Zugzwang
Popularität Ihrer Partei. Wer ist für Ihre Werbespots verantwortlich?«
»Die Werbeagentur unseres ehemaligen Parteifreundes Ramon Schändler. In seiner Firma wurde das komplette Marketing unserer Partei entwickelt. Der Erfolg gibt uns Recht. Darüber hinaus dürfen Sie natürlich nicht vergessen, dass wir ein Programm haben, das den Wähler überzeugt. Das ist schließlich und letztendlich auch die Basis für unsere Popularität.«
»Die Firma Schändler steht in Kontakt zu einem Forschungsinstitut in Kamp-Lintfort«, Joshua sah ihn jetzt provozierend an, »das sich mit der Manipulation des menschlichen Bewusstseins beschäftigt. Was wissen Sie darüber, Herr Nagel?«
Nagels Augen verkleinerten sich, sein Blick wurde kühl.
»Wollen Sie uns Betrug vorwerfen?«
»Wir wollen die Wahrheit herausbekommen.«
»Meine Herren, meine Zeit ist sehr beschränkt. Haben Sie eigentlich nichts Wichtigeres zu tun, als ehrbare Politiker aufzuhalten, diesen politischen Saustall in unserem Land auszumisten?«
Joshua, dem es bislang äußerst schwer fiel, ruhig zu bleiben, fuhr ihn nun an.
»Herr Nagel, mir reicht’s. Wir haben vier Mordfälle zu klären. Ihre Partei ist nach der brutalen Ermordung der Familie Schändler Alleinerbin ihres gesamten Vermögens. Darin erkennen wir ein Motiv. Es wäre fahrlässig, nicht in diese Richtung zu ermitteln.«
Plötzlich wurde die Bürotür aufgerissen und zwei Bodyguards sprangen herein.
»Alles in Ordnung, Herr Nagel?«
Nagel winkte lässig ab.
»Ja schon gut, Georg. Der junge Mann ist nur ein bisschen übermotiviert. Damit werde ich alleine fertig.«
Augenblicklich verließen die beiden das Büro wieder. Nagel bedachte Joshua mit einem breiten Grinsen. Joshua ballte seine Fäuste. Daniel gab ihm ein Zeichen, zu gehen.
»Herr Nagel«, meldete Joshua sich noch einmal im Gehen, »wir werden Ihre Alibis überprüfen. Kennen Sie einen Herrn Bönisch oder Skopje?«
»Skopje arbeitet, glaube ich, bei Schändler. Bönisch sagt mir nichts.«
»In Ordnung. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Abend.«
Ohne ein Wort zu sagen, sah Nagel ihnen nach.
Im Parkhaus am Centro stutzte Daniel. Er lief um einen silberfarbenen Mercedes herum.
»Was ist los?«
Joshua verstand nicht, wonach sein Kollege suchte.
»Das ist der Wagen von König.«
Daniel deutete auf einen Aufkleber am Heck der Limousine. »Rochade Krefeld, der Schachklub, in dem König Mitglied ist.«
»Na und?«
»Weiß ich auch nicht. Aber König ist nicht der Typ, der zum Shoppen oder für einen Kinobesuch ins Centro fährt.«
»Meinst du, der ist auch bei der Versammlung?«
Daniel zuckte mit den Schultern. Das konnte er sich noch weniger vorstellen.
»Feierabend?«
Joshua sah auf die Uhr. Viertel vor zehn. An ein Treffen mit seiner Frau war nicht mehr zu denken. Sie fuhren zu Daniel.
Joshua beobachtete, wie sein Kollege mit geschickten Handgriffen zwei Spanner in seine Schuhe steckte. Danach zog er seine Jacke aus, strich ein paar Mal mit der flachen Hand drüber und hängte sie über einen Bügel in den Schrank.
»Sag mal, Daniel, woher hast du eigentlich deine Schuhe?«
»Die lasse ich von einem Schuhmacher in Brügge anfertigen, warum? Ach so, du denkst, ich …«
»Nein, wirklich nicht. Wäre es möglich, dass der Täter seine Schuhe auch von dort bezieht?«
Daniel lachte auf und ging in die Küche.
»Wohl kaum. Es wäre ein zu großer Zufall. Der Kerl ist auch schon über siebzig und arbeitet nur noch für Stammkunden. Außerdem gibt es viele Schuhe in der Größe mit einer glatten Sohle.«
Joshua nickte und öffnete sich eine Flasche Bier. Daniel hatte einen Nudelauflauf vorbereitet und schob diesen in die Mikrowelle. Joshua kam es so vor, als habe er einen wichtigen Hinweis nicht ernst genug genommen. Daniel setzte sich ihm gegenüber und goss sich ein Glas Rotwein ein. Joshua spielte mit seinem Feuerzeug. Seine Gedanken hingen an Rosalinde Schändler. Immer noch plagte er sich mit Schuldzuweisungen. Ihm war nicht klar, wie seine Kollegen wirklich über diese Sache dachten. Wenn sie während einer Besprechung schwiegen, schien dieser Vorwurf im Raum zu schweben. Er stützte seinen Kopf in beide Hände und grübelte. Wie konnte es dazu kommen? Warum haben sie ihr nicht von Anfang an mehr Beachtung geschenkt? Er dachte über König nach. Im Laufe der Jahre glaubte er ihn zu kennen. Er hatte es nie leicht mit ihm, aber seine Entscheidungen waren am Ende immer logisch. Warum wollte er den Personenschutz
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