts wissen. Er behauptet, es habe ihn selber gewundert, dass die Quoten für die Favoriten so enorm hoch waren. Hat sich weiter nichts dabei gedacht und wie geplant auf diese Gäule gewettet. Ja, und richtig abgesahnt. Er ist gelernter Tontechniker und macht diese Jobs in seiner Freizeit, um sich ein bisschen dabei zu verdienen. Ich werde mich morgen aber noch ein wenig in dieser Agentur umhören.«
Joshua sah zögernd zu ihm herüber. Werners Gestik deutete Zweifel an.
»Ich dachte auch, es wäre leichter. Also viel Zeit habe ich nicht für euch, mein Job geht vor.«
»Da ist noch was«, Marlies meldete sich noch einmal zu Wort, »wer erbt eigentlich jetzt die Schändler-Millionen?«
Sekunden der Ruhe vergingen, Joshua schlug sich mit der Hand vor die Stirn. Wie konnte ihm das durchgehen? Dahinter verbarg sich ein nicht zu unterschätzendes Motiv.
»Ich werde mich morgen früh als e rstes darum kümmern«, beendete Marlies die von ihr aufgeworfenen Überlegungen.
»Danke Marlies, ich bin sehr gespannt.«
Sie waren genauso ›im Fall‹ wie immer. Es ging ihnen
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