Zugzwang
habe den mal vorgeladen, irgendwas verheimlicht der uns.«
»Wer?«
»Eigentlich beide. Aber vorgeladen habe ich Bönisch. Für morgen früh um acht. Die Leute vom LKA kommen übrigens gegen neun. Bis dahin können wir uns den Herrn Doktor vorknöpfen. Übrigens habe ich seinen neuen Sekretär mal aus Spaß zu seinen Alibis für jede einzelne Tat gefragt. Da zieht der spontan einen Umschlag aus der Tasche und sagt, da stehe alles drin.«
Joshua wunderte sich nicht sonderlich darüber. Es war vorhersehbar, dass sie ihn ebenfalls nach seinen Alibis befragen würden. Nur diese Abgeklärtheit, mit der er reagierte, damit hatte Joshua nicht gerechnet.
»In Ordnung, überprüfe die Alibis. Wir brauchen aber auch noch eine DNA-Probe von diesem Bürschchen.«
»Schon klar. Der Mann ist Raucher. Eine seiner Kippen habe ich mitgenommen, die geht gleich ins Labor.«
Sie beendeten das Gespräch und Joshua versprach sich nicht viel von diesem DNA-Vergleich. Der Fall schien derart große Dimensionen anzunehmen, dass es geradezu abwegig wäre anzunehmen, sie würden den Mörder praktisch auf einem Silbertablett vor ihnen agieren lassen. Ebenso abwegig war für ihn der Gedanke, Skopje sei der alleinige Täter und hätte sich nun abgesetzt. Es machte auf ihn den Eindruck, als habe man der Polizei einen Brocken hingeschmissen, um sie von einer größeren Sache abzulenken. Sechs Millionen Euro könnten ein Motiv sein, aber es war nur ein kleiner Teil der Summe, die als Gewinn durch die Kapriolen der BioPharmaca-Aktien im Spiel war. Als er in den Jaguar einsteigen wollte, sah er die blonde Empfangsdame mit einer Tasche über der Schulter über den Parkplatz kommen. Einer Eingebung folgend, lief er zu ihr hin.
»Entschuldigung, haben Sie Feierabend?«
Die junge Frau blieb stehen und sah ihn mit großen Augen an.
»Ja, warum? Wollen Sie mich verhaften?«
»Nein, im Gegenteil. Da drüben ist eine Eisdiele. Darf ich Sie einladen?«
Sie grinste ihn freundlich an.
»Sie gehen aber ran. Obwohl … warum eigentlich nicht?«
In dem Moment meldete sich Joshuas Handy.
»Kalle hier. Wir haben die Durchsuchungsanordnung und fahren jetzt los. Birkenweg sechzehn in Traar.«
»Okay, ich komme sofort.«
»Es tut mir furchtbar Leid, aber ich muss los«, Joshua kramte umständlich in seiner Jacke und fummelte eine alte Visitenkarte hervor.
»Bitte rufen Sie mich doch an, ich muss unbedingt mit Ihnen reden.«
»Mal sehen«, sie grinste ihn an und kniff dabei ein Auge zu.
Joshua kannte die Gegend sehr gut, seine Eltern wohnten in der Nähe. Der Birkenweg führte zunächst durch ein kleines Wäldchen und ging anschließend in eine Allee über. Das Wechselspiel von Licht und Schatten ließ ihn blinzeln. Nach einigen hundert Metern sah er bereits die Fahrzeuge seiner Kollegen. Als er die alte Jugendstilvilla betreten wollte, kam Kalle ihm entgegen.
»Hallo Joshua. Sieht so aus, als ob wir zu spät kommen.«
»Was heißt das?«
»Ganz einfach, es war bereits jemand vor uns hier. Vor etwa zwei Stunden. Die Wohnung ist ziemlich verwüstet. Unter anderem ist eine zerdepperte Küchenuhr um vierzehn Uhr zwanzig stehen geblieben. Ein Nachbar hat gegen vierzehn Uhr dreißig einen weißen Mercedes mit quietschenden Reifen wegfahren sehen und sich die Nummer notiert. Rate mal, welches Fahrzeug das ist.«
»Ich kann es mir denken. Sonst nichts?«
Joshua ging während dieser Frage an Kalle vorbei in das Haus.
»Sonst nichts? Wir sind doch selber gerade erst hier. Wäre unser Herr König eher in den Quark gekommen, hätten wir wohl mehr.«
Die Wohnung sah aus, als hätte ein Panzerfahrer Einparkübungen in ihr veranstaltet. Schränke waren umgeschmissen, Matratzen aufgeschnitten, überall lagen Schub laden und deren Inhalte auf dem Boden verstreut. In einem Zimmer befand sich ein geöffneter Computer auf einem Schreibtisch, einige Kabel hingen heraus.
»Die Festplatte fehlt, fein säuberlich ausgebaut.«
Daniel stand hinter ihm. Joshua erzählte ihm von dem Gespräch mit Marga Karman. Daniel runzelte die Stirn.
»Die Firma Schändler hat über ihren Anwalt Strafanzeige gegen Skopje erstattet. Ich habe einen Haftbefehl beantragt. Den werde ich mal auf international erweitern. Obwohl das für Argentinien wenig nützen dürfte.«
»Wenn er dort ist.«
»Du glaubst der Karman nicht?«
Joshua biss die Lippen zusammen und zuckte mit den Schultern.
»Wir werden das überprüfen müssen.«
»Schon gut, ich kümmere mich drum, für mich gibt’s
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