Zugzwang
Loyalität und will euch auch nicht den Spaß verderben, aber lasst uns doch bitte zuerst alles besprechen. Habt ihr den Bericht von der Gerichtsmedizin?«
Marlies kramte in einem Stoffbeutel, zog einen Schnellhefter hervor und überreichte ihn Joshua.
»Bitte sehr, der Bericht in Kopie für dich.«
Joshua ließ den Stapel Blätter durch Daumen und Zeigefinger gleiten und sah sie fragend an.
»Schon gut. Groding ist offensichtlich ermordet worden. An beiden Oberarmen sowie den Handgelenken befanden sich größere Hämatome. Das Beste ist aber: Groding scheint sich trotz Betäubungsmitteleinfluss noch verteidigt zu haben. Unter seinen Fingernägeln wurden Hautsegmente gefunden, die nicht von ihm stammen. Die Kollegen können mit diesen Spuren eine vergleichende DNA-Analyse durchführen, wenn wir ihnen was liefern.«
»Wunderbar«, Joshua bedankte sich und erzählte aus führlich von seinen Ermittlungen. Zwischendurch nahm er sich immer wieder ein Mettbrötchen. Viktor schenkte ihm Bier ein. Als er fertig war, pfiffen einige anerkennend.
»Ich glaube«, meldete sich Daniel, »die Herren Baker und Bönisch haben dich ganz schön veralbert.«
Die anderen nickten zustimmend. Kalle kam ein anderer Gedanke.
»Vier Morde. Also Leute, mit irgendwelchen billigen Motiven brauchen wir da nicht mehr zu rechnen. Da steckt was Organisiertes hinter. Aber hallo!«
»Ja«, nahm Viktor den Faden auf, »vor allem, wenn es, wie Joshua sagt, eventuell um über zweihundert Millionen geht. Bei der Größenordnung könnten wir es schon mit Profikillern zu tun haben. Insbesondere, wenn man die Brutalität und Perfektion ihrer Taten berücksichtigt.«
»Nein!«
Das Gemurmel verstummte sofort mit diesem Nein von Joshua. Es war, als schalte jemand mitten in einer spannenden Sendung den Fernseher aus. Alle sahen ihn jetzt an.
»Dann würden meine Eltern nicht mehr leben. Das waren keine Profis. Die haben Nerven gezeigt und genau da müssen wir ansetzen.«
Für einige Sekunden war es ruhig, dann johlten die Kollegen. Hinter Joshuas Rücken stand Werner Verheugen.
»Guten Tag zusammen. Joshua hat mich eingeladen.«
Joshua hatte zwar von dem Treffen mit Werner erzählt, nicht aber, dass er ihn zu dieser Besprechung eingeladen hatte. Nach einer ausführlichen Begrüßung teilte Kalle ihm in wenigen Sätzen ihren groben Erkenntnisstand mit. Das meiste wusste er ja bereits von Joshua.
»Sag mal, Joshua«, Marlies spielte nachdenklich mit ihren Haaren. Sie hatte sie heute zu einem Zopf zusammengebunden, der vornüber hing, »warum haben sie denn die kleine Schändler umgebracht? Ich meine, die Mörder mussten doch davon ausgehen, dass wir sie längst verhört haben.«
»Das macht mir auch Kopfzerbrechen. Sieht so aus, als würden sie Interna kennen.«
»Wie kommst du denn da drauf?«, Viktor sah ihn entgeistert an.
»Der menschliche Schutzmechanismus sorgt in der Regel nach einem Schock dafür, dass das auslösende Ereignis beziehungsweise die Erinnerungen daran, verdrängt werden«, Joshua nahm sich noch ein Mettbrötchen und einen Schluck Bier, »es kann sehr lange dauern, bis das Erinnerungsvermögen zurückkommt, es kann aber auch schnell gehen. Je nach Konstitution des Opfers und Art des Ereignisses. Das bedeutet für mich, die Mörder mussten gewusst haben, dass Rosalinde Schändler uns noch nicht weiterhelfen konnte. Ansonsten wären sie ein solches Risiko wohl nicht eingegangen.«
»Ich weiß nicht«, warf Kalle ein, »drei Morde oder vier. Wenn sie dafür einen potenziellen Zeugen loswerden können. Warum nicht?«
»Die Nerven, Kalle. Das sind keine Profis. Sie zeigen Nerven, also werden sie auch Fehler machen. Und genau darauf müssen wir achten. Außerdem ist da noch der Fall Groding. Er ist zwischen unserem ersten und dem zweiten Besuch ermordet worden. War das Zufall, oder wusste der Täter, dass wir wieder kommen und Groding verhaften wollten?«
»Wenn das stimmt«, Marlies ließ sich in ihren Stuhl zurückfallen, »kennen die Täter tatsächlich Interna.«
»Richtig«, meldete Werner Verheugen sich zu Wort, »zumal wir es nicht mit einem Einzeltäter zu tun haben. Es scheint eine ganze Organisation zu sein, falls unsere Theorie stimmt.«
»Das glaube ich schon«, meldete Daniel sich, »Baker und Bönisch geben an, sie kannten Schändler nicht, was ja offensichtlich falsch ist. Hinzu kommt noch die Geschichte mit der Trabrennbahn in Dinslaken. Da taucht ebenfalls eine Verbindung zu Schändler auf. Und dieser Skopje
Weitere Kostenlose Bücher