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Zukunftsmenue

Zukunftsmenue

Titel: Zukunftsmenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Wiener
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Untersuchung zu einem absoluten Verzicht auf Milch geführt hätte. Aber so brauchte ich einfach nur die »richtige Milch« zu trinken. Konnte das aber wirklich der einzige Grund gewesen sein? Gab es nicht vielleicht doch noch andere Ursachen?

    Nachdem ich das spannende und faszinierende Buch »Milch – Vom Mythos zur Massenware« von Andrea Fink-Keßler gelesen hatte, wollte ich unbedingt die Autorin kennenlernen. Wir trafen uns bei einem Müsli und einem Latte Macchiato in meinem Restaurant »Sarah Wiener im Hamburger Hauptbahnhof«.

Tischgespräch mit Dr. Andrea Fink-Kessler
    Bild 5
    Die Agrarwissenschaftlerin Dr. Andrea Fink-Keßler engagiert sich seit langem für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Bauern-, Umwelt- sowie anderen politisch aktiven Gruppen. 1991 gründete sie das Büro für Agrar- und Regionalentwicklung in Kassel. Neben den Bereichen Agrarpolitik und ländlicher Entwicklung befasst sie sich mit einem breiten Themenspektrum entlang der Schnittstelle Landwirtschaft /Ernährung und Verbraucher. Sie ist Lehrbeauftragte der Universität Kassel, Fachgebiet Ökologische Agrarwissenschaften, und Autorin des Buches »Milch – Vom Mythos zur Massenware«.

    Sarah Wiener: Frau Fink-Keßler, in Ihrem Buch beschreiben Sie den langen Weg der Milch von einem natürlichen, direkt zu genießenden Grundnahrungsmittel hin zu einem hoch verarbeiteten Industrieprodukt, das unter zahllosen Markennamen angeboten wird. Woran kann ich heute überhaupt noch eine gute Milch erkennen?

    Andrea Fink-Keßler: Was ist eine gute Milch? Noch bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts galt kuhwarme Milch als gute, weil frische und naturbelassene Milch. Schon in der Antike diskutierten die Ärzte darüber, welche Milch für wen gut ist. Doch klar war über die Jahrhunderte hinweg eines: Auch wenn nicht jeder frische Milch gut verträgt oder kalter Quark das träge Wesen
eines Phlegmatikers verstärkt und Hartkäse die Hitze des Cholerikers – eine gute Milch stammt von gesunden Kühen/Schafen/Ziegen, die im Sommer eine saftige und kräuterreiche Weide genießen und im Winter mit Heu und nicht mit Brauereiabfällen gefüttert werden. Bergmilch galt daher immer höherwertig als die Milch der Niederungen und Sümpfe. Daran hat sich eigentlich bis heute nichts geändert. Mit einem Unterschied: Diese Milch gibt es praktisch nicht zu kaufen und schon gar nicht im Supermarkt.

    Wie beurteilen Sie dann die Qualität der normalen Supermarkt-Milch?

    Die im Supermarkt verkaufte Milch enthält sicherlich die wichtigsten Nährstoffe und ist damit gut für eine Grundernährung. Auch ist sie frei von Krankheitserregern und darf keine Rückstände an Antibiotika enthalten. »Qualität«, das heißt doch nur »gut« für einen Zweck. Diesen legen Milchwirtschaft und Handel fest. Ein Kriterium ist beiden das Wichtigste: die Haltbarkeit. So gehen auf allen Ebenen die Anstrengungen dahin, die eigentlich leicht verderbliche Milch immer haltbarer zu machen. Das Ganze wird untermauert vom europäischen Gesetzgeber, der die Kriterien in Form von Grenzwerten für Verderbniskeime festlegt, die eingehalten werden müssen beim Abliefern der Rohmilch an die Molkerei ebenso wie bei der Abgabe der abgefüllten Milch im Handel.

    Denn die Wege werden immer länger, es verstreicht immer mehr Zeit zwischen dem Melken und der Tütenmilch in unseren Kühlschränken, und die Trinkmilch wird zahlreichen technischen Bearbeitungsschritten unterzogen: Wenn die zweimal täglich ermolkene Milch durch den Tanksammelwagen der Molkerei abgeholt wird, können bis zu drei Tage verstrichen sein, und während dieser Zeit muss die Milch auf den Höfen bei 4 Grad Celsius gekühlt lagern. Mit den Milchen anderer Betriebe vermischt erreicht sie die Molkerei. Dort wird sie erhitzt, erneut kühl gelagert, entrahmt und gereinigt. Dann wird das Fett bis zum erwünschten Prozentsatz wieder zugeführt und die Milch homogenisiert, das heißt, die Fettkügelchen werden zerschlagen, um ein Aufrahmen der Tütenmilch zu verhindern. Anschließend wird die auf 71 bis 74 Grad Celsius erhitzte Milch (Pasteurisierung) möglichst keimarm abgefüllt. Wird die Milch auf bis zu 150 Grad Celsius ultrahocherhitzt, ist sie als sogenannte H-Milch sogar ungekühlt bis zu drei Monate haltbar.

    Doch seien wir mal ehrlich: Welche Milchqualität wollen wir Verbraucher zu welchem Zweck? Ich glaube, um Milchschnitten oder zuckersüßen Fruchtjoghurt zu produzieren, dazu ist diese

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