Zugzwang
drang nach vorne, Cedric grinste und übernahm.
»Ich gebe zu, das ist nicht abwegig. Zumindest behauptet meine Frau dasselbe. Das Thema ist nicht ganz leicht zu erläutern, ich werde mich aber bemühen, es Ihnen verständlich zu machen. Was sind subliminale Botschaften? Wissenschaftlich gesehen fallen sie am ehesten in das Gebiet Psycholinguistik. Die Geschichte dieser Botschaften geht bis in die fünfziger Jahre zurück.«
Die Anwesenden machten es sich bequem, man schien einen langen und eintönigen Vortrag zu erwarten. Cedric startete den Beamer.
»Hier einer der ersten Versuche. Bei einer Filmvorführung in einem amerikanischen Kino wurde für Bruchteile von Sekunden das Wort ›Popcorn‹ eingeblendet. Man erhoffte sich dadurch einen gesteigerten Umsatz dieses Nahrungsmittels. Das traf auch zu. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Probanden bereits im Vorfeld von diesem Versuch wussten.«
Cedric schaltete an seiner Fernbedienung und es erschien ein politischer Werbespot in Zeitlupe.
»Hier sind wir fast ein halbes Jahrhundert weiter. Der amerikanische Präsidentschaftskandidat El Gore setzte diese Wissenschaft für seine Zwecke ein. Wie sie hier in dieser Zeitlupe erkennen können, wird das Wort ›Rats‹ eingeblendet, welches Assoziationen zum politischen Gegner bewirken sollte. Tatsächlich gehen Fachleute davon aus, damit fast drei Prozent der Wähler beeinflusst zu haben. Die Amerikaner haben daraufhin den Einsatz von subliminalen Botschaften im Wahlkampf untersagt. Die Russen sind übrigens noch einen Schritt weiter, sie schließen Fernsehsender, die solche Botschaften benutzen und haben sie per Gesetz rigoros verboten.«
Cedric schaltete den Beamer ab und goss sich ein Glas Mineralwasser ein.
»Mittlerweile beschäftigt sich überwiegend das Militär mit dieser Technik und dessen Weiterentwicklung. Mit einer entscheidenden Ausnahme, womit wir beim Kern meiner Rede angelangen.«
Geschickt sorgte Miller wieder für erhöhte Konzentration unter seinen Zuhörern.
»Carl Enkel hat bis vor zwei Jahren für die US-Regier-ung an diesem Projekt gearbeitet. Dann ist er ausgestiegen und hat selbstständig weitergeforscht. Unter dem Titel »Silent Subliminal Technologie« wurde es patentiert. Enkel ist mittlerweile mit dieser Technologie in der Lage, mit dem menschlichen Unterbewusstsein zu kommunizieren. Wenngleich es sich dabei natürlich um Monologe handelt. Das funktioniert folgendermaßen: Auf einem Tonband oder einer CD werden Signale auf eine starke, unhörbare, UHF-Audio-Trägerfrequenz moduliert.«
Cedric bemerkte die fragenden Blicke.
»Oder vereinfacht ausgedrückt, einem Musiktitel oder einer Sprachsequenz wird ein unhörbares Signal untergemischt. Dieses Signal wird anschließend vom menschlichen Ohr wieder demoduliert oder entschlüsselt. Das Resultat sind subliminale Botschaften, die zehn Millionen mal stärker sind als alle anderen bisher. Die Membran des Ohres vibriert dabei in einer Pegelstärke von über einhundert Dezibel.«
Ein Raunen ging durch die Kantine. Die Kollegen fingen an zu tuscheln.
»Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin noch nicht fertig. Die Botschaften, und das macht es für uns besonders schwierig, sind absolut unhörbar, werden aber sehr stark vom Unterbewusstsein des Zuhörers aufgenommen. Und zwar knapp unterhalb der Schwelle des Wachbewusstseins. Enkel ist es mit dieser Technologie zum ersten Mal überhaupt gelungen, mit absolut gehörlosen Menschen zu kommunizieren. Medizinisch gesehen könnte sich diese Technik zu einem Meilenstein entpuppen. Russische Wissenschaftler haben mit der wesentlich weniger ausgereiften Methode Alkoholiker von ihrer Sucht befreit. In Frankreich sind Fälle bekannt, bei denen auf diese Weise Legasthenie geheilt wurde. Alle Versuche erfolgten bisher ausschließlich mit Tönen. Der nächste Schritt wäre, tatsächlich ganze Botschaften auf diese Art zu vermitteln. Nach Meinung des CIA ist Enkel bereits soweit. In den Staaten herrscht höchste Alarmbereitschaft. Man befürchtet, dass selbst die Anschläge vom 11. September damit in Verbindung zu bringen sind.«
Cedric trank einen Schluck und flüsterte Jack ins Ohr, der sogleich das Wort übernahm.
»Soviel zum wissenschaftlichen Hintergrund …«
Der Applaus für Cedric Miller unterbrach ihn. Das Gemurmel wurde immer lauter. Joshua sah zu Staatsanwalt König, der die Unterbrechung nutzte, um den Raum zu verlassen. Daniel stand auf und hob seinen rechten Arm. Jack gab
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