Zugzwang
zarten Knospen der Kommunikation blühen ja schon wieder.«
Joshua biss die Lippen zusammen und verdrehte die Augen. Bönisch war wie sie es erwartet hatten, nicht erschienen. Daniel sah in den Spiegel und strich sich noch einmal ganz vorsichtig über die Haare. Anschließend zupfte er mit spitzen Fingern ein Haar von seiner Schulter und folgte Joshua in die Kantine.
Etwa zwanzig Menschen waren dort versammelt, unter ihnen Staatsanwalt König und Winnie Elsing. Jack erkannte seinen Freund sofort und kam auf ihn zu.
»Guten Morgen, Herr Kollege. Freut mich, dass wir jetzt zusammenarbeiten.«
Elsing, der nur drei Meter entfernt stand, verzog sein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Jack begrüßte auch Daniel aufs freundlichste und stellte ihnen seine Kollegen vor. Neben Jack zählten noch Nora Grinten, Bruno Hilbich, Reiner Hönnscheidt und der Experte für unterbewusste Wahrnehmungen, Cedric Miller, zum Stamm des LKA. Mit einer Armbewegung deutete Jack nach vorne, wo zwei Tafeln und ein Beamer aufgebaut waren.
»Cedric hat einiges an Überraschungen für uns. Ihr werdet staunen.«
Links neben dem provisorisch aufgebauten Equipment lehnte König an der Fensterbank und beobachtete sie argwöhnisch. Daniels flüchtigen Gruß erwiderte er nicht. Kalle winkte die drei zu sich herüber. Er saß mit Viktor und Marlies an einem Tisch ganz vorne und hatte ihnen Plätze freigehalten. Viktor schob ihm eine Mappe herüber.
»Ist heute Morgen von der Kriminaltechnik gekommen.«
»Und?«, Joshua hatte keine Lust, die Kladde durchzulesen.
»Die Kugeln in Daniels Jaguar stammen von einer Makarov. Und zwar genau der, mit der Rosalinde Schändler erschossen wurde.«
Joshua schluckte. Er dachte verärgert daran, den Mördern tatsächlich so nah gewesen zu sein. Wortlos schob er die Mappe wieder zu Viktor, als Marlies ihm auf die Schulter tippte.
»Ich habe vorhin mit den Kollegen aus Düsseldorf telefoniert«, flüsterte Kalle, »sie behaupten auf dem Speicher gewesen zu sein und nichts bemerkt zu haben.«
»Hast du ihnen vom Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung erzählt?«
»Nein, das wollte ich mit dir absprechen, denn eigentlich müssten wir sie jetzt vorladen.«
Joshua fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Kollegen vorladen, noch dazu von einem anderen Revier, das war eine heikle Angelegenheit. Möglicherweise war es nur eine Leichtsinnigkeit der beiden. Er nahm sich vor, nach Düsseldorf zu fahren und sie persönlich zu befragen. Jack stand jetzt vorne am Pult und räusperte sich. Das Stimmengewirr verstummte allmählich. Alle sahen nach vorne, während Elsing die Deckenbeleuchtung ausschaltete. Holsten begrüßte die Kollegen und stellte seine Leute einzeln vor. Er bat Joshua nach vorne, um den bisherigen Ermittlungsstand vorzutragen. Joshua wunderte sich über den Ablauf. Normalerweise begann jemand aus seiner Dienststelle und begrüßte die Gäste. Er zog einige Notizzettel aus seiner Jackentasche und begann sein Referat. Joshua ›vergaß‹ dabei seine Gedanken vom gestrigen Abend zu erwähnen, machte aber die These der kollektiven Bewusstseinsveränderung deutlich. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie einige der Kollegen schmunzelten. Abschließend übergab er wieder an Joachim Holsten. Dieser begann seine Ausführungen mit einer Überraschung.
»Gestern Abend ist uns mitgeteilt worden, dass Carl Enkel sich wieder in den USA befindet. Er verweigert unseren amerikanischen Kollegen bislang jede Auskunft darüber, auf welchem Weg er eingereist ist. Allerdings befand sich auf der Passagierliste eines Fluges von Buenos Aires nach Los Angeles der Name Ansgar Skopje. Unsere Kollegen drüben befragen zur Zeit das Flugpersonal.«
Hinter ihm an der Wand erschien das Bild von Enkel. Er sah Skopje täuschend ähnlich.
Joshua empfand eine merkwürdige Erleichterung. Der Täter befindet sich wahrscheinlich noch hier, war sein erster Gedanke. Allerdings sprach nichts dagegen, dass dieser Enkel es war, im Gegenteil. Sie mussten schnellstmöglich von ihren amerikanischen Kollegen eine DNA-Analyse Enkels bekommen.
»Soviel dazu und nun zu der These unseres Kollegen Trempe. Diese kollektive Beeinflussung des menschlichen Bewusstseins wird, oder könnte durch so genannte subliminale Botschaften hervorgerufen werden. Unser Kollege Cedric Miller befasst sich im Rahmen der Wirtschaftskriminalität schon seit geraumer Zeit damit. Man könnte fast sagen, es ist sein Hobby.«
Gelächter der Zuhörer
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