Zugzwang
Hellström gehört zum Kreis der Täter, überlegte Joshua. Sie hatten leider gegen beide nichts in der Hand, um sie festzunehmen. Es war einfach zu früh, Hellström würde schneller wieder draußen sein als drin und sofort verschwinden. Hellström musste mittlerweile von seiner Anwesenheit wissen. Er war dadurch in Zugzwang. Dass es hier bald von Polizei nur so wimmeln würde, dürfte ihm ebenfalls klar sein und dass er Bönisch dann nicht mehr zum Schweigen bringen kann … Joshua erschrak. Er zog seine Waffe und ging langsam zu Bönisch’s Büro.
19
Das niveauvolle Ambiente und die erstklassige Küche dieses Restaurants in Kaiserswerth in der Nähe von Düsseldorf wurde von seinen Gästen zumeist für ganz besondere Anlässe gewählt. Sie war völlig überrascht, als er sie gerade hierhin einlud. Gab es etwas zu feiern, waren sie bereits weiter, als sie es ihr gegenüber zugaben? Ausgeschlossen, redete sie sich ein. Ihrer inneren Überzeugung nach war sie mehr als nur eine bedeutungslose Randfigur in diesem Plan.
Mit einem breiten Grinsen legte er die letzte Austernschale auf den Teller in der Tischmitte. Die schlanke rothaarige Frau gegenüber wunderte sich über seine Ausgeglichenheit. Sie hatte mit Ärger gerechnet. Schließlich lief momentan nicht alles nach Plan.
»Was ist mit deinen Leuten«, er wischte sich mit einer weißen Stoffserviette den Mund ab, »Tom und Jerry nennst du sie, glaube ich. Obwohl Dick und Doof vielleicht angebrachter wäre?«
Okay, dachte sie, die Sache mit Bönisch haben sie vermasselt. Aber wer konnte denn ahnen, dass Trempe ausgerechnet zu dem Zeitpunkt dort auftauchte? Dafür hatten sie bis dahin hervorragende Arbeit abgeliefert.
»Sie sind immerhin unerkannt geblieben. Wenn Trempe dort nicht urplötzlich aufgetaucht wäre, hätten sie den Job längst erledigt. Bönisch macht mir jetzt mehr Sorgen.«
Er zündete sich eine mächtige Zigarre an und blies den Rauch quer über den Tisch.
»Norman kümmert sich darum, ich habe ihm gerade Anweisungen gegeben. Zwölf Tage noch, Schätzchen. Dann haben wir es geschafft. Was wird aus deinen Leuten, halten die dicht?«
Die Dame in dem langen schwarzen Kleid nippte an ihrem Rotwein.
»Warum nicht. Schließlich bekommen sie einen anständigen Posten. Falls sie doch übermütig werden sollten, weiß ich das schon zu regeln.«
Der Ober brachte eine neue Flasche Wein und goss ihm ein.
»Was ist mit Trempe? Der nervt mich langsam. Dass er dem LKA unterstellt wird, hätte nicht passieren dürfen.«
»Der scheint sein Fach zu verstehen. Vielleicht sollten wir ihn eine Weile aus dem Verkehr ziehen. Ich werde mich darum kümmern.«
»Ich verlasse mich auf dich.«
Freundlich nickte sie ihm zu. Gedanklich suchte sie nach einer Möglichkeit, Trempe für die restlichen zwölf Tage ruhig zu stellen.
»Noch was: Es wäre nett, wenn du nachher noch mit zu mir kommst. Ich brauche ein wenig Entspannung.«
Sie versteckte ihr gequältes Lächeln zur Hälfte in ihrem Weinglas und nickte kaum merklich.
20
Die Bürotür von Bönisch war unverschlossen, Joshua trat ein. Seine Befürchtung bewahrheitete sich, die beiden waren nicht mehr hier. Er rannte die Gänge des Instituts entlang, um sie zu finden. Aus einer Tür vor ihm trat eine Frau mittleren Alters in einem Schutzanzug auf den Flur. Als sie die Waffe in seiner Hand sah, blieb sie wie angewurzelt stehen. Joshua zückte seinen Dienstausweis.
»Kripo Krefeld, Trempe. Haben Sie Doktor Bönisch gesehen?«
Die Dame atmete durch und nahm eine entspannte Haltung ein.
»Doktor Bönisch ging vorhin mit seinem Sekretär zum Parkplatz. Hat er was verbrochen?«
»Nein, danke.«
Joshua kehrte um und stürmte in die andere Richtung. Als er aus der Empfangshalle auf den Parkplatz gelangt war, stoppte er abrupt. Seine Atmung war kurz und hek tisch. Seit der Trennung von Janine ging nichts mehr seinen Gang. Selbst das tägliche Jogging fehlte ihm. Er wies seine Dienststelle telefonisch an, die Fahndung nach Norman Hellström und Doktor Bönisch einzuleiten.
»Und sie sollen alles in Bewegung setzen, den weißen Mercedes zu finden. Straßensperren, Hubschrauber, das volle Programm. Weit können die noch nicht sein.«
Er beendete das Gespräch und sah, dass die Kollegen von der Spurensicherung auf den Parkplatz kamen. Joshua erklärte ihnen den Weg zu Daniels Jaguar. Gleich danach kamen zwei Streifenwagen und kurz dahinter Daniel und Viktor. Nachdem er ihnen die Vorfälle erläutert hatte, meldete
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